Wer hat, dem wird gegeben. So steht es in der Bibel. Schon von Hause aus verdient ein Nationalrat mit Spesen durchschnittlich stolze 123'589 Franken. Ein Ständerat bekommt 138'269 Franken – knapp die Hälfte steuerfrei. Doch das ist längst nicht alles. Unsere Bundespolitiker sind von allen Seiten stark umworben – sei es mit lukrativen Mandaten oder mit Geschenken.
Doch: Wo liegen die Grenzen? Darf ein Parlamentarier eine Flasche Wein annehmen? Oder ein Verwaltungsratsmandat? Und wie ist es mit einer Einladung zu einem Champions-League-Spiel? Ab wann wird ein Politiker durch solche Gaben in seinem Abstimmungsverhalten beeinflusst?
Checkliste bei Geschenken
Antworten auf diese Fragen gibt ein neuer Leitfaden, den die Ratsbüros des National- und Ständerats veröffentlicht haben. Oder er versucht zumindest, Antworten zu geben. Denn in vielen Bereichen gibt es nicht einfach eine glasklare Antwort. Gleich zu Beginn hält der Leitfaden fest, dass es keine trennscharfe Abgrenzung zwischen Verhalten, das strafrechtlich ok ist, und strafrechtlich relevanten Handlungen gibt. Gerade das macht es so schwer bei der Beurteilung, was geht – und was nicht.
Ganz generell lautet der Rat an die Neuen darum, bei der Annahme von Geschenken – in welcher Form auch immer – «grösste Sensibilität und Zurückhaltung» zu wahren. Keine Gedanken machen muss sich ein Politiker nur in zwei Fällen: Bei rein privaten Geschenken – zum Beispiel eine Einladung oder ein Geburtstagsgeschenk von Familienmitgliedern oder Freunden. Und wenn die Geschenke klein und «sozial üblich» sind, also zum Beispiel ein Blumenstrauss, eine Flasche Wein oder die Einladung zum Znacht.
Unsichere sollen sich bei dieser Beurteilung an der Höhe eines Taggeldes von 440 Franken, an einer Übernachtung- (180 Franken) oder einer Mahlzeitenentschädigung (115 Franken) orientieren. Bei allem, was den entsprechenden Beitrag übersteigt, ist Vorsicht angezeigt.
Bei Einladungen zu Reisen gilt hingegen die einfache Regel: immer selber zahlen!
Am Schluss muss man immer abwägen
Das Parlament hat sogar eine Checkliste in Form eines Flussdiagramms erstellt, das Parlamentarierinnen und Parlamentarier vor Annahme eines Geschenkes immer rasch durchgehen sollen. Wird Ihnen ein Vorteil angeboten, weil Sie Ratsmitglied sind? Ist der Vorteil mit einer in Zukunft konkret erwarteten Gegenleistung verbunden?
Solche und weitere Fragen sollen sich die Politiker stellen. Doch so richtig schlau werden sie auch mit diesem Fragebogen nicht. Denn egal wie man die Fragen beantwortet, läuft im Einzelfall alles auf ein Stichwort hinaus: «Selbstverantwortung.»
Transparenz und Vertraulichkeit
Auch das Thema Transparenz wird in dem Leitfaden angesprochen. Offenlegen müssen Parlamentarier berufliche Tätigkeiten oder etwa Tätigkeiten in Aufsichtsgremien oder Beiräten. Wer von einem Geschäft zudem unmittelbar betroffen ist, muss bei seinem Votum darauf hinweisen.
Der Leitfaden klärt die Ratsmitglieder weiter über den Umgang mit Information und gerade auch über die Vertraulichkeit von Kommissionssitzungen auf. Verstösse dagegen können als Amtsgeheimnisverletzung geahndet werden.