Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sorgt der Bundesrat für Kopfschütteln im Ausland. Mehrfach lehnte er aus Neutralitätsgründen Anfragen für den Export von Schutz- und Kriegsmaterial ab. Weil die Ukraine Kriegspartei ist, durfte Dänemark keine Schweizer Piranha-Radschützenpanzer weitergeben, Deutschland keine Munition für Gepard-Panzer.
Nun kann auch Spanien keine Militärgüter weitergeben. Das Land hat zwar bisher nicht einmal eine offizielle Anfrage vorgelegt, Verteidigungsministerin Margarita Robles (66) kritisierte die Schweiz dennoch scharf.
Dass auf Bern als Rüstungspartner in Kriegszeiten kein Verlass sei, wie der deutsche Vizekanzler Robert Habeck (53) wetterte, könnte Folgen für die hiesige Waffenindustrie haben: Deutschland will keine Schweizer Munition mehr kaufen.
Lockerer Umgang mit geltenden Gesetzen
In der Schweiz löst das wiederum Kopfschütteln aus. «Der deutsche Druck auf die Schweizer Regeln befremdet, denn Deutschland hat ja ähnlich strenge Regeln wie die Schweiz», sagt FDP-Ständerat Andrea Caroni (42). Die Schweiz aber gehe rechtsstaatlich vor. «Wir halten uns an die Regeln, bis sie der Gesetzgeber ändert. In Deutschland scheint man das lockerer zu nehmen.»
Tatsächlich schreibt das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz klar vor, dass die Lieferung von Rüstungsgütern «nicht genehmigt wird in Länder, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht». Und, genau wie in der Schweiz, ist eine Wiederausfuhr verboten.
In Bern besteht daher schon länger der Verdacht, dass der Knatsch mit der Schweiz vor allem ein Ablenkungsmanöver Deutschlands sei, um von den innerdeutschen Kontroversen über Umfang und Geschwindigkeit von Waffenlieferungen abzulenken. Noch vor Beginn des Kriegs mochte Berlin die Lieferung ehemaliger DDR-Haubitzen von Estland an die Ukraine nicht genehmigen. Stets war Druck der Alliierten nötig. Und bis heute scheut sich Deutschland davor, Leopard-Kampfpanzer zu liefern.
Erst soll Gesetz angepasst werden
Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Deutschland hat ähnlich strenge Rüstungsexportgesetze wie die Schweiz, hält sich aber unter dem Druck der Weltöffentlichkeit weniger daran – und erwartet dasselbe von der Schweiz.
Zwar steigt auch hierzulande der Druck, die Möglichkeit der Waffenlieferungen auszuweiten. Vorher aber sollen die entsprechenden Gesetze angepasst und die geltende Pflicht zur Unterzeichnung einer Nichtwiederausfuhr-Erklärung gelockert werden. FDP-Präsident und Ständerat Thierry Burkart (47) hat bereits eine entsprechende Forderung eingereicht. Das Neutralitätsrecht werde damit nicht tangiert.
«So könnte Deutschland unsere Rüstungsgüter nutzen und weitergeben», betont Parteikollege Caroni. «Aber nicht ad hoc im laufenden Spiel, sondern per Gesetzesänderung für die Zukunft.»