Auf einen Blick
- Drohnenprojekt des VBS in Schieflage, massive Probleme und Risiken erkannt
- Finanzkontrolle kritisiert mangelhafte Planung und unzureichendes Risikomanagement bei Armasuisse
- 300 Millionen Franken investiert, Zulassung erst 2028 erwartet
Das Verteidigungsdepartement (VBS) kommt nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Kurz vor Weihnachten hatte die Finanzdelegation des Parlaments der abtretenden Bundesrätin Viola Amherd (62) in einem geharnischten Brief gleich sieben grosse Rüstungs- und IT-Vorhaben aufgelistet, bei denen sie massive Probleme und Risiken erkennt. Eines davon: die Beschaffung israelischer Aufklärungsdrohnen, mit der sich der Bund seit zehn Jahren herumschlägt.
Nun doppelt die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) nach. Und wie! In einem neuen Untersuchungsbericht stellt sie dem für die Drohnenbeschaffung verantwortlichen Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) ein miserables Zeugnis aus. «Die Schieflage des Projekts ist das Ergebnis einer Kombination aus zu ambitionierten Zielen, mangelhafter Planung und Steuerung, unzureichendem Risiko- und Qualitätsmanagement sowie unterschätzter Komplexität», bemängeln die Finanzprüfer. Sprich: Eigentlich läuft ziemlich alles schief.
«Erfolgreiche Umsetzung des Projekts gefährdet»
Eigentlich sollte das schon 2015 unter alt Bundesrat Ueli Maurer (74, SVP) gekaufte Aufklärungsdrohnensystem ADS 15 den Schweizer Grenzraum seit 2020 überwachen. Probleme aber bereitet weiterhin das von der Schweiz zusätzlich gewünschte «automatische Ausweichsystem». So könnten sie etwa mit Vögeln oder Gleitschirmfliegern zusammenprallen. Die Drohnen müssten von einem Helikopter oder Flugzeug begleitet werden. Eine absurde Vorstellung!
Mittlerweile zeigt sich die Finanzkontrolle pessimistisch. «Aufgrund einer fehlenden Gesamtplanung kann nicht verlässlich beurteilt werden, wie weit das Projekt fortgeschritten ist und wann das System bestenfalls fertig ist», schreibt die EFK in ihrem Bericht. Und sie scheint sogar einen Übungsabbruch nicht auszuschliessen: «Es bestehen Unsicherheiten und Herausforderungen, welche eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts gefährden.»
Auch im Parlament scheint manchen allmählich der Geduldsfaden zu reissen. 300 Millionen Franken steckte die Armee bisher in die Drohnen. Von einer Zulassung aber sind sie nach wie vor weit entfernt. Armasuisse rechnet bis 2028 damit. «Es braucht jetzt eine realistische Lagebeurteilung», wird SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (56) im «Tages-Anzeiger» zitiert. Beim VBS müsse man sich die Frage stellen, ob ein Abbruch der Übung nicht die beste aller schlechten Lösungen wäre.
«Es fehlt ein Überblick über alle Risiken»
Fehler erkennt die EFK aber auch bei den Lieferanten, die sie als «unzuverlässig» bezeichnet. Der israelische Konzern Elbit halte Termine wiederholt nicht ein. «Armasuisse versendet wöchentlich schriftliche Mängelrügen an Elbit, die grösstenteils unbeantwortet geblieben sind», ist in dem Bericht zu lesen. Die Kommunikation mit Elbit sei inzwischen bis auf Stufe Rüstungschef «eskaliert».
Dennoch habe die Projektleitung Mühe, die Lieferanten zu führen. Die nötigen Funktionalitäten würden verspätet und nicht in der geforderten Qualität geliefert. «Es fehlt ein Überblick über alle Risiken sowie Strategien und Massnahmen, welche die Risiken mindern», geht dann aber die Kritik am VBS weiter.
Für die Finanzkontrolleure ist klar: Das VBS hat das Projekt unterschätzt. Im Rüstungsprogramm 2015 seien die Risiken als klein bis mittel eingestuft worden, da man davon ausging, dass eine serienmässig produzierte Drohne beschafft werde. «Tatsächlich ist das Investitionsprojekt zu einem risikoreichen Entwicklungsprojekt angewachsen», hält die EFK fest. «Gleichwohl betreibt das Projektteam kein wirksames Risikomanagement.»
«Das Beste daraus machen»
Mehrkosten und jahrelange Verzögerungen lassen sich kaum wegdiskutieren. Dennoch zeigt die Armasuisse wenig Einsicht. Sie stimme den Beurteilungen der EFK «in wesentlichen Punkten» nicht zu, hält Rüstungschef Urs Loher in einer Stellungnahme fest. Das Bundesamt wehrt sich gegen den Eindruck, es habe sein Geschäft nicht im Griff.
Dennoch räumte Loher gestern Mittwoch vor den Medien durchaus Handlungsbedarf ein. Die Konsequenzen der Anpassungen seien offenbar unterschätzt worden. «Da waren wir zu gutgläubig», sagte Loher. Der Handlungsspielraum gegenüber den Lieferanten sei allerdings klein – aufgrund der «bereits nahezu vollständig erfolgten Zahlungen».
Eine Lehre aus dem Drohnen-Deal sei es denn auch, Rüstungsgüter künftig mehr «ab Stange» einzukaufen und weniger Sonderwünsche einzubringen. Ein Übungsabbruch beim Drohnenprojekt aber ist für den Rüstungschef kein Thema. Ein solcher dürfte einen langjährigen Rechtsstreit mit der Firma Elbit zur Folge haben, warnte er. «Wir müssen jetzt einfach aus der Situation das Beste machen.»