Frank A. Meyer – die Kolumne
Tamara Trump

Publiziert: 02.10.2022 um 00:23 Uhr
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Frank A. MeyerPublizist

Manchmal braucht es den Abstand einer Woche, um zu rekapitulieren – um Klarheit zu schaffen, was geschehen ist.

Erstens hat das Volk am 25. September 2022 entschieden, dass Frauen künftig mit 65 Jahren in Rente gehen sollen. Zweitens entspricht das dem AHV-Alter der Männer. Drittens ist damit Gleichheit zwischen den Geschlechtern geschaffen. Viertens kam der Volksentscheid denkbar knapp zustande. Fünftens gaben Männer dabei den Ausschlag.

Für die sozialdemokratische Nationalrätin Tamara Funiciello ist das ein Skandal: Die Männer bestimmen über die Frauen!

Für sie ist die Volksmehrheit nicht mehr die Mehrheit des Volkes – nurmehr die Mehrheit der Männer.

Dagegen hält Funiciello eine Wutrede. Dagegen gehen ihre Genossinnen auf die Strasse.

Das also hat vor eine Woche stattgefunden: die Relativierung der direkten Demokratie. In den Worten – im Wutanfall – von Tamara Funiciello klingt das so: «Es waren reiche, alte, weisse Männer, die den Frauen den Rentenabbau aufgedrückt haben.» Was für ein Satz aus dem Munde einer Frau, die sich für links hält! «Weisse Männer» – Diskriminierung der Hautfarbe. «Alte Männer» – Diskriminierung des Alters. «Reiche Männer» – Diskriminierung aller Normalverdiener.

Marianne Binder bringt das elitäre Gebaren der einstigen Juso-Führerin auf den Punkt. Die Mitte-Nationalrätin nennt es «Trumpismus.» Denn der rechtspopulistische Berserker im US-Präsidentenamt hats vorgemacht: Demokratie ist Demokratie, solange sie die gewünschten Resultate liefert – alles andere ist «Fake». Kann man die direkte Demokratie skandalöser herabwürdigen?

Tamara Trump.

Die Genossin ist nicht allein. Sie steht für ihre Partei. Eine Partei, deren historisches Verdienst es ist, die Arbeitnehmer zur grossen sozialen Kraft der bürgerlichen Gesellschaft gemacht zu haben – zu Bürgern im kultiviertesten Sinne. Welche Namen fallen einem da im wehmütigen Rückblick ein? Nobs, Tschudi, Lang, Spühler, Uchtenhagen, Hubacher, Ritschard, Stich, Dreifuss, Nanchen, Aubert, Calmy-Rey – um nur einige wenige zu nennen: Vorbilder im demokratischen Stil und Ernst, prägende Politiker weit über die Parteigrenzen hinaus – Erwachsene eben.

In der Tat, ein Erwachsener müsste kommen.

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