Diese Erfahrungen haben unsere Nachbarn mit der Zertifikats-Ausweitung gemacht
Nun darf die Schweiz einen Impf-Boom erwarten

In unseren Nachbarländern gilt schon länger eine erweiterte Zertifikatspflicht. Nicht ohne Folgen: Die Impfquoten liegen deutlich höher als in der Schweiz. Nun hofft auch der Bundesrat auf einen Schub.
Publiziert: 09.09.2021 um 16:22 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2021 um 16:38 Uhr
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Wegen der Corona-Patienten ist die Lage in Schweizer Spitälern zunehmend angespannt.
Foto: Keystone

Schon ab Montag ist es soweit: Weil die Lage auf den Intensivstationen äusserst angespannt ist, wird die Corona-Zertifikatspflicht ausgeweitet. Wer dann ins Restaurant, Fitnesscenter, Kino oder Museum will, muss nachweisen, dass er geimpft, genesen oder getestet ist. Das hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen.

Die Schweiz ist damit eine Nachzüglerin. Unsere Nachbarn kennen die Massnahme teilweise schon seit Wochen – und haben mehrheitlich positive Erfahrungen damit gemacht. Das könnte auch Bundesrat Alain Berset (49) überzeugt haben.

Anfang Woche habe sich der Gesundheitsminister beim G-20-Gesundheitsgipfel in Rom mit seinen italienischen und französischen Amtskollegen ausgetauscht, berichtet der «Tages-Anzeiger». Seit dort der Corona-Pass für Beizen und Co. Pflicht ist, sind die Impfquoten gestiegen. Die Fallzahlen entwickeln sich klar besser als in der Schweiz.

So sind in Frankreich mittlerweile 62,1 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, in Italien 62,6 Prozent. In der Schweiz liegt die Impfquote derzeit bei 52,4 Prozent.

Zertifikatspflicht stimmt Impf-Skeptiker um
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Run auf Impfzentrum:Zertifikatspflicht stimmt Impf-Skeptiker um

Beispiel Frankreich

Ohne den Pass sanitaire geht in Frankreich nicht mehr viel. Vielerorts gibt es seit August keinen Zugang mehr – das gilt nicht nur für Restaurants oder Altersheime, sondern sogar für Einkaufszentren oder Fernverkehrsverbindungen.

Frankreich hat die Corona-Schraube aber noch deutlich stärker angezogen: Bereits Mitte Juli hatte Staatspräsident Emmanuel Macron (43) in einer Fernsehansprache angekündigt, dass die Impfung für das Spitalpersonal ab Mitte September obligatorisch sei. Wer sich weigert, wird freigestellt und erhält keinen Lohn mehr. Die Ansage zeigte Wirkung: Im Internet wurden noch am gleichen Abend 926'000 Impftermine gebucht. Absoluter Rekord!

Beispiel Italien

Der Name ist anders, das Prinzip gleich: In Italien heisst das Corona-Zertifikat Green Pass und ist seit dem 6. August nötig, um ins Restaurant oder ins Museum zu kommen. Am 1. September sind unsere südlichen Nachbarn sogar noch einen Schritt weitergegangen: Neu ist der Nachweis auch in Fernzügen, Flugzeugen und anderen Verkehrsmitteln Pflicht.

Das hat Folgen für alle Ungeimpften: Sie müssen sich immer wieder von Neuem testen lassen. Vielen ist das zu blöd. Die Impfquote ist entsprechend angestiegen.

Beispiel Deutschland

Seit Ende August gilt auch in Deutschland die 3G-Regel. Wer nicht nachweisen kann, geimpft, genesen oder getestet zu sein, ist in vielen Innenräumen nicht mehr zugelassen. Darunter fallen nebst Kinos und Restaurants auch Sportstätten, Heime und Veranstaltungen. Die Gastronomen akzeptieren die Regeln. «Besser als geschlossen», heisst es etwa beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband.

Eine Umfrage des Verbands hat ergeben, dass eine Mehrheit der Wirtinnen und Wirte hinter der 3G-Regel steht. Knapp 60 Prozent würden sie positiv oder eher positiv bewerten. In ebenso viel Prozent der Betriebe verlaufe die Umsetzung problemlos. Vier von zehn Wirten kritisieren den bürokratischen und zeitlichen Aufwand für die Kontrollen.

Im August machten Restaurants 5,7 Prozent weniger Umsatz als im gleichen Monat 2019.

Beispiel Österreich

Auch in Österreich gilt seit Mitte August dasselbe Prinzip wie in anderen Nachbarländern: Ohne Nachweis gibt es keinen Zugang zu gewissen Orten. Wo nur Menschen mit Zertifikat zugelassen sind, entfällt dafür die Maskenpflicht.

Die Restaurants hätten in den Sommermonaten etwa gleich viel umgesetzt wie in den Vorjahren. Die 3G-Regel sei «kein Thema» in der Branche, wird Hannes Jochum, der für die Gastronomie zuständige Geschäftsführer der Wirtschaftskammer Vorarlberg, von «CH Media» zitiert. Einzig die Gäste aus der benachbarten Schweiz seien weniger geworden. Allerdings: Sobald auch bei uns die erweiterte Zertifikatspflicht gilt, könnte sich dieses Bild wieder ändern.

Bundesrat hofft ebenfalls auf Impf-Schub

Auch der Bundesrat erhofft sich einen Impf-Schub. Die Ausweitung der Zertifikatspflicht dürfte auch in der Schweiz viele Ungeimpfte zum Piks motivieren.

Tatsächlich deuten die neusten Zahlen des Bundes auf eine nationale Trendwende hin: Während sich in den Sommerferien weniger Menschen impfen liessen als zu Spitzenzeiten im Mai und Juni, nimmt die Impfbereitschaft jetzt wieder zu. (dba)

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