Auf einen Blick
- Regierungsräte erhielten VIP-Tickets für Spengler Cup von privatem Sponsor
- Dabei handelt es sind um die Finanzdirektoren Markus Dieth (AG) und Peter Hodel (SO)
- Expertin kritisiert Annahme der Einladung als problematisch für die Unabhängigkeit der Politiker
Er gehört zu den beliebtesten Sportevents des Landes: Der Spengler Cup lockt jeweils zwischen Weihnachten und Neujahr hunderttausend Eishockeyfans nach Davos GR. Auch bei der letzten Austragung waren sämtliche Spiele ausverkauft.
Der Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth (57, Mitte) und sein Solothurner Amtskollege Peter Hodel (57, FDP) mussten sich jedoch keine Sorgen um die begehrten Plätze in der Arena machen: Sie erhielten VIP-Tickets mit Rundumprogramm – und bezahlten nichts dafür. Ein Sponsor, die Schenker Storen AG, hatte die beiden eingeladen. Preis pro Person: rund 400 Franken. Dafür gabs gute Sitzplätze während eines Viertelfinalspiels am 29. Dezember 2024, Essen und Getränke inklusive.
Finanzdirektor im Kanton des Sponsors
Schenker Storen erklärt auf Anfrage, dass die Einladung von Dieth und Hodel über einen Kadermann erfolgt sei. Die beiden seien von ihm als private Gäste persönlich eingeladen worden.
Das Unternehmen weist zudem darauf hin, dass Hodel früher Gemeindepräsident von Schönenwerd SO war, dem Hauptsitz von Schenker Storen. Dementsprechend war Hodel «schon seit mehreren Jahren dabei», wie der Solothurner Regierungsrat gegenüber Blick selbst einräumt.
Dieth dagegen liess sich zum ersten Mal von Schenker einladen, während seiner Ferien in Davos. Der Aargauer Regierungsrat betont, er sei als Privatperson dort gewesen, es bestehe «kein Zusammenhang» mit seiner politischen Tätigkeit.
Haben die beiden keine Bedenken, dass die Einladung ihre Unabhängigkeit als Regierungsmitglieder gefährden könnte? Zumal Hodel immerhin Finanzdirektor desjenigen Kantons ist, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. Was wäre, wenn es einmal zu Uneinigkeiten zwischen Schenker Storen und Hodels Steuerbeamten käme?
Hodel bekräftigt: «Als Vorsteher des Finanzdepartements halte ich mich an die rechtlichen Grundlagen.» Er lege grossen Wert auf die Corporate-Governance-Richtlinien des Kantons. Würden Aufträge vergeben, für die sich die Firma bewirbt, bestünden klare gesetzliche Grundlagen. Ebenso antwortet Dieth, der auch Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen ist.
«Geringe Sensibilität für mögliche Interessenkonflikte»
Für Experten sind solche VIP-Einladungen nicht akzeptabel. Als «sehr ungeschickt bis problematisch» bezeichnet Katja Gloor den Fall. Sie ist Geschäftsführerin der Antikorruptions-Organisation Transparency International Schweiz. «Die Annahme einer solchen Einladung zeugt von geringer Sensibilität für mögliche Interessenkonflikte», sagt sie.
Auch rechtliche Fragen stellten sich – im Hinblick auf Vorteilsnahme. Gloor verweist auf das Strafrecht: Problematisch seien ungerechtfertigte Vorteile, die ein «Anfüttern» oder «Klimapflege» bezweckten. «Bagatellgeschenke» – darunter verstehe man «geringfügige, sozial übliche Vorteile», also etwa ein Mittagessen oder eine Flasche Wein – könnten hingegen als zulässig betrachtet werden.
Dass sich Regierungsräte von einer privaten Firma an einen beliebten Sportanlass einladen lassen, ohne eine repräsentative Funktion auszuüben, ist laut Gloor aus mehreren Gründen heikel. Bereits 400 Franken seien als «erheblicher Geldwert» anzusehen. Während die Kantone Solothurn und Aargau keine spezifische Grenze für Geschenke festgelegt haben, dürften etwa Bundesangestellte eine solche Einladung nicht annehmen: Für sie gilt eine Obergrenze von 200 Franken.
Wurde das normale Mass überschritten?
Der Geldwert sei aber nicht alles, sagt Katja Gloor. Die Regierungsräte erhielten mit den Tickets einen privilegierten Zugang zu einer ansonsten ausverkauften Veranstaltung. Damit könnte nach Gloors Einschätzung das «sozial übliche, geringfügige Mass» überschritten worden sein.
«Ob die Regierungsräte in ihrer Freizeit an einem solchen Anlass teilnehmen und sich als Privatpersonen deklarieren, ist zweitrangig», so Gloor weiter. Die Aussenwirkung bleibe die gleiche – und solche Geschenke könnten der Beginn eines Abhängigkeitsverhältnisses sein.