Verschärft sich die Corona-Situation weiter, folgt auf die jetzige 19-Uhr-Sperrstunde bald schon ein stärkerer Lockdown. SP-Gesundheitsminister Alain Berset (48) hat drei unterschiedlich harte Massnahmenpakete in die Konsultation gegeben. Je nach Entwicklung entscheidet der Bundesrat schon am Freitag, denn die Kantone drücken bereits aufs Gas.
Bei den Beizen ist die Sache klar: Diese müssten als erste vollständig schliessen. Ganz anders sieht es beim Shopping aus – je nach Variante gelten für Einkaufsläden: weniger Kunden, kürzere Öffnungszeiten oder vollständige Schliessung. BLICK erklärt, wie das Shopping künftig läuft.
Heute: Sperrstunde ab 19 Uhr
Aktuell gilt für Einkaufsläden eine Sperrstunde zwischen 19 und 6 Uhr. An Sonntagen und Feiertagen dürfen die Läden aber nicht öffnen. Die sonntäglichen Weihnachtsverkäufe fallen damit ins Wasser.
Zudem sind die Kunden-Kapazitäten beschränkt: In kleinen Läden mit bis zu 30 Quadratmetern Ladenfläche ist ein Kunde pro 4 Quadratmeter zugelassen, in grösseren Läden muss jeder Kunde mindestens 10 Quadratmeter zur Verfügung haben.
Erste Stufe: Status quo für Shopper
Die erste Eskalationsstufe in Bersets Lockdown-Plänen muss die Shopper nicht gross kümmern. Während Beizen oder Kinos schliessen müssen, bleiben Einkaufsläden wie bis anhin geöffnet.
Die Ladenbetreiber hoffen, dass es vorerst beim Status quo bleibt. Gerade während der umsatzstarken Weihnachtszeit.
Zweite Stufe: Auch samstags zu
Schon das zweite Massnahmenpaket hat es für die Ladenbesitzer in sich: Zwar bleibt die Sperrstunde von 19 bis 6 Uhr bestehen. Doch ist nicht nur sonntags Schluss mit Shopping, sondern auch am Samstag. Die Läden müssen übers ganze Wochenende hinweg dicht machen, die Shopper müssten auf die Werktage ausweichen.
Unter der Woche dürfen sie zudem weniger Kunden in den Verkaufslokalen drängen. Die Kapazitätsgrenzen werden beschränkt. Läden bis 40 Quadratmeter Verkaufsfläche dürfen maximal drei Kunden begrüssen. Für Läden zwischen 41 und 500 Quadratmetern gelten 10 Quadratmeter pro Kunde als Vorgabe, es dürfen aber mindestens fünf Personen rein. Für Läden mit 501 bis 1500 Quadratmetern müssen pro Kunde 15 Quadratmeter zu Verfügung stehen, aber mindestens 50 Kunden dürfen auf jeden Fall in den Laden. Bei grösseren Geschäften gelten 20 Quadratmeter pro Kunde als Richtwert, mindestens 100 Kunden sind aber zugelassen.
Diese «dynamische Regelung bei der Quadratmeterbegrenzung» geht auf einen Vorschlag der Swiss Retail Federation zurück.
Dritte Stufe: Laden runter
Im dritten Paket geht es auch den Läden ans Eingemachte. «Einkaufsläden und Märkte sind für das Publikum geschlossen», heisst es im Verordnungsentwurf. Kleiner Lichtblick: Sogenannte «Click and Collect»-Modelle sind zulässig. Bestellte Ware darf also vor Ort abgeholt werden.
Im Laden-Lockdown gibt es aber auch Ausnahmen, da die Versorgung der Bevölkerung mit dem Notwendigsten ja weiterhin sichergestellt werden muss.
Im Bereich der Lebensmittel schlägt Berset zwei Varianten vor: Jene Lebensmittelläden sowie sonstige Läden (zum Beispiel Kioske oder Tankstellenshops) dürfen öffnen, bei denen der Lebensmittelverkauf mindestens zwei Drittel des Umsatzes ausmacht. Öffnen dürften auch die Lebensmittelabteilungen von Warenhäusern. In der zweiten Variante dürften jene Läden öffnen, die «Konsumgüter des kurzfristigen und täglichen Bedarfs» verkaufen – wobei diese in einer fixen Liste vorgegeben sind. Dazu zählen etwa Lebensmittel, aber auch Hygieneartikel, Zeitungen oder Schreibwaren. Produkte, die nicht auf der Liste stehen, müssten abgedeckt werden. «Das Sonntagsverkaufsverbot wird für diese Geschäfte aufgehoben», heisst es zudem im erläuternden Bericht.
Ausgenommen vom Laden-Lockdown wären zudem Apotheken, Drogerien, Verkaufsstellen von Telekommunikationsanbietern. Aber auch Reparatur- und Heimwerkergeschäfte wie Gartenläden oder Fahrradgeschäfte. Und schliesslich auch Blumenläden.
Auch hier würden überall die strengeren Kapazitätsbeschränkungen gelten.
Detailhandel wehrt sich
Die Vorschläge sind derzeit bei den Kantonen in Konsultation. Doch schon jetzt ist klar, dass sich Händler und Gewerbe gegen die Pläne wehren werden.
Dagmar Jenni, Geschäftsführerin der Swiss Retail Federation, will sich zwar noch nicht im Detail zu den Plönen äussern. Nur so viel: «Die Variante Lockdown light mit Schliessung am Samstag ist schlicht und ergreifend kein Lockdown light für den Detailhandel», sagt Jenni. «Wir verstehen absolut nicht, weshalb man nochmals die Einkaufszeiten kappen sollte, nachdem man gerade eben so eingreifend die Öffnungszeiten beschnitten hat. Wann sollen Berufstätige noch einkaufen können?»
Kundenströme sollten verteilt und nicht mit Massnahmen zusätzlich konzentriert werden, betont Jenni. «Letztlich wären die Umsatzausfälle dann teilweise für gewisse Formate so hoch, dass es ein de facto Lockdown ist.»
Beschränkungen für Warteschlangen?
Sollte der Bundesrat allerdings daran Plänen festhalten, schlägt die Swiss Retail Federation in einer Stellungnahme zusätzliche Begleitmassnahmen vor. Der Verband befürchtet nämlich, dass es mit den Kapazitätsbeschränkungen zu Warteschlangen vor den Geschäften kommt.
Er fordert für den Ernstfall auf, auch die maximale Anzahl erlaubter Kunden in Warteschlangen zu beschränken und eine strikte Maskentragepflicht in der Warteschlange zu erlassen. Zudem soll der Bundesrat regeln oder zumindest zu empfehlen, dass grundsätzlich maximal zwei Personen aus dem gleichen Haushalt zusammen einkaufen sollen. Kinder unter 12 Jahren sollten dabei aber von dieser Regel ausgenommen werden.
Der Verband macht zudem bereits auf die zu erwartenden Umsatzeinbussen aufmerksam. «Aus diesem Grund müssen nun flankierende Massnahmen wie Entschädigungen für die betroffenen Geschäfte etabliert werden», heisst es in der Stellungnahme.
Alles hängt von der Corona-Entwicklung ab
Noch ist offen, welches Paket wann zum Tragen kommt. Das alles hängt von der Entwicklung der Corona-Fallzahlen und Intensivbetten-Kapazitäten ab. Spätestens am 28. Dezember will Berset mit seinem Bundesratskollegen diskutieren, ob schon weitere Massnahmen nötig sind.
Steigen die Corona-Zahlen aber rasch an, könnten schon diesen Freitag erste Entscheide fallen.