Wirtschaft und Industrie fühlen sich vom bundesrätlichen Notfallplan düpiert. Auch Privathaushalte müssten bei Strommangellagen zurückstecken, fordern die energieintensiven Branchen seit Wochen.
Tatsächlich schont der Bundesrat primär die Haushalte. Mehr als Sparappelle sieht die Landesregierung in einem ersten Schritt nicht vor. Sollte dies nicht den gewünschten Effekt bringen, müssten Grossabnehmer, also die Industrie, ihren Verbrauch um 20 Prozent drosseln. Davon wären rund 30'000 Betriebe in der Schweiz betroffen.
FDP-Duo sieht Handlungsbedarf
Alexander Keberle vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse fordert, dass «Unternehmen, die einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten oder solche, die durch eine Kontingentierung erhebliche Schäden erfahren müssen, zwingend besser berücksichtigt werden müssten».
Dem wollen die Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher (55) und der Ständerat Damian Müller (37) nun Rechnung tragen. Das FDP-Duo bastelt derzeit an einem politischen Vorstoss, der vom Bundesrat weitergehende Massnahmen zum Schutz der Wirtschaft verlangt.
Auch Umsteigen soll belohnt werden
Haushalte, die ihren Gasverbrauch «um einen gewissen Prozentsatz» reduzieren, würden demnach einen Bonus oder einen Steuernachlass erhalten. Allenfalls würde eine Zusatzgebühr fällig, wenn der Gasverbrauch steigt. «Damit erhalten Haushalte, die heute nicht freiwillig ihren Energieverbrauch einschränken, einen Anreiz, dies zu tun», sagt Damian Müller.
Wer ganz auf Gas verzichtet, so das Ansinnen der Motionäre – zum Beispiel durch Umrüstung auf eine Wärmepumpe oder Holzheizung –, soll ebenfalls profitieren können. «Vermieter müssten verpflichtet werden, die Informationen des Gasversorgers und auch einen allfälligen Bonus an die Mietenden weiterzuleiten», so Müller.
Auktion für Massnahmen
Für Unternehmen bringt das FDP-Duo eine Verzichtsauktion ins Spiel. Dazu Müller: «Ein grosser Vorteil wäre, dass der Staat herausfinden kann, wer ohne grossen Schaden auf Gasverbrauch verzichten kann. Die volkswirtschaftlichen Schäden werden so minimiert.» Konkret heisst das: Das Bundesamt für Energie (BFE) würde eine Auktion für Massnahmen zur Gaseinsparung durchführen.
Dabei bekäme das Unternehmen den Zuschlag, das pro verzichtete Kilowattstunde Gas den niedrigsten Preis eingibt. «Denkbar wären verschiedene Auktionsbänder für grosse und kleine Unternehmen. Die Kosten werden den Endkunden per Versorgungszuschlag pro Kilowattstunde Gas verrechnet», sagt Müller.
Erneuerbare Energien sollen auch gefördert werden
Auch die erneuerbaren Energien haben die Liberalen im Blick: Statt wie der Bundesrat auf einmalige Investitionsbeiträge zu setzen, fordern Müller und Vincenz-Stauffacher ebenso wie die Strombranche gleitende Marktprämien – zum Beispiel für Solaranlagen.
«Die gleitende Marktprämie gleicht dabei die Differenz zwischen dem Strommarktpreis und dem in der Ausschreibung festgelegten, höheren Betrag aus, sodass der Anlagenbetreiber ein stabilen Mindesttarif für den produzierten Strom erhält», sagt Müller.
Der Hauptunterschied zur bisherigen Einspeisevergütung liege darin, dass der Vergütungssatz nicht vom Staat, sondern durch Auktionen ermittelt werde.