«Die Interessenlagen sind sehr unterschiedlich»
Witwenrenten-Wirrwarr ist perfekt

Die Reform der Witwenrenten sorgt für Wirbel. Erst recht, nachdem die SVP mit ihrem Deal die Debatte aufgemischt hat. Die Fronten bleiben aber verworren. So fordert nun etwa die FDP ein Gesamtkonzept für zivilstandsunabhängige Renten in der AHV.
Publiziert: 04.11.2024 um 18:06 Uhr
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Aktualisiert: 04.11.2024 um 20:51 Uhr
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Der Bundesrat will lebenslange Witwenrenten abschaffen.
Foto: CHRISTOF SCHUERPF

Auf einen Blick

  • Der Witwenrenten-Deal der SVP sorgt für Wirbel
  • Die FDP plant einen eigenen Rückweisungsantrag und fordert ein Gesamtkonzept
  • Die SP fordert Verbesserungen
  • Das Geschäft wird es wohl kaum in die Wintersession schaffen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

SVP-Chef Marcel Dettling (43) wirbelt mit seinem Witwenrenten-Deal mächtig Staub auf. Seine Partei werde einen Abbau bei den Witwenrenten nur unterstützen, wenn im Gegenzug die Ehepaar-Renten in der AHV aufgebessert werden.

Alternativ bringt er eine Sistierung der Vorlage ins Spiel, bis das Volk über die AHV-Initiative der Mitte entschieden hat. Diese will die Deckelung der Ehepaar-Renten abschaffen. Heute erhalten Ehepaare nämlich maximal nur 150 Prozent einer Altersrente – also höchstens 3675 Franken monatlich. Konkubinatspaare hingegen bekommen zwei separate Einzelrenten, zusammen bis zu 4900 Franken. 

Der SVP-Vorstoss bringt Dynamik in die Debatte. So nimmt auch Mitte-Chef Gerhard Pfister (62) den Ball auf. Er will das Geschäft an den Bundesrat zurückweisen, bis das Volk über die Initiative entschieden hat, wie er gegenüber CH Media erklärt. 

FDP will zivilstandsunabhängige AHV-Renten

Ähnlich tönt es bei der FDP. Sie wird diese Woche in der nationalrätlichen Sozialkommission ebenfalls einen Rückweisungsantrag einbringen, wie Nationalrat Andri Silberschmidt (30) gegenüber Blick bestätigt. Allerdings mit einer anderen Stossrichtung: «Wir wollen eine Reform der Witwenrenten, sind aber auch bereit, den Ehepaar-Plafond schrittweise zu erhöhen oder ganz abzuschaffen», so der Zürcher.

«Wir fordern daher zuerst ein Gesamtkonzept, wie eine AHV unabhängig vom Zivilstand aussehen könnte.» Dazu müssten auch die heutigen Privilegien für Verheiratete, wie etwa der 20-prozentige Verwitwetenzuschlag bei den Altersrenten, überdacht werden. Ebenso müssten die finanziellen Auswirkungen der möglichen Varianten aufgezeigt werden. «Der Systemumbau darf aber keine Mehrkosten für die AHV verursachen», betont Silberschmidt.

SP fordert Verbesserungen

Die SP zeigt sich offen, die Vorlagen gemeinsam anzuschauen. Fraktionschefin Samira Marti (30) fordert Pfisters Mitte aber auf, «die Witwen nicht für ihre eigene Initiative vor den Bus zu werfen». Eine einseitige Sparvorlage kommt für sie nicht infrage. Daher wird sie verschiedene Verbesserungsvorschläge einbringen. «Dass auch laufende Renten gestrichen werden, lehnen wir entschieden ab», so Marti. Auch die Übergangsfristen müssten deutlich ausgedehnt werden.

Zudem überlegt sich die Baselbieterin, ob es eine generelle Altersgrenze braucht, ab der die Witwenrente lebenslang gilt. «Im Schnitt bekommen Mütter mit 32 ihr erstes Kind. Das heisst, sie sind 57, wenn die Witwenrente wegfällt», illustriert Marti als Beispiel. «Da wird es schwierig mit einem neuen Job.» Es gebe zahlreiche weitere Detailfragen, die geklärt werden müssten.

Aufschub wie im Ständerat?

Klärungsbedarf im Witwenrenten-Wirrwarr ortet auch Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner (52, AI). Er sieht viele offene Fragen, die die Bundesverwaltung noch beantworten muss. Korrekturbedarf sieht er etwa bei der Besitzstand-Frage oder den Übergangsregelungen. Auch betreffend Armutsrisiko von Verwitweten brauche es genauere Abklärungen, so Rechsteiner. Er geht davon aus, dass die Verwaltung noch einige Prüfaufträge erledigen muss, bevor die Kommission definitiv über die Vorlage entscheidet. «Das käme faktisch einer Sistierung gleich.» 

Damit zeichnet sich ab, dass die nationalrätlichen Sozialpolitiker den gleichen Weg wählen dürften wie ihre Pendants im Ständerat. Letztere nehmen sich bei der Finanzierung der 13. AHV-Rente Zeit bis Anfang kommendes Jahr und lassen bis dahin auch Finanzierungslösungen für den von der Mitte geforderten AHV-Ausbau ausarbeiten.

So wird es auch die Witwenrenten-Vorlage kaum in die Wintersession schaffen und wohl erst kommendes Jahr weiterberaten. Die Fronten bleiben aber verworren. «Die Interessenlagen sind sehr unterschiedlich», konstatiert SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (45). «Kommen wir mit unserem Kompromissvorschlag in der Kommission nicht durch, sollten wir zuerst über die Mitte-Initiative abstimmen, bevor wir weitere Schritte planen.»

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