Fragwürdige ESC-Petition
Aktivisten fordern von der SRG den Israel-Ausschluss

In einem Monat beginnt der Eurovision Song Contest in Basel. Nun fordert die propalästinensische BDS-Bewegung von der SRG den Ausschluss Israels vom Wettbewerb. Experten sehen die Forderung als problematisch an.
Publiziert: 17.04.2025 um 18:04 Uhr
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Israel ist auch dieses Jahr am ESC dabei. Sängerin Yuval Raphael kämpft in Basel um die Trophäe.
Foto: Facebook

Darum gehts

  • BDS fordert Ausschluss Israels vom ESC in Basel wegen Menschenrechtsverletzungen
  • Experte: Kritik an Israel erlaubt, aber BDS-Forderung einseitig und verkürzt
  • 37 Länder kämpfen vom 13. bis 17. Mai in der St. Jakobshalle
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

In rund einem Monat feiert Basel die grosse ESC-Party. 37 Länder kämpfen vom 13. bis 17. Mai in der St. Jakobshalle um die Krone – respektive die Kristalltrophäe. Auch wieder mit dabei ist Israel mit der Sängerin Yuval Raphael (24).

Seit 1973 schickt der nationale Rundfunk des Staats im Nahen Osten einen Teilnehmer an den europäischen Gesangswettbewerb. Dieses Jahr soll dies jedoch von offizieller Stelle verhindert werden, finden Palästina-Aktivisten.

Forderung ist noch nicht öffentlich

In einer Petition fordert der Schweizer Ableger der israelkritischen BDS-Bewegung («Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen») die SRG und die Europäische Rundfunkunion auf, Israel von der diesjährigen Austragung auszuschliessen. Die Bewegung stammt aus dem linken Umfeld, unter anderem die Juso trägt die Kampagnen von BDS mit. Die Forderung wurde von den Aktivisten zwar noch nicht veröffentlicht, Blick liegt das Dokument jedoch bereits vor.

«Israel ist ein kriegführendes Land», schreibt die Bewegung darin. Eine Teilnahme würde den ESC deshalb in Verruf bringen, so die Aktivisten. Die Forderung stammt laut ihnen von «Kulturschaffenden». Ist sie legitim – oder bereits antisemitisch?

BDS beruft sich darauf, dass dem Staat aktuell von internationalen Gerichten und Organisationen vorgeworfen wird, gegenüber Palästinenserinnen und Palästinenser zahlreiche Menschenrechte zu verletzen. «Grundsätzlich soll Kritik an der israelischen Regierung immer erlaubt sein», sagt Philip Bessermann (37), Geschäftsleiter der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus.

Rolle der Hamas wird nicht erwähnt

Bei der Forderung von BDS sieht er jedoch ein grosses Kernproblem: «Sie stellt Israel dar, als wäre das Land der alleinige Aggressor.» Heisst: Die Rolle der Hamas und anderen palästinensischen Organisationen wird in der Petition mit keinem Wort erwähnt.

Auch finde innerhalb Israel durchaus ein intensiver öffentlicher Diskurs über das Vorgehen des Militärs gegenüber den Palästinenserinnen und Palästinensern statt. Eine bedeutende Rolle spielt dabei auch der öffentliche Rundfunk. Ihn zu verteufeln sei also verkürzt, meint Bessermann. «Ein grosser Teil des Widerstands gegen den Krieg kommt aus dem eigenen Land.»

Ein Israel-Boykott ist laut dem Antisemitismus-Experten deshalb nicht dasselbe wie etwa einer gegen Russland. «Auch wenn es die BDS-Bewegung gerne so darstellt», sagt Bessermann. Zumal dadurch letztlich jüdische Menschen von der Öffentlichkeit ausgeschlossen würden. «Die Geschichtsvergessenheit gegenüber jahrhundertelanger Vertreibung und Verdrängung ist verheerend.»

Laut Experte zählt der übergreifende Kontext

Als antisemitisch will Bessermann die Forderung für sich alleine gestellt aber nicht bezeichnen. Sie sei aber Teil eines grösseren Kontexts: «BDS setzt sich für eine Lösung im Nahost-Konflikt ein, die Jüdinnen und Juden einen eigenen Staat verunmöglichen würde», sagt Bessermann. Deshalb betrachte seine Stiftung die internationale BDS-Bewegung nach der Definition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA), der auch die Schweiz angehört, als antisemitische Organisation.

Gegen den Antisemitismus-Vorwurf über die IHRA-Definition, wehren sich die Aktivisten in der Petition bereits selbst: Diese werde von Expertinnen und Experten als wissenschaftlich ungenügend und problematisch eingestuft, schreibt BDS. «Gerade weil sie einer Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs Tür und Tor öffnet.»

BDS-Bewegung will andere Antisemitismus-Definition

Stattdessen solle die «Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus» angewendet werden, die als Gegenentwurf zur IHRA-Definition erstellt und unter anderem auch durch zahlreiche jüdische Akademiker unterzeichnet wurde. Gemäss ihr sind Boykotte, Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel legitime Formen des gewaltfreien Protestes. In Fachkreisen ist die Erklärung jedoch stark umstritten.

Der Widerstand gegen die israelische Teilnahme am ESC ist nicht neu. Bereits vergangenes Jahr eröffnete sich im schwedischen Malmö eine Kontroverse um die israelische Teilnehmerin Eden Golan (21).

Und auch im Vorfeld der diesjährigen Ausgabe in Basel riefen bereits zahlreiche propalästinensische Organisationen zu einem Boykott auf. Eine Anfrage von Blick zur aktuellen Petition liess BDS bisher unbeantwortet.

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