Was Stimmen kosten könnte
Wird er doch nicht Bundesrat? Das sind Markus Ritters Baustellen

Wer folgt auf Mitte-Bundesrätin Viola Amherd? Jetzt biegen die Kandidaten in die heisse Wahlkampfphase ein. Markus Ritter ist viel bekannter, doch er hat einige Baustellen. Helfen diese seinem Kontrahenten?
Publiziert: 18.02.2025 um 14:05 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2025 um 18:49 Uhr
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Markus Ritter und Martin Pfister wollen in den Bundesrat. Am Wochenende stellten sie sich einem Hearing der Jungen Mitte.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Markus Ritter und Martin Pfister kandidieren für Bundesratswahl am 12. März
  • Ritters religiöse Verbindungen und Pfisters Interesse an Alternativmedizin sorgen für Diskussionen
  • Die Wahl dürfte spannend werden, Ausgangslage überraschend offen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Markus Ritter (57) gegen Martin ... wer? Die Ausgangslage für die Bundesratswahl am 12. März schien am Anfang eindeutig: Nationalrat Markus Ritter, Präsident des Bauernverbandes und eine einflussreiche Figur in der Politik, gilt auf dem Papier als Favorit für die Nachfolge von Mitte-Frau Viola Amherd (62).

Sein Herausforderer, der Zuger Regierungsrat Martin Pfister (61), ist weit weniger bekannt und wird darum eher als Aussenseiter betrachtet. Doch ist die Sache wirklich so klar? In den nächsten drei Wochen werden sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Bern entscheiden, wem sie die Stimmen geben könnten. Nun geht das Feilschen um die 246 Stimmen der Politiker los.

Nie wird so viel getratscht wie vor Bundesratswahlen. Blick hat sich in allen Parteien umgehört – und präsentiert die an Ritter geäusserten Kritikpunkte, die den vermeintlichen Favoriten wichtige Stimmen kosten können.

Baustelle I: Noch ein Bauer mehr im Bundesrat?

Wie viele Bauern sollen im Bundesrat sitzen? Mit Ritter wären die Personen mit landwirtschaftlichem Hintergrund in der Landesregierung in der Überzahl. Guy Parmelin (65) ist Weinbauer, Albert Rösti (57) Agronom und auch SP-Bundesrat Beat Jans (60) ist ausgebildeter Landwirt und Umweltwissenschaftler.

Insbesondere in der FDP gibt es Unbehagen, mit Ritter nochmals einen Bauernvertreter in den Bundesrat zu wählen. So sagt etwa FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (43) gegenüber SRF: «Die Grundsatzfrage ist sicher, wie viel Landwirtschaftsvertretung es im Bundesrat sein soll.» Pfister als Zentralschweizer Regierungsrat bringe «hier sicher einen anderen Gesichtspunkt mit», was ihn interessant mache.

Auch prominente Mitte-Parlamentarier sagen hinter vorgehaltener Hand, es helfe der Mitte nicht dabei, sich weiter als urbane und weniger konservative Partei zu präsentieren, wenn der oberste Bauernlobbyist für die Partei in der Regierung sitzt.

Baustelle II: Helfen die Stossgebete?

Womit wir bei der Gretchenfrage wären: «Nun sag, wie hast du's mit der Religion?» Während der bisherige Parteipräsident Gerhard Pfister (62) das christliche C aus dem Parteinamen CVP strich, setzt Ritter auf Gottes Segen bei der Wahl. Am Tag vor der Bundesratswahl will er nach Flüeli-Ranft, der Wirkstätte des Nationalheiligen Niklaus von Flüe, pilgern.

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Auch eine weitere Anekdote sorgt im Parlament für Tuscheln. So soll Ritter einst von Ex-Bundesrat Johann Niklaus Schneider-Ammann (72, FDP) gefragt worden sein, warum er stets so siegessicher sei. Ritter antwortete: «Ich habe tausend Berner, die jede Woche für mich beten.» Bis heute wird Ritter von evangelikalen Gruppen unterstützt, die jede Woche für ihn beten. Er darf den Mitgliedern per Mail mitteilen, wofür sie beten sollen.

EDU-Nationalrat Andreas Gafner (53) hofft deshalb, dass Ritter die Wahl schafft, wie er gegenüber der «NZZ» sagte: «Ich gehe davon aus, dass er seine auf einem religiösen Fundament basierende Haltung in die Regierung einbringt, gerade bei Themen wie Abtreibungen oder Eizellenspenden.» Gerade Feministinnen im Parlament geht das gegen den Strich. Ritter verschlimmerte die Situation gar noch, als er an seiner Medienkonferenz sagte, «das VBS ist schwierig für sie» – und damit die Frauen meinte.

Baustelle III: Ritters viele Feinde

Ritter gilt als starker Machtpolitiker. Gerade bei den Grünen gilt er als rotes Tuch; zusammenarbeiten sei mit ihm kaum möglich, heisst es aus deren Reihen. Als Präsident des Bauernverbandes hat er mit seinen Druckversuchen aber auch in anderen Fraktionen verbrannte Erde hinterlassen. Gerade bei einer geheimen und anonymen Wahl könnte sich das nun rächen.

Allerdings geben selbst SPler gegenüber Blick zu: Mit seiner harten Hand könnte der Bauernlobbyist das chaotische VBS wohl aufräumen. Das trauen sie Pfister weniger zu.

Baustelle IV: Chügeli-Freunde

In der Politik sollte je eigentlich rational entschieden und gehandelt werden. Die beiden Mitte-Kandidaten aber eint, dass sie der Alternativmedizin nicht abgeneigt sind. Pfister war sechs Jahre lang Präsident der Höheren Fachschule für Naturheilverfahren und Homöopathie.

Ritter wirft auch immer mal wieder ein homöopathisches Mittel ein, wie er der NZZ am Sonntag bestätigte. «Meine Frau gibt mir ab und zu ein paar Chügeli.» Auch bei den Kühen auf dem Hof versuchte er die Heilmethode. «Gerade bei langwierigen Krankheiten erzielen wir mit Leinsamen, Tee und Globuli gute Resultate», sagte Ritter. Die Debatte um die Komplementärmedizin ist damit wieder entbrannt.

Das Fazit

Das Rennen um die Nachfolge bei Amherd bleibt spannend. Ein Blick ins Milchbüechli zeigt: Das nötige absolute Mehr lag bei der Wahl von Albert Rösti (57, SVP) bei 122 Stimmen, bei Beat Jans (60, SP) bei 123 Stimmen und bei Elisabeth Baume-Schneider (61, SP) bei 123 Stimmen.

Lässt sich eine Partei bei der Bundesratsersatzwahl auf Spiele ein – und wählt abseits des Tickets –, könnte das Pfister weiter in die Karten spielen. Und dann wäre der Aussenseiter auf einmal der grosse Gewinner.

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