Für die Wahlen 2023 erhielten die Grünen die grösste Geldspende ihrer Geschichte. Eine Million Franken schenkte Carmita Burkard Kroeber, eine Erbin des Baukonzerns Sika, ihrer Partei. Einzige Bedingung: Das Geld soll in den Wahlkampf 2023 fliessen. Was macht man, wenn sich das Wahlkampfbudget plötzlich verdoppelt?
Für Parteipräsident Balthasar Glättli (51) war klar: Eine neue App muss her. Einen «Quantensprung für die Mobilisierungskraft» versprechen sich die Grünen von der Software. Blick hat einen exklusiven Vorab-Einblick in die Wahlkampf-App erhalten, bevor sie am Sonntag öffentlich zugänglich wird.
«Heldinnenpunkte» für Wahlkampf
Die «Avanti Verdi»-App ist im Kern ein Spiel. Es geht nämlich darum, Punkte zu sammeln und so auf einer Rangliste möglichst weit oben zu landen. Die Punkte sammelt man, indem man Wahlkampfaufgaben erledigt. Die unterschiedlichen Aufgaben werden von der kantonalen oder nationalen Partei gestellt – von Social Media Posts über Umfragen ausfüllen bis zu Events, die man besuchen soll. Je wichtiger oder aufwendiger die Aufgabe, desto mehr «Heldinnenpunkte» gibt es dafür.
«Wir versuchen, spielerische Anreize zu schaffen, sich für die Grünen zu engagieren. Diese sogenannte ‹gamification› gilt auch bei anderen Apps als Mittel, dass die App immer wieder genutzt wird», sagt Glättli. Der Plan scheint vorerst aufzugehen. Viele Kandidierende haben schon fleissig Punkte gesammelt, denn hinter den Kulissen ist die App bereits im Einsatz.
Ob Punkte sammeln ausreicht, um durchschnittliche Nutzer bei Laune zu halten? Reale Preise gibt es noch keine, aber es gebe Ideen, so Glättli. «Als Präsident würde ich gerne dazu beitragen – indem ich zum Beispiel besonders engagierte Grüne zu einem Apéro und Gesprächsaustausch einlade.»
Direkte Kommunikation
Ausser der Motivation durch Punkte soll die App aber auch andere Funktionen erfüllen: «Die App soll ermöglichen, direkter mit unseren Mitgliedern zu kommunizieren», so Glättli. Bisher sei diese Kommunikation vor allem über E-Mails gelaufen.
Doch eine App sei besser. «Denn die meisten Menschen tragen das Handy immer mit sich – und reagieren dort rasch auf Notifications», ist sich Glättli sicher. Ein weiterer Vorteil: Die Parteizentrale hat eine Übersicht, wer was wann macht und kann etwa Erinnerungen verschicken.
Programmiert wurde die App von den Grünen selbst. Dafür wurde eine Person angestellt, bestehende Mitarbeiter arbeiteten am Projekt. Insgesamt dürfte die App rund einen Achtel der Mega-Spende kosten – um die 150’000 Franken. Den Rest des Geldes geben die Grünen weiter an die Kantonalparteien und die jungen Grünen. Zudem werden für Kandidierende und Mitglieder mit dem Geld Kurse über den Umgang mit Hatespeech organisiert.
Schlechte Umfragen
Für die Grünen wird es kein einfacher Wahlkampf – mit oder ohne App. In den Umfragen haben sie bisher schlecht abgeschnitten. Dies, obwohl das Thema Klima die Bevölkerung beschäftigt. Die Erfolge der grünen Welle 2019 scheinen aktuell in weiter Ferne.
Sieg oder Niederlage – für die App hat Glättli über die Wahlen hinaus grosse Pläne. Er erwartet, dass sie in der künftigen Parteiorganisation eine zentrale Rolle spielen wird: Natürlich werde weiter auch via Mails und Zeitschrift kommuniziert, «aber meine Vision wäre schon, dass die Organisation der Aktivmitglieder künftig vor allem über die App läuft.»