Die F-35 ist der «tödlichste Kampfjet der Welt» — so wirbt US-Hersteller Lockheed Martin selbstbewusst. Sicher ist: Die F-35 ist der modernste der vier zur Auswahl stehenden Flieger. Das Risiko ist kleiner, dass sie technisch bald überholt sein wird.
Doch die F-35 kämpft auch immer wieder mit Kinderkrankheiten. Im Herstellerland USA sorgt sie wegen zahlreicher Mängel, Verzögerungen und hoher Mehrkosten immer wieder für Sorgenfalten. Die Politik entschied sich dennoch gegen einen Abbruch des F-35-Programms, weil schlicht schon viel zu viel Geld drinsteckt.
Vorteil: Tiefe Kosten
Die F-35 ist nicht nur topmodern, sie soll auch noch deutlich günstiger sein als ihre Konkurrenz. Über eine Betriebszeit von 30 Jahren soll sie bis zu 2 Milliarden Franken günstiger sein. Verteidigungsministerin Viola Amherd (59) hatte daher gar keine andere Wahl, als den US-Jet zum Kauf vorzuschlagen. Insider sprechen von einem Dumping-Preis. Wegen der enormen Entwicklungskosten wollten die USA unbedingt so viele Flieger wie möglich an den Mann bringen.
Die Konkurrenz mag allerdings kaum an den Tiefstpreis glauben. Immerhin hängt dieser vor allem von den Kosten pro Flugstunde ab. Und bei der F-35 sind diese derzeit mit rund 36'000 Dollar etwa doppelt so hoch wie bei der Super Hornet von Boeing, der Rafale von Dassault oder dem Eurofighter von Airbus.
Die mögliche Lösung: Lockheed soll teure Flugstunden teilweise durch günstige Simulatoren-Stunden ersetzt haben. Diese Möglichkeit hätten die anderen Anbieter allerdings nicht erhalten, weshalb sie nun «ungleich lange Spiesse» reklamieren.
Gleichzeitig soll Lockheed versprochen haben, den Flugstundenpreis bis 2025 auf 25'000 Dollar zu senken. In den USA selber allerdings glaubt kaum mehr jemand, dass die eigentlich verordnete Zielgrösse von 24’000 Dollar Kosten pro Flugstunde jemals erreicht wird.
Vorteil: Tarneigenschaft
Das Erfolgsrezept sind die besondere Konstruktion sowie ein streng geheimer Anstrich der Hülle. Sie sorgen dafür, dass die F-35 auf feindlichen Radaren so gut wie unsichtbar wird. Entwickelt wurde die F-35 nämlich als Erstschlag-Bomber. Die Tarnkappenfähigkeit soll es Angreifern erlauben, unerkannt tief in gegnerisches Gebiet einzudringen, um dort feindliche Ziele anzugreifen.
Wozu die neutrale Schweiz eine solche Tarnfähigkeit benötigen sollte, ist allerdings kaum ersichtlich. Für die normale Luftpolizei- oder Defensiveinsätze spiele sie kaum eine Rolle, heisst es selbst aus Militärkreisen.
Vorteil: Datenaustausch
Die F-35 ist ein Computer mit Flügeln. Die moderne Sensorik kann im Sekundentakt Daten erkennen und verarbeiten. Allerdings: Die Fähigkeit sei nur dann voll auszuspielen, wenn grosse Kampfverbände von 12 bis 20 Jets in der Luft sind und alle gleichzeitig über dieselben Informationen verfügen müssen, schreibt der «Tagesanzeiger». Fliegen Schweizer in Zweierpatrouillen, sei das System gar nicht voll auszunützen.
Und gerade im Datenbereich liegen zudem die grössten Vorbehalte der Skeptiker. Sie warnen davor, dass die USA sicherheitsrelevante Daten einsehen und die Jets sogar fernsteuern oder am Boden behalten könnten. Bewiesen wurde das aber nie.
Vorteil: Ausbildung
Mit der F/A-18 nutzt die Schweizer Luftwaffe schon heute einen US-Jet und profitiert von gemeinsamen Pilotenausbildungen. Diesen Vorteil würde sie auch weiterhin gerne nutzen. Die Schweizer Piloten konnten schon bisher voll bezahlte Ausbildungskurse von mehreren Wochen in den USA absolvieren.
Möglicher Nachteil: Die Schweiz wird dafür wohl Flugzeuge in den USA stationieren müssen – genauso wie für mögliche Reparaturen oder Updates. Die Niederlande etwa hätten die ersten acht gekauften F-35 in den USA stationiert lassen müssen, um darauf die eigenen Piloten ausbilden zu können. Laut «Tagesanzeiger» sei der erste Jet erst drei Jahre nach Indienststellung in Holland gelandet.
Nachteil: Hohe Nebenkosten
Die als besonders tief angegebenen Betriebskosten der F-35 dürften nur die halbe Wahrheit sein. Denn auf die Schweiz kämen hohe Nebenkosten zu. Sie müsste wohl zusätzlich Hunderte Millionen in ihre Flugplatz-Infrastruktur stecken. Die USA verlangen für die F-35 deutlich erhöhte Sicherheitsstandards wie Sicht- und Spionageschutz. Davon können auch Belgien, Holland oder Dänemark ein Lied singen. Australien habe eine Flugbasis für eine halbe Milliarde aufrüsten müssen.
Bei den drei konkurrenzierenden Jets wären solche Anpassungen wohl nicht nötig. Infrastrukturkosten seien bei der Schweizer Kosten-Nutzen-Rechnung aber nicht gewertet worden. Sie kämen noch obendrauf. Die Gesamtrechnung sähe dann anders aus.
Nachteil: Viele Kinderkrankheiten
Seit Jahren kämpft die F-35 mit Kinderkrankheiten. Der Prüfbericht des US-Verteidigungsministeriums vom Februar 2020 zählte insgesamt 873 Software-Mängel auf. Hinzu kamen Probleme bei der Treffsicherheit der Bordkanone. Im Herstellerland USA sorgte das wiederholt für politische Kontroversen.
Auch musste der Tarnkappenjet zumindest zeitweise Gewitter und Blitze vermeiden. Bei Wartungen wurden Schäden an einem der Systeme festgestellt, die den Flieger vor Blitzen schützen. Heisst konkret: Ohne das System, das Inertgas in den Kraftstofftank verteilt, könnte der Jet bei einem Einschlag explodieren, hatte Lockheed Martin eingeräumt.
Zeitweise waren selbst innerhalb der Schweizer Armee Zweifel aufgekommen, wie interne Dokumente zeigten. So führten bei der F-35 die Typen B und C «ernsthafte Probleme bei der Verwendung des Nachbrenners» rasch zur Überhitzung des Flugzeughecks. Die Hitze könne zu Blasenbildung an der Tarnkappen-Schicht führen, räumten auch die USA ein. Bei der Schweizer Armee kam der Verdacht auf, dass auch der hier zur Auswahl stehende Typ A betroffen sein könnte. Hersteller Lockheed Martin bestritt dies stets.
Nachteil: Weniger Steigleistung
Die F-35 ist eigentlich nicht für den Luftpolizeidienst gedacht. Mit nur einem Motor braucht sie denn auch länger als die anderen Modelle, um die nötige Flughöhe zu erreichen. Das kann ein gewichtiger Nachteil sein, wenn es gilt, ein verdächtiges Flugzeug abzufangen. Auch ist der US-Jet weniger wendig, was in der kleinräumigen Schweiz ebenfalls kein Vorteil ist.