Auf einen Blick
- Stunk um Toiletten im Bundeshaus: Frauen haben weniger WCs als Männer
- SP-Nationalrätinnen fordern Verbesserung
- Bundesamt plant Machbarkeitsstudie für mehr Damen-WCs
Stunk um Toiletten im Bundeshaus. Zu Stosszeiten kommt es vor den Frauen-WCs immer wieder zu Warteschlangen. Kein Wunder: Frauen haben unter der Bundeshauskuppel noch immer weniger WCs als die Männer. Auf 93 Parlamentarierinnen kommen 21 Toiletten im ganzen Haus.
Ausgerechnet im ersten Obergeschoss, wo sich die Säle von National- und Ständerat befinden, kann es eng werden. Die 153 Männer aus National- und Ständerat können sich immerhin auf 25 WCs und 27 Pissoirs erleichtern.
Der Berner SP-Nationalrätin Andrea Zryd (49) geht das auf den Zeiger: «Geht die Warterei zu lange, gehe ich dann halt auch mal auf die Herrentoilette.» Zusammen mit Parteikollegin Brenda Tuosto (35) hat sie im Frühling einen Brief an die Parlamentsdienste verfasst: «Wir sind der Meinung, dass die sanitären Anlagen bei der nächsten Renovation verbessert werden müssen.» Unterzeichnet haben das Schreiben Frauen und Männer aus sämtlichen Fraktionen.
Und tatsächlich: Das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) ist aktiv geworden. Wie es gegenüber Blick bestätigt, wurde inzwischen eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Sie soll aufzeigen, auf welchen Flächen im Parlamentsgebäude der Damen-WC-Anteil so weit erhöht werden kann, dass zukünftig mindestens ein Anteil von 50 Prozent erreicht wird. Auch das Angebot der rollstuhlgängigen Toiletten werde geprüft.
WC-Notstand hat historische Gründe
Bis Gleichberechtigung herrscht, dürfte es noch eine Weile dauern. Das Resultat der Machbarkeitsstudie ist auf Mitte 2025 geplant. Voraussichtlich für 2026 sind das Bauprojekt und das Baugesuch als Eingabe beim Bauinspektorat der Stadt Bern geplant, Umbauarbeiten könnten im besten Falle ab 2027 in Etappen zwischen den Sessionen erfolgen, heisst es beim BBL.
Dass es weniger WCs für Frauen im Parlament gibt, hat historische Gründe. Als das Bundeshaus 1902 fertig gebaut wurde, gab es keine National- oder Ständerätin. Entsprechend sah man damals auch keine Notwendigkeit, für Frauen Toiletten zu bauen.
«Es ist positiv zu bewerten, dass sich das BBL nun mit dem Thema befasst», findet SP-Frau Zryd. Schliesslich gehe es dabei ja nicht nur um die Parlamentsmitglieder, sondern auch um sämtliche Angestellten im Haus.
Nicht für alle Frauen dringlich
Allerdings erkennen nicht alle Frauen im Parlament dieses Geschäft als dringlich an. «Ich musste noch nie anstehen», stellt SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann (48) klar. Die Bundesbeamten hätten wohl etwas gar viel Zeit und Geld übrig.
Ähnlich sieht es Mitte-Frau Yvonne Bürgin (54): «Es gibt Momente wie zum Sitzungsende, in denen es zu Staus kommen kann.» Allgemein finde sie aber, dass es genügend Frauentoiletten habe. Im Kantonsrat Zürich im alten Rathaus sei die Situation viel schlimmer gewesen. Im Bundeshaus müsse man halt zwischendurch mal ein bis zwei Stöcke hoch, sagt Bürgin. «Aber Bewegung ist ja gesund.»