Ein Berg in Flammen. Bei Bitsch VS brennen Bäume wie Zunder, Rauchschwaden sind weitherum sichtbar. Rund 200 Einsatzkräfte bekämpfen das Feuer, Helikopter fliegen Löscheinsätze. Auch die Schweizer Armee unterstützt die lokalen Feuerwehren mit Super Pumas.
Der Brand in Bitsch zeigt eindrücklich: Mit dem Klimawandel steigt auch das Waldbrandrisiko – gerade in der Schweiz. Wegen der Trockenheit haben in jüngster Zeit immer wieder Wälder gebrannt. Im vergangenen Frühjahr etwa stand bei Gambarogno TI, nahe der italienischen Grenze, der Wald in Flammen. 2022 teilte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) mit, es sei durchaus möglich, dass künftig auch in der Schweiz grosse Waldbrände ausbrechen.
Waldbrände sind ein grosses Risiko
In der Schweiz gibt es keine «Taskforce Waldbrand». Für die Bekämpfung von Waldbränden sind die betroffenen Kantone zuständig, ihre Aufgaben sind in kantonalen Feuerwehrgesetzen geregelt. Auf Gesuch können zudem Armeemittel im Rahmen der militärischen Katastrophenhilfe unterstützend eingesetzt werden. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) fungiert derweil als nationale Warnstelle und berät die Kantone.
Weil sich das Risiko in den vergangenen Jahren erhöht hat, hatte der Berner SVP-Nationalrat Erich von Siebenthal (64) 2019 vom Bundesrat verlangt, dass der Umgang mit Waldbrand in der Schweiz überprüft wird.
Bundesrat schlägt Massnahmenkatalog vor
In seinem Bericht dazu hielt der Bundesrat 2022 fest, dass die Kantone in Sachen Waldbrandbekämpfung insgesamt gut aufgestellt seien. Trotzdem sieht er Luft nach oben: Er schlägt darum insgesamt 15 Massnahmen vor. So sollen etwa in allen Kantonen die Waldbrandwarnungen vereinheitlicht, die nationale Lageübersicht sowie die Vorsorgeplanung mit einheitlichen Aus- und Weiterbildungen verbessert werden. Zudem sollen sich Fachexperten in einem Pool zusammenschliessen können.
Weiter hält der Bundesrat fest, dass bei grossen oder mehrere Kantone gleichzeitig betreffenden Waldbränden die Koordination bei der Feuerbekämpfung aus der Luft wichtig ist. Zwar müsse die Schweiz keine eigenen Löschflugzeuge beschaffen. Dennoch gab der Bundesrat vertiefte Abklärungen zur Waldbrandbekämpfung per Flugzeug in Auftrag. In der Schweiz sollen darum alle möglichen Flugzeugtypen auf ihre Eignung für die Waldbrandbekämpfung geprüft werden.
Experten unterstreichen, die Schweiz könne bei der Waldbrandbekämpfung noch viel von EU-Ländern lernen. «Wir müssten uns dringend das Wissen von Frankreich und Italien aneignen, die uns bei der Bekämpfung solcher Ereignisse voraus sind», sagt Boris Previsic (51), Leiter des Urner Instituts Kulturen der Alpen. «Die Schweiz tut gut daran, dem EU-Katastrophenschutz beizutreten.» So kämen auch rasch Löschflugzeuge zum Einsatz, und man müsse nicht tagelang auf die Gunst der Nachbarländer warten – wie beim Waldbrand am Monte Gambarogno im Januar 2022.
Von Südeuropa lernen
Die Schweiz betreibe zwar einen erfolgreichen Hochwasserschutz, müsse aber zur Kenntnis nehmen, dass sie nicht mehr einfach das Wasserschloss Europas sei, sagt Previsic. Darum müsse sie das Wassermanagement für immer längere Trockenheitsperioden aktiv regulieren. «Dazu gehören die Verfügbarkeit von Löschwasser und ein nationaler Plan darüber, wo dieses zur Verfügung steht», so Previsic weiter.
«Schliesslich braucht es ein Waldmanagement, wie es in Südeuropa weitgehend etabliert ist. Dazu gehören Waldschneisen, damit die Brände nicht unbegrenzt weiterziehen können.» Im Gebirge schützen Schutzwälder für die Gesellschaft überlebenswichtige Infrastrukturen. Umso mehr müsse dem Waldbrandschutz höchste Priorität eingeräumt werden.
Peter Zbinden (65), Teamleiter von @fire Schweiz, einer gemeinnützigen Organisation, die unter anderem bei der Bekämpfung von Wald- und Flächenbränden zum Einsatz kommt, sieht dies ähnlich. Er sagt: «Gerade Spanien, Portugal, Frankreich oder Italien sind bei der Waldbrandbekämpfung sehr gut aufgestellt und haben riesige Erfahrung. Diese Länder haben zum Teil Spezialeinheiten für die Bekämpfung von Waldbränden.»
Etwas anders sehe das in der Schweiz aus. «Südlich der Alpen, vor allem in den Kantonen Graubünden, Tessin und Wallis, sind die Feuerwehren bezüglich der Waldbrandbekämpfung gut ausgebildet, weil es dort regelmässig zu grösseren Waldbränden kommt.»
In den Kantonen nördlich der Alpen sei man hingegen teils noch zu wenig sensibilisiert und ausgebildet. Das hänge auch damit zusammen, dass das Mittelland eine ganz andere Vegetation habe als der Süden. Brennt es dort, seien das in 80 Prozent der Fälle Bodenbrände mit geringerer Ausdehnung – diese seien weniger heikel als die Waldbrände im teils steilen Gelände im Süden mit heiklerer Vegetation.
Immerhin: «Wegen des Klimawandels setzen Feuerwehren aus dem Mittelland vermehrt auf die Ausbildung in Waldbrandbekämpfung, das Thema wird immer wichtiger», so der Experte.