Auf einen Blick
- Bis Ende Jahr wollen sich die Schweiz und EU über die Bilateralen einigen
- Dennoch bleibt der Verhandlungsweg weiterhin steinig
- Grosser Knackpunkt bleibt das Thema Migration
Das EU-Abkommen ist auf der Zielgeraden. So tönt es aus Bern und Brüssel. Bis Ende Jahr – ein Jahrzehnt nach Beginn der Gespräche – wollen sich die Schweiz und EU über die Bilateralen einigen.
Wie Blick am Wochenende schrieb, drückt insbesondere Bundespräsidentin Viola Amherd (62) aufs Tempo. So soll das Abkommen unter Dach und Fach sein, bevor ihre EU-kritische Kollegin Karin Keller-Sutter (60) ab nächstem Jahr das Zepter übernimmt.
Vertrauen der EU wiedererlangt
Zuvor zögerte der Bundesrat lange. Und verliess im Frühling 2021 gar – unter Mitwirkung von Keller-Sutter und unter grossem innenpolitischem Druck – den Verhandlungstisch. EU-Kritiker sahen mit dem Rahmenabkommen die Souveränität der Schweiz bedroht. Gewerkschaften befürchteten Lohndumping.
Jetzt scheint das Vertrauen zwischen den beiden Seiten wiederhergestellt zu sein: Die Bedenken bezüglich Überwachung der Abkommen sowie Fragen über ein künftiges Schiedsgericht seien weitgehend aus dem Weg geräumt, erfuhr Blick bereits im Juni. Und beim Lohnschutz zeige sich die Schweiz hart.
Doch auch nach einer Einigung steht den Bilateralen ein steiniger Weg bevor. Eigentlich will der Bundesrat den Vertrag im nächsten Jahr im Parlament und vor der Öffentlichkeit verteidigen. Und bereits im November 2026 soll die Schweizer Stimmbevölkerung darüber abstimmen können.
SVP-Initiative sorgt für Unmut
Die grosse Knacknuss bleibt aber die Migration. So bringt etwa die kürzlich zustande gekommene Volksinitiative der SVP gegen Zuwanderung («Keine 10-Millionen-Schweiz!») die EU-Beziehungen in Bedrängnis. Ein Gegenvorschlag ist denkbar. Oder eine Schutzklausel, wie sie Mitte-Präsident Gerhard Pfister (61) vor zwei Wochen in einem «NZZ»-Interview forderte. Wenn nötig, soll sie sogar einseitig durchgesetzt werden.
Die Schweizer Stimmbevölkerung solle noch vor einer Annahme des Rahmenabkommens darüber abstimmen sollen, fordert Pfister. Der Vorschlag würde den eng getakteten Fahrplan des Bundesrates gehörig durcheinanderbringen. Selbst in Teilen von Pfisters eigener Partei sorgt dieser daher für Entrüstung.
Zugleich tönt es aus Bern, dass sich die EU bei der Zuwanderung kompromissbereit zeige. Auch für Brüssel sei eine einvernehmliche Schutzklausel kein Tabu mehr, heisst es plötzlich. Doch inwiefern diese Aussage vor allem als politisches Taktieren gewertet werden muss und welche Gegenleistungen die EU dafür verlangt, bleibt unklar.