«Die SP hat eine Chance verpasst»
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Über das Aus von Evi Allemann:«Die SP hat eine Chance verpasst»

Nach Familienhype um Bundesrats-Kandidatur
SP lässt junge Mütter fallen

Wochenlang diskutierte die Schweiz darüber, ob eine junge Mutter Bundesrätin sein kann. Nun schafft es Evi Allemann nicht aufs SP-Ticket. Das entspricht dem Willen der SP-Basis.
Publiziert: 27.11.2022 um 00:53 Uhr
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Aktualisiert: 27.11.2022 um 10:05 Uhr
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Die Berner Regierungsrätin Evi Allemann hat es nicht aufs SP-Ticket für den Bundesrat geschafft.
Foto: keystone-sda.ch

Evi Allemann (44) ist raus. Gestern warf die SP-Fraktion die Berner Regierungsrätin aus dem Rennen um die Nachfolge von Simonetta Sommaruga (62) im Bundesrat. Auf dem Ticket der Sozialdemokraten stehen nun die Baslerin Eva Herzog (60) und die Jurassierin Elisabeth Baume-Schneider (58) – nach einem Wahlkrimi erster Güte.

In den ersten beiden Wahlgängen erhielten die drei Kandidatinnen praktisch gleich viele Stimmen; eine klare Favoritin gab es nicht. Erst die dritte Runde brachte Klarheit: Herzog (24 Stimmen) und Baume-Schneider (23) setzten sich gegen Allemann (14) durch.

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Mit ihrer Entscheidung für Herzog und Baume-Schneider bewegen sich die Parlamentarier auf der Linie ihrer Basis. Das zeigt eine repräsentative Umfrage mit rund 12 000 Stimmberechtigten, die das Forschungsinstitut Sotomo in den letzten Tagen auf Anfrage von SonntagsBlick durchgeführt hat. Von jenen Befragten, die der SP nahe stehen, votierten 59 Prozent dafür, Herzog aufs Ticket zu nehmen; 54 Prozent wollten auch Baume-Schneider nominiert sehen. Allemann liegt klar zurück. «Baume-Schneider ist die SP-Kandidatin der Herzen, Herzog jene des Kopfs», kommentiert Sotomo-Geschäftsführer Michael Hermann (50) das Resultat. Die Umfrage zeige, dass Basis und Fraktion in dieser Frage nahe beieinander lägen.

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Die Umfrage belegt überdies: Im Volk und über alle politischen Lager hinweg ist Herzog die Favoritin. Die Demoskopen fragten: «Stehen nur Herzog und Baume-Schneider zur Wahl – wen würden Sie wählen?» Herzog kommt auf etwas über die Hälfte der Stimmen, Baume-Schneider hätte die Unterstützung eines Drittels der Befragten.

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Kein Mami

Zum Thema junge Mütter zeigt die SonntagsBlick-Umfrage allerdings auch: Die SP-Fraktion hätte kaum an der Basis vorbeipolitisiert, hätte sie Evi Allemann – Mutter zweier schulpflichtiger Kinder – aufs Ticket gesetzt. In der Befragung sagten 82 Prozent der SP-Sympathisanten, eine Mutter schulpflichtiger Kinder im Bundesrat wäre für sie kein Problem.

Auch die Parteispitze hatte sich im Vorfeld gegenüber jungen Müttern sehr positiv geäussert. So sagte Co-Präsident Cédric Wermuth (36), im Ausland sei es «eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen im Amt weiterhin Mutter sein können». Die Präsidentin der SP-Frauen, Tamara Funiciello (32), meinte gar: «Es braucht junge Mütter im Bundesrat!» Nur so gehe es vorwärts mit der Gleichstellung.

Und selbst Pierre-Yves Maillard (54) warf sich für junge Mütter in die Bresche. «Wir haben junge Frauen, und ich hoffe, dass sie kandidieren und wir auch diese Kategorie der Bevölkerung einmal im Bundesrat haben können», liess der Gewerkschaftsboss Anfang November verlauten.

Entsprechend gross war die Erleichterung bei der SP-Spitze, als mit Evi Allemann doch noch eine junge Mutter ihren Hut in den Ring warf. Zuvor hatten sich mit Flavia Wasserfallen (43) und Rebecca Ruiz (40) bereits zwei Mütter mit schulpflichtigen Kindern aus dem Rennen genommen.

Nun aber ist von den jungen Müttern keine mehr übrig. Im Rennen bleiben zwei Kandidatinnen mit erwachsenen Kindern. Ist dieses Ergebnis eine Schlappe für das Co-Präsidium um Wermuth und Mattea Meyer (35)? «Dass Evi Allemann Mutter von zwei kleinen Kindern ist, war sicher kein Grund, dass es für sie nicht reichte», relativiert SP-Vizepräsident Jon Pult (38) gegenüber SonntagsBlick. Aber was gab dann den Ausschlag? «In einem äusserst knappen Rennen ist es wohl etwas schwieriger für Kandidierende, die nicht Mitglied der Fraktion sind», so Pult.

Baume-Schneider zu links?

Wie geht es weiter? Favoritin Herzog darf nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch im Parlament mit breitem Support rechnen. Baume-Schneider gilt vielen im bürgerlichen Lager als zu links – zudem stammt sie aus der Westschweiz. Drei Romands und ein Tessiner im Bundesrat, das wäre zu viel, verlautet es etwa aus der FDP-Spitze.

Auch in der SVP schütteln manche den Kopf über den gestrigen Entscheid der SP, eine Deutschschweizerin und eine Romande ins Rennen zu schicken. Fraktionschef Thomas Aeschi (43) hatte schon vor Wochen klargemacht, dass vier Lateiner im Bundesrat aus seiner Sicht gegen das Gebot einer angemessenen Vertretung der Sprachregionen verstossen würden.

Der Weg für Baume-Schneider dürfte also hürdenreich werden. Dennoch: Gelaufen ist das Rennen noch nicht.

Ein Mitte-Politiker sagt: «Es besteht das Risiko, dass Baume-Schneider gewählt wird. Das wäre aber nicht im Sinne der SP. Sie würde nämlich ohne Deutschschweizer im Bundesrat ins Wahljahr 2023 gehen.»

Was für die Wahl von Baume-Schneider spricht: Am Ende zählen nicht nur Herkunft und Positionierung, sondern auch persönliche Sympathien. Und da dürfte die zugängliche Jurassierin im Parlament eher punkten als die kühle Baslerin.

Endgültig entschieden wird in zehn Tagen. Dann schreitet die Vereinigte Bundesversammlung zur Wahl.

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