Der EU-Deal solls möglich machen – Maillard skeptisch
Fährt Flixtrain bald in die Schweiz?

Mit dem neuen EU-Deal können auch ausländische Bahnunternehmen Zugverbindungen in die Schweiz anbieten. Das ruft Flixtrain auf den Plan. Doch es gibt Hürden.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Grüne Flixtrain-Züge bald auch in der Schweiz?
Foto: imago images/Rüdiger Wölk

Auf einen Blick

  • Flixtrain will in die Schweiz fahren, SBB droht Konkurrenz
  • Öffnung des Bahnmarkts Teil des EU-Deals, Fokus auf internationale Strecken
  • Zehn Pilotprojekte von EU unterstützt, darunter Zürich–München
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Tobias BruggmannRedaktor Politik

Den SBB droht giftgrüne Konkurrenz: Der Verkehrskonzern Flix, zu dem unter anderem die Flixbusse gehören, hat auch einen Bahn-Ableger: Flixtrain. Der soll schon bald in die Schweiz fahren können.

Kurz vor Weihnachten hat der Bundesrat um Aussenminister Ignazio Cassis (63) die Grundzüge des EU-Deals vorgestellt. Ein Abkommen davon regelt unter anderem den Schienenverkehr. Neu soll der Bahnverkehr für internationale Verbindungen zumindest teilweise geöffnet werden.

Verbindung von Zürich nach München im Fokus

Wenn die Deutsche Bahn von Hamburg nach Zürich unterwegs ist, bietet sie die Verbindung bislang zusammen mit den SBB an. Neu sollen auch ausländische Bahnunternehmen alleine in die Schweiz fahren dürfen. 

Mit den Rädern scharrt Flixtrain. Der Konzern interessiert sich insbesondere für die Verbindungen zwischen Zürich und München. Die Strecke ist eins von zehn Pilotprojekten, die die Europäische Union unterstützt. Ein konkretes Startdatum gibt es noch nicht. Man stehe im Austausch mit der EU-Kommission und dem Schweizer Bundesamt für Verkehr, heisst es von Flixtrain.

Sie könnte nicht die einzige Strecke sein, auf dem grüne Züge rollen. «Denkbar wäre zum Beispiel eine Verlängerung unserer Linie Berlin–Basel nach Zürich», schreibt ein Sprecher. Bislang endet der Zug am Bahnhof Basel Badischer Bahnhof. Der liegt zwar in der Schweiz, gehört aber zum deutschen Eisenbahnnetz – damit gilt dort EU-Recht.

Aktuell gehe es darum, Partner zu finden, schreibt Flixtrain. «Wir wollen mit einem erfahrenen, lokalen Schweizer Unternehmen zusammenarbeiten – auch wenn wir nach den neusten Entwicklungen sogar alleine operieren dürften, das ist aber nicht unsere Präferenz.» Bedeutet: Auch wenn das Volk dem EU-Deal letztlich zustimmt, dürfte es auf eine Kooperation hinauslaufen.

SBB-Präsidentin Monika Ribar (65) bestätigte im vergangenen August in einem Interview mit der «NZZ», dass es Kontakte gegeben hätte. Doch seit knapp einem Jahr habe man nichts mehr von Flixtrain gehört. «Der Ball liegt im Moment bei ihnen. Wir sind offen.» Gemäss SBB-Medienstelle sind diese Aussagen auch heute noch aktuell. Auch mit der Südostbahn gab es bislang keine Gespräche.

Taktfahrplan muss eingehalten werden

Auch wenn der EU-Deal kommt: Für Flixtrain wird es nicht einfach. Um den Service public zu schützen, muss zum Beispiel der Taktfahrplan in der Schweiz eingehalten werden, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65) im Dezember. Das könnte aber bedeuten, dass Flixtrain nur zu Randzeiten fahren darf. 

«Wir möchten nicht in das engmaschige Schweizer Netz eingreifen, sondern auf den internationalen Verbindungen eine attraktive Alternative für den Kunden darstellen», schreibt ein Flixtrain-Sprecher. Man wolle aber attraktive Abfahrtszeiten wählen. «Beispielsweise fahren in Zürich alle Züge zur vollen Stunde ab, danach kehrt erst einmal Ruhe im Bahnhof ein, genau da würden wir versuchen, eine Abfahrt einzuplanen.» Der Fokus liege auf langen internationalen Strecken. «Wir brauchen keine Anschlüsse auf bestimmte Züge mit nur 2 oder 3 Minuten Übergangszeit.»

Doch es gibt noch weitere offenen Fragen. «Ausländische Bahnunternehmen müssen sich ans schweizerische Tarifsystem halten. Das heisst unter anderem Anerkennung von Generalabonnement und Halbtax», sagte Parmelin. Flixtrain stellt sich hingegen auf den Punkt, dass es sich um ein internationales Angebot handelt – «daher sind wir davon ausgenommen». Erst die Details der Verträge, die im Frühjahr veröffentlicht werden, dürften zeigen, wie teuer die Billette dann werden.

Umstrittene Öffnung

Flix ist nicht das einzige Verkehrsunternehmen, das sich für den Schweizer Markt interessiert. So verfolgt auch die österreichische Westbahn die Entwicklungen mit «hohem Interesse». «Wir werden auch unsere Expansionsprioritäten anders ordnen, sobald nähere Informationen vorliegen.» Das werde aber auch von Trassenangeboten und den Preisen abhängen.

Die Öffnung des Bahnmarkts ist nicht unumstritten. Der oberste Gewerkschafter Pierre-Yves Maillard (56) sagte im Blick-Interview: «Es wird der Schutz der Schweizer Arbeitsbedingungen versprochen, und Dumpingpreise sollen nicht möglich sein. Aber die Kooperationspflicht mit den SBB wird aufgehoben. Solange wir das Resultat nicht schwarz auf weiss haben, bleibe ich skeptisch.»

In eine ähnliche Richtung tönt es bei der Bähnler-Gewerkschaft SEV. Sie fordert Schutzmassnahmen für das Personal und befürchtet weniger Qualität und Dumping bei den Arbeitsbedingungen.

Klar ist also: Bis tatsächlich grüne Züge in der Schweiz fahren, muss noch einiges passieren. Doch die ersten Weichen sind gestellt.

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