Auf einen Blick
- SVP will Abbau der Witwenrenten nicht einfach mittragen
- SVP-Parteichef fordert höhere Ehepaar-Renten
- AHV könnte im Jahr 2030 rund 350 Millionen Franken sparen
Der vom Bundesrat geplante Abbau der Witwenrenten sorgt für Unmut. Der Verwitweten-Verein Aurora warnt vor Vorsorgelücken bei den Betroffenen. Die SP spricht von einem sozialpolitischen Kahlschlag.
Künftig will der Bundesrat keine lebenslangen Hinterlassenenrenten mehr auszahlen. Eine Rente erhalten neu Verwitwete maximal nur noch bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes. Teils werden sogar laufende Renten gestrichen. Die AHV würde im Jahr 2030 gut 350 Millionen Franken, längerfristig gar eine Milliarde sparen.
In der Vernehmlassung waren die Fronten klar: Links-grün kritisierte die bundesrätlichen Abbaupläne, die Bürgerlichen stimmten grundsätzlich zu. Auch die SVP begrüsste damals die Vorlage und sprach mit Blick auf die Abschaffung der lebenslänglichen Witwenrente von einem «längst fälligen Schritt».
Parteichef sorgt für Kurswechsel
Tempi passati! Die SVP hat bei der Auseinandersetzung um die 13. AHV-Rente oder die Pensionskassen-Reform zu spüren bekommen, dass die Renten-Thematik für die Basis ein sensibles Thema ist. Ein Teil stimmt da auch mal mit den Linken.
Der neue SVP-Parteichef Marcel Dettling (43) hat ein Sensorium dafür. «Der Staat verschenkt haufenweise Geld ins Ausland und will bei den eigenen Leuten sparen, das sorgt bei der Bevölkerung für Ärger», sagt er zu Blick. «Der Bund muss zuerst bei sich ansetzen, bevor er auf dem Buckel der Witwen spart.»
Traditionelles Familienbild
Für ihn steht dabei das traditionelle Familienbild im Fokus, verheiratete Eltern mit Kindern. Mit dem Mann als Ernährer und der Frau als Mutter und Hausfrau. «Die Witwenrente bietet in der Ehe einen Schutz, den wir nicht einseitig schwächen dürfen.»
Die SVP hat ihre Haltung daher neu justiert und will den Abbau der Witwenrenten nicht einfach so mittragen. «Es braucht eine Gegenleistung», macht Dettling klar.
Er hat bereits eine konkrete Idee, welche Gegenleistung in die Waagschale geworfen werden soll. Er will an den Ehepaar-Renten in der AHV schrauben. Dort haben Verheiratete derzeit das Nachsehen: Ehepaare erhalten maximal 150 Prozent einer Altersrente – also höchstens 3675 Franken monatlich. Konkubinatspaare hingegen bekommen zwei separate Einzelrenten, zusammen also maximal 4900 Franken. Das will Dettling ändern.
«Wir bieten Hand zur Anpassung der Witwenrenten, wenn im Gegenzug der Ehepaar-Plafond in der AHV auf mindestens 175 Prozent steigt. Damit wird die Ehe besser geschützt.»
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Auch die Mitte will dies mit einer Volksinitiative ändern und die Deckelung sogar ganz streichen. Dettling nimmt diese Forderung als Anknüpfungspunkt, um ein neues Paket zu schnüren. «Das wäre ein Signal an die Bevölkerung, dass wir nicht nur abbauen, sondern auch gezielt verbessern.»
Aeschi bringt Antrag in die Kommission
Schon nächste Woche beugt sich die zuständige Sozialkommission des Nationalrats über das Geschäft. «Wenn wir dort nicht durchkommen, müssen wir die Witwenrenten-Reform sistieren, bis über die Heiratsstrafe-Initiative der Mitte entschieden ist», so Dettling.
Da er nicht selber in der Kommission sitzt, bringt Fraktionschef Thomas Aeschi (45) den Antrag für den höheren Ehepaar-Plafond ein. Der Zuger betont, dass die SVP der Begrenzung der Hinterlassenenrente auf Personen mit Kindern bis 25 Jahre nur zustimmen könne, wenn gleichzeitig die Benachteiligung von verheirateten Paaren bei Steuern und Renten aufgehoben werde. «Gerade mit der Individualbesteuerung würde diese aber noch verschärft», so Aeschi. «Ein Päckli bei Hinterlassenenrente und Ehepaar-Plafonds macht daher Sinn.»
SP hält nichts vom «Kuhhandel»
Offen bleibt, ob die SVP Verbündete findet für ihren Deal. Bei der Mitte dürfte die Idee durchaus auf Sympathien stossen. Wobei sie aber genau prüfen wird, ob sie den Fokus nicht doch besser auf ihrer eigenen Initiative belässt.
Auf null Anklang stösst der Deal bei der SP, wie Co-Fraktionschefin Samira Marti (30) deutlich macht. «Schön, dass die SVP die Sozialpolitik für sich entdeckt», sagt sie zu Blick. Es sei aber falsch, Witwen und Ehepaare gegeneinander auszuspielen. «Die SVP macht Verwitwete zum Bauernopfer in diesem Kuhhandel, da machen wir nicht mit.»