Einladung in die VIP-Lounge ans heutige Europa-League-Spiel
Fussballverband verführt Politiker  zu heiklem Spiel

Die Swiss Football League und YB laden Politiker zum heutigen Europa-League-Knüller ein. Alles inklusive. Das ist heikel.
Publiziert: 28.11.2019 um 17:29 Uhr
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Das YB-Heimspiel gegen Porto verspricht ein Knüller zu werden. Es ist seit Wochen ausverkauft.
Foto: AFP
Daniel Ballmer

Das Thema ist den Politikern sichtlich unangenehm. Viele reagieren auf die Anfrage von BLICK gar nicht erst. Andere wie der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (38) wollen lieber nichts dazu sagen. Die Swiss Football League und die Young Boys bringen Bundesparlamentarier in die Bredouille. Gemeinsam haben sie Politiker zum heutigen Europa-League-Knaller gegen Porto eingeladen. Eine heikle Angelegenheit.

Das Spiel gegen die Portugiesen ist seit Wochen ausverkauft. Exklusiv aber laden der Fussballverband und YB «ausgewählte Stakeholder aus Behörden und Politik» in den VIP-Bereich ein. Zum Wohlfühl-Paket zählen Vor- und Hauptspeise vor dem Anpfiff. In der Pause gibt es ein Dessert am Buffet. Und nach dem Spiel trifft man sich an der Bar – alles inklusive. Gesamtwert: 450 Franken.

Für eigene Positionen werben

Der Fussballverband macht das natürlich nicht ganz ohne Hintergedanken: «Neben dem Spiel möchten wir in einem ungezwungenen Rahmen und deshalb ohne fixe Agenda über sicherheitsrelevante Themen diskutieren.» Konkret: Nach diversen Vorfällen mit randalierenden Fans möchte die Liga bei politischen Entscheidungsträgern für die eigenen Positionen werben.

Für Alex Biscaro ist das sehr problematisch. Bereits der erhebliche Geldwert der Einladung sei korruptionsrechtlich heikel, sagt der stellvertretende Geschäftsführer der Antikorruptions-Organisation Transparency International Schweiz gegenüber der Zeitschrift «Beobachter».

«Mass ist klar überschritten»

«Hinzu kommt der exklusive, privilegierte Zugang zu einem ausverkauften Event. Damit ist das im Gesetz definierte ‹geringfügige, sozial übliche Mass› unseres Erachtens klar überschritten», so Biscaro weiter. Die Einladung sei daher aus Sicht der Korruptionsbekämpfung «zumindest im tief orangen Bereich» anzusiedeln. Bundesangestellte dürften eine solche Einladung denn auch nicht annehmen. Für sie gilt für solche Präsente eine fixe Obergrenze von 200 Franken.

Allzu viele Bundespolitiker dürften allerdings nicht in der VIP-Lounge des Stade de Suisse anzutreffen zu sein. Sicherheitspolitiker wie GLP-Nationalrat Beat Flach (54, AG) oder der neugewählte Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann (57) haben die Einladung abgelehnt.

Auch Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli (47, ZH) reist nicht ans Spiel. «Ich werde mit Einladungen überschwemmt», sagt er zu BLICK. Vor der kommende Woche startenden Wintersession mitsamt Bundesratswahlen habe er aber ohnehin keine Zeit, «darum werfe ich solche Post momentan einfach weg.»

«Unsicherheit ist für Politiker gross»

Die Berner SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen (40) hätte das YB-Spiel sehr gerne besucht, hatte extra Tickets gekauft. Wegen eines Polit-Anlasses habe sie diese aber «schweren Herzens» einer Freundin verschenkt. Die Einladung der Fussball-Liga habe sie dagegen abgelehnt.

«Die Unsicherheit, was Ratsmitglieder eigentlich annehmen dürfen und was nicht, nimmt zu. Hilfreiche Antworten fehlen», findet Wasserfallen. Erschwerend komme hinzu, wenn medial auf einzelne Politiker gezeigt wird. Auch ein kürzlich veröffentlichter Leitfaden hilft nicht wirklich weiter. Ein Hinweis könne die Höhe des Taggeldes von 440 Franken oder der Mahlzeiten-Entschädigung von 115 Franken sein. Ansonsten verweist der Leitfaden vor allem auf die Selbstverantwortung der Politikerinnen und Politiker. «Eine Anlaufstelle bei den Parlamentsdiensten, an die man sich im Zweifel wenden könnte, wäre ein Ansatz», sagt Wasserfallen.

Fussballliga erkennt kein Problem

Bei der Swiss Football League will man an der Einladung jedenfalls nichts Anrüchiges erkennen. «Aus unserer Sicht ist das unproblematisch», wird sie vom «Beobachter» zitiert. Da man die Einladung zusammen mit YB ausrichte, komme sie auch billiger zu stehen als 450 Franken.

Die Football League regelt solche Einladungen in ihrem «Code of Conduct»: «Wir nehmen und bieten Geschenke nur an, wenn (…) sie einen üblichen und geringfügigen Wert nicht überschreiten.» Darüber liesse sich hier allerdings streiten, findet nicht nur der «Beobachter».

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