Dunkle und kalte Wohnzimmer, stehende Lifte, ruhende Rolltreppen und Züge, die im Bahnhof bleiben: Der Schweiz droht diesen Winter eine Energiemangel. Darüber informierten auch der Bund und seine Experten vergangene Woche.
Im allerschlimmsten Fall könnten Heizungen und Herde bei einem Strom- oder Gasmangel für einige Stunden kalt bleiben – das liegt nahe. Aber auch Handys könnten bei einem mehrstündigen Stromausfall stumm bleiben. Denn selbst wenn der Akku des Mobiltelefons noch hält – ohne Strom geht den Mobilfunkantennen der Saft aus. Weil das Mobilfunknetz nur kurzen Ausfällen standhält, würde es in dem Fall schnell ausfallen, wie die «Aargauer Zeitung» schreibt.
Aufrüstung verzögert sich
Der Bundesrat kündigte bereits 2020 an, dass die Mobilfunknetze besser gegen Stromausfälle geschützt werden sollen. Zumindest die Anrufe bei Notrufnummern müssen jederzeit funktionieren, so die Meinung des Bundesrats. Diese laufen zwar oft übers Festnetz, aber auch dieses ist meist auf «stromabhängige, digitale Telefonapparate» angewiesen, hiess es im «Gefährdungsdossier Stromausfall» aus dem Jahr 2020.
Bis Ende 2021 sollte das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek), dem Bundesrat deshalb eine Vernehmlassungsvorlage unterbreiten – doch diese verzögert sich.
«Sehr aufwendig»
Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) begründet die Verzögerung mit Schwierigkeiten und hohen Kosten für die Sicherung des Mobilfunknetzes. Man habe eine ausführliche Folgenabschätzung durchgeführt, um die Auswirkungen und Kosten genauer zu analysieren. Nun sollen zusätzliche Konsultationen stattfinden. Die Vernehmlassung sei deshalb jetzt erst für 2023 vorgesehen.
Bis das Netz dann vollständig aufgerüstet ist, könne es aber bis zu zehn Jahre dauern, weil die nötigen Anpassungen «sehr aufwendig» seien, so das Bakom.
Für kürzere Ausfälle gewappnet
Eine mögliche Lösung, die Mobilfunkanlagen auch im Notfall zu betreiben, wäre der Einsatz von Dieselaggregaten, um Stromunterbrüche zu überbrücken. Das Bakom verweist darauf, dass es den Netzbetreibern überlassen bleibt, passende technische Lösungen zu wählen.
Diese sind zwar nicht begeistert von Dieselaggregaten, weil deren Einbau oft viel Platz und eine Baubewilligungen bräuchte, aber immerhin. Für kurze nationale Stromunterbrüche sind die Telekommunikationsanbieter aber gewappnet. Mit Batterien und Notstromgeneratoren könne man kürzere Stromunterbrüche ohne Schaden überwinden, sagten die Betreiber zur «Aargauer Zeitung». Je nach Standort könne die Netzabdeckung von einer halben Stunde bis zu mehreren Stunden überbrückt werden.
Wenigstens Polycom funktioniert
Etwas näher an einer Lösung ist man bei Polycom, dem Notfallfunk für Polizei, Feuerwehr und Ambulanz. Das Parlament hat erst vor kurzem einen Kredit bewilligt, um das veraltete und instabile Notfallnetz des Bundes aufzurüsten.
Neu soll es statt nur bis zu acht Stunden einem Stromausfall bis zu drei Tage lang trotzen. Die Umsetzung soll 2026 abgeschlossen werden, teilt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) mit. (lm)
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