Kantone wollen Beizen schneller schliessen
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Kantone machen Berset Beine:Jetzt ist plötzlich der Bundesrat der Trödler

Jetzt ist plötzlich der Bundesrat der Trödler
Kantone wollen Beizen schneller schliessen

Bundesrat Alain Berset schlägt den Kantonen drei neue Massnahmenpakete vor, um die Corona-Krise zu bewältigen. Aber er will bis nach Weihnachten warten. Das geht den Kantonen zu wenig schnell.
Publiziert: 15.12.2020 um 01:33 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2020 um 20:35 Uhr
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Bundesrat Alain Berset hat Vorschläge zum Kampf gegen das Coronavirus gemacht. Sie hängen von der Entwicklung der Pandemie ab.
Foto: Keystone
Sermîn Faki und Ruedi Studer

Wie Corona stoppen, vor allem über die Festtage? Das ist die grosse Frage, vor der Bund und Kantone stehen. Gesundheitsminister Alain Berset (48) schlägt drei unterschiedlich scharfe Massnahmenpakete vor – je nach epidemiologischer Entwicklung.

Allerdings will Berset mit dem Entscheid bis nach Weihnachten warten. Erst dann sehe man, wie sich die 19-Uhr-Sperrstunde und das Verbot von Sonntagsverkäufen, das der Bundesrat am letzten Freitag beschlossen hat, auswirkten.

Das allerdings geht den Kantonen zu lang. Ausgerechnet die Trödler machen nun dem Bundesrat Beine! So forderten die Gesundheitsdirektoren am Montag, dass «rasch entschlossene Massnahmen» folgen, wie deren Präsident Lukas Engelberger (45) nach einer Sitzung am Montag bestätigte.

Geht es nach den Kantonen, soll der Bund schon diesen Freitag härtere Massnahmen verfügen. Konkret wollen sie die Restaurants schliessen lassen. Einen Corona-Graben wie letzte Woche, wo sich die Westschweiz gegen die Polizeistunde um 19 Uhr wehrte, gebe es diesmal nicht.

Beizen im Fokus

Dass es zuerst den Beizen an den Kragen gehen soll, hat mehrere Gründe. Erstens ist es eine epidemiologisch sinnvolle Massnahme – was etwa der Berner Regierungspräsident Pierre Alain Schnegg (58) am Montag unterstrich. Denn dort sitzen fremde Menschen mehrere Stunden ohne Maske in einem geschlossenen Raum, es wird geredet und gelacht. Das macht es dem Virus leicht, sich zu verbreiten.

Zweitens sind auch die Wirte einer Schliessung nicht abgeneigt, seitdem der Bund Entschädigungen in Aussicht gestellt hat. Mit der aktuellen Polizeistunde um 19 Uhr entgeht ihnen sowieso ein Grossteil des Umsatzes. Als «Tod auf Raten» hat das Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (58) bezeichnet – und eine behördliche Schliessung samt Entschädigung gefordert.

Berset lässt sich eine Hintertür offen – und die braucht er auch

Berset hält sich eine Hintertür für einen schnellen Entscheid offen: Der Bundesrat werde am Freitag «die aktuellsten Daten analysieren und eine Beurteilung vornehmen, ob unmittelbarer Handlungsbedarf besteht», heisst es. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der aktuelle R-Wert «rasch und stark steigen sollte». Wenn also der Wert steigt, der aufzeigt, wie viele Leute ein Infizierter ansteckt.

Nun, an dem gemessen dürfte es ziemlich schnell gehen: Denn schon am
4. Dezember – das ist der aktuellste verfügbare Reproduktionswert – lag der R-Wert bei 1,13. Hundert Infizierte stecken nach diesem 113 weitere Leute an. Bei einem solchen Wert müsste der Bundesrat nach Bersets Vorgaben diese Woche nicht nur die Beizen schliessen, sondern auch die Anzahl Kunden in den Läden reduzieren.

Drei Pakete

Im Detail sehen die Pläne Bersets wie folgt aus: Im Massnahmenpaket 1, das bei einem R-Wert über 1 und einer mehr als 80-prozentigen Auslastung der Intensivbetten zum Tragen käme, würden sämtliche Restaurants und Beizen geschlossen, nur noch Take-aways und Lieferdienste blieben gestattet. Ausgenommen wäre auch die Restauration für Hotelgäste.
Auch Freizeit- und Sportbetriebe müssten schliessen, ebenso wie Museen, Galerien, Kinos, Bibliotheken, botanische Gärten, Zoos und Casinos.

Würde der R-Wert auf über 1,1 steigen oder die Intensivstationen zu mehr als 85 Prozent belegt sein, würde zusätzlich die erlaubte Kundenzahl in Geschäften weiter reduziert. Und am Wochenende dürften sie gar nicht mehr öffnen. Zudem sollen Risikopersonen das Recht auf Homeoffice bekommen, wie dies schon im Frühling der Fall war. Die Bevölkerung würde aufgefordert, zu Hause zu bleiben und auf Reisen zu verzichten.

Drittes Paket

Im Massnahmenpaket 3 – der R-Wert steigt über 1,2 oder es gibt weniger als zehn Prozent freie Intensivbetten – würden Läden komplett geschlossen, ausser notwendigen Geschäften wie Lebensmittelläden, Apotheken und so weiter. Das Sonntagsverkaufsverbot wird für diese Geschäfte aufgehoben. Auch Coiffeure dürften offen bleiben. Private Veranstaltungen dürften nur noch mit maximal zehn Personen aus zwei Haushalten durchgeführt werden. Auch im öffentlichen Raum dürften sich nur noch zehn Personen treffen.

Skigebiete nicht aus dem Schneider

Die Skigebiete sind übrigens nicht Teil von Bersets Plänen. Es bleibe Aufgabe der Kantone, Schutzkonzepte nur dann zu bewilligen, wenn die Vorgaben in der Verordnung sichergestellt seien.

Allerdings hält Berset explizit fest, dass je nach Entwicklung «auch die Schliessung von Skigebieten durch den Bundesrat geprüft werden muss». Das hänge auch von den Erfahrungen über die Festtage ab, droht er. So sei es schwierig erklärbar, «dass die Skigebiete trotz Ladenschliessungen weiterhin offen bleiben sollten».

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