Frank A. Meyer – die Kolumne
Über Rassismus

Publiziert: 26.12.2021 um 01:00 Uhr
Frank A. Meyer

Philipp Loser, kreuzbraver Kolumnist des «Tages-Anzeiger»-Magazins, hat sich mit dem Rassismus beschäftigt. Denn der macht ihm Sorgen. Doch was bedeutet: mit d e m Rassismus? Der Kollege stellt schon im Titel klar, dass es vor diesem Virus kein Entrinnen gibt: «Die Pandemie weckt den Rassismus in uns.» In uns – uns allen! Also nicht einfach in mir, Philipp Loser. Seinen zentralen Befund formuliert er so: «Selbst der aufgeklärteste Mensch hat einen kleinen Rassisten in sich.»

Was aber ist in den Augen dieses journalistischen Oberrichters Rassismus? Zum Beispiel die Entrüstung über China wegen der Corona-Fledermäuse auf dem Wildtiermarkt von Wuhan. Oder das Gemecker über Südafrikaner, die, wie Loser zitiert, «das Virus so lange unter ihresgleichen herumreichen, dass daraus erneut eine neue Variante wird». Nicht zu vergessen schliesslich die Vorwürfe gegenüber Bürgern des Kosovo, sie verbreiteten Corona «hobbymässig in den Sommerferien».

Alles Rassismus. Und nach Ansicht des «TA»-Kolumnisten alles die Schuld der «westeuropäischen Gesellschaft», deren «rassistische Vorurteile» mit dem Virus «noch etwas sichtbarer, akzeptierter, schlimmer» würden. Ja, und auch das musste offenbar noch gesagt sein: Rassismus sei «tief in uns», eine fast schon genetisch verankerte Eigenschaft aller Westeuropäer.

Jeder ein kleiner böser Rassist also. Fehlt als Ober-Übeltäter nur noch der alte weisse Mann – die aktuelle Schreckensfigur aller «woken», mithin erwachten und sich daher moralisch überlegen dünkenden Linken und Grünen.

Was ist Rassismus? Es ist die Ablehnung körperlicher Varietäten: von Schwarzen und Gelben und Roten und was immer dem Rassisten an physischen Unterschieden noch einfällt, nicht gefällt oder komplett zuwider ist.

Was aber ist nicht Rassismus? Die Kritik an den Chinesen wegen des Virus aus Wuhan. Oder die Kritik an den Amerikanern wegen ihres Abzugs aus Afghanistan. Oder die Kritik Philipp Losers an den Europäern wegen ihres angeblichen Überlegenheitsgefühls. Kritik, und sei sie noch so unzutreffend, ist nicht Rassismus. Sonst wäre ja Losers Pauschalurteil über «die westeuropäische Mehrheitsgesellschaft» – Rassismus!

Was auf jeden Fall Rassismus ist: der gegenwärtig grassierende Begriff vom «alten weissen Mann». Denn «weiss» und «alt» kennzeichnen körperliche Varietäten. Man stelle sich vor, im rechtsbraunen Lager wäre verächtlich die Rede vom alten schwarzen Mann oder gar von der jungen schwarzen Frau. Da wäre aber was los beim links-grünen Gegenüber!

Doch wenn sich Linke und Grüne und Klimaretter*innen und Antikolonialist*innen und Genderist*innen die abwertende Bezeichnung «alter weisser Mann» zu eigen machen, spricht niemand von Rassismus. Sind doch die Kämpfer*innen gegen diesen modernen Beelzebub allesamt Menschen, die in ihrem religiösen Eifer das Gute und Wahre erkennen, das Gute und Wahre wollen, mithin das Gute und Wahre verkörpern.

Noch ein weiterer Begriff wird neuerdings von der wahrguten Szene bis hin zu den kreuzbraven Medien gegen angebliche Rassisten in Stellung gebracht: die Islamophobie. Von der «Süddeutschen Zeitung», dem intellektuellen Leitblatt des «Tages-Anzeigers», wurde sie bereits als «Tollwut» gegeisselt. Das Wort Islamophobie fällt unter den zu Diffamierungszwecken erweiterten Rassismusbegriff: den Kulturrassismus – ein ideologisches Wortkonstrukt, mit dem sämtliche Kritiker des Islam und seiner antiaufklärerischen Anmassungen als rassistische Sünder gebrandmarkt werden. Dem demagogischen Hirngespinst des Kulturrassismus haben sich mittlerweile sogar Lehrstühle verschrieben.

Die politisch aufgeladene islamische Religion ist noch nicht im Zeitalter der Aufklärung angekommen. Im aufgeklärten Europa angekommen ist sie freilich – mit Millionen von Menschen, was Anlass zu Kritik und auch Ablehnung gibt.

Dürfen, sollen, müssen Frauenunterdrückung, Hass auf Homosexuelle und Antisemitismus nicht bekämpft werden? Schliesslich kann man Verachtung und Herabsetzung von Frauen durchaus als Rassismus betrachten, wird das weibliche Geschlecht im Islam doch gerade wegen seiner körperlichen Varietät unter Vormundschaft und Verschleierung gezwungen.

Die Aufklärung und damit die freie offene Gesellschaft ist Frucht eines jahrhundertelangen Kampfs gegen verdummende Religion und autoritäre Kirchen. Unsere Demokratie wiederum ist die Frucht dieses Kulturkampfs! Waren die säkularen Freiheitskämpfer von einst Rassisten – Kulturrassisten? Sind die Kulturkämpfer und Freiheitskämpfer von heute, die sich mit den bildungsfeindlichen und autoritären Inhalten des Islam auseinandersetzen – Kulturrassisten?

Zu den entschlossensten, den schärfsten Kritikern des Islam zählen zahlreiche Dissidenten des Islam. Sie wissen, wovon sie reden. Die linken und grünen Schwätzer, die mit dem Kampfbegriff des Kulturrassismus hantieren, wissen es nicht.

Der Begriff Rassismus ist zur billigen Münze geworden.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?