Im Nachhinein will es niemand gewesen sein. Fakt aber ist: Bei der Neubesetzung des vakanten SP-Bundesratssitzes hat der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch (58) satte 70 Stimmen erhalten – obwohl er es nie aufs offizielle Ticket der SP geschafft hatte. Bei den Genossen sorgte das für rote Köpfe.
SP-Co-Chef Cédric Wermuth (37) zeigt sich überzeugt: «Rund die Hälfte der rechten Parlamentarierinnen und Parlamentarier hat trotz anderslautenden Versprechen von Partei- und Fraktionsspitzen nicht einen der offiziellen SP-Kandidaten gewählt», lässt er sich von der «Sonntagszeitung» zitieren.
Wermuth droht mit Konsequenzen
Und Wermuth droht SVP, FDP und Mitte unverhohlen mit Konsequenzen. Dass sie sich trotz Beteuerungen nicht ans offizielle SP-Ticket gehalten haben sollen, könnte Auswirkungen auf eine künftige Bundesratswahl haben. «Ein grosser Teil unserer Fraktion wird sich daran erinnern, wenn es dereinst um die Nachfolge der amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte von Mitte, FDP und SVP geht», so Wermuth.
Was das konkret bedeuten soll, lässt Wermuth gegenüber der «Sonntagszeitung» offen. Denkbar wäre, dass sich die SP nicht mehr verpflichtet fühlen könnte, sich an ein Ticket einer anderen Partei zu halten, und deshalb eine wilde Kandidatur unterstützen würde.
SVP könnte als nächstes an der Reihe sein
Das könnte etwa einen möglichen Rücktritt von Wirtschaftsminister Guy Parmelin (64) betreffen. Der SVP-Bundesrat ist am längsten im Amt und könnte der Nächste sein, der sich aus der Regierung zurückzieht. Würde seine Partei für die Nachfolge also beispielsweise ein Ticket mit Fraktionschef Thomas Aeschi (44) und Nationalrätin Magdalena Martullo Blocher (54) aufstellen, könnte die SP eine andere Person wählen.
Sogar aus der Mitte-Partei seien Stimmen zu hören, die für einen solchen Fall bereits darauf verweisen würden, dass es in der SVP auch gute Regierungsrätinnen und Regierungsräte gebe, die für ein Bundesratsamt geeignet seien. Tatsächlich hat die Mitte das Ticket-System bei Bundesratswahlen bereits mehrfach kritisiert.
Die «Sonntagszeitung» verweist zudem auf Aussagen von Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (45), wonach die Parteien zu viel Einfluss auf die Bundesratswahlen hätten: «Es kann nicht sein, dass im Falle der Wahl eines wilden Kandidaten eine Staatskrise droht.» (dba)