Auf einen Blick
- Superblocks: Konzept für autofreie Quartiere beschäftigt auch den Bund
- Basel startet Superblock-Versuch, Bern und Zürich werden folgen
- 120 Parkplätze werden in Basel für einjährigen Superblock-Versuch aufgehoben
Für die einen ist es der Traum vom lebenswerten Quartier. Mehr Platz für Fussgänger und Velofahrer, weniger für Autos und Parkplätze! Für die anderen ist es schlicht das Gegenteil: Eine Schikane für Pendler und lokale Gewerbler, ein Angriff auf die Freiheit der Autofahrer!
Die Rede ist von Superblocks – oder von «Anti-Auto-Zonen», wie Kritiker schimpfen. Dabei handelt es sich um Quartiere, die für den motorisierten Durchgangsverkehr praktisch komplett gesperrt werden.
In immer mehr Schweizer Städten wollen Politiker auf Superblocks setzen – erste Versuche starten dieser Tage. Das Konzept, das aus der verkehrsgeplagten spanischen Metropole Barcelona stammt, ist rigoros. Es soll Städte verändern. Strassen werden begrünt statt befahren.
Bund lässt Superblocks erforschen
Superblocks sind mehr als Begegnungszonen. Sie bestehen aus mehreren Häuserblocks, innerhalb der Autos kaum noch erlaubt sind. Nur Anwohner, Lieferdienste und Notfallfahrzeuge dürfen mit Schritttempo hineinfahren. Der Verkehr wird über die Hauptstrassen aussen herum geführt, Parkplätze werden mehrheitlich abgebaut.
Zentral dabei: ein Geflecht aus einspurigen Einbahnstrassen. Der freigewordene Platz wird mit Bäumen, Blumenkübeln oder Spielplätzen ausgestattet. Die Lebensqualität soll erhöht, das Quartier im Sommer heruntergekühlt werden. Denn Städte verwandeln sich im Sommer oft in Hitzeinseln, wo die Temperaturen kaum auszuhalten sind. Superblocks könnten eine Lösung bieten.
Das Thema hat auch Bundesbern erreicht. Die Strassenbeamten von Verkehrsminister Albert Rösti (57, SVP) haben ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, das sich mit Systemen wie Superblocks befasst. Das bestätigt das Bundesamt für Strassen (Astra) gegenüber Blick.
Experten sollen herausfinden, wie Einbahnstrassen-Systeme in städtischen Quartieren zur Verkehrsberuhigung beitragen können. Man wolle «Stärken und Schwächen solcher Systeme» aufzuzeigen, erklärt eine Astra-Sprecherin. Am Ende soll ein Handbuch stehen, das die Schweizer Behörden nutzen können. Mit dem Projekt hat der Bund ein Zürcher Beratungsbüro beauftragt.
Basel sperrt Autos aus Quartierteilen aus
Superblocks nehmen vor allem in Grossstädten Fahrt auf – angetrieben von politischen Vorstössen. Am weitesten ist Basel: In den Quartieren Matthäus und St. Johann startet die Stadt dieses Jahr einen einjährigen Versuch mit Superblocks. Beschwerden dagegen wurden kürzlich abgewiesen, einzelne Einsprachen sind noch hängig. Für den Versuch werden temporär rund 120 Parkplätze in der Blauen Zone aufgehoben.
Aus den Erfahrungen soll ein Konzept entstehen, das später für die ganze Stadt gelten könnte. Das letzte Wort wird das Parlament haben. Die baselstädtischen Kantonsbehörden schwärmen: «Durch Superblocks kann die Wohnumfeldqualität verbessert und die Nachbarschaft gestärkt werden.»
Doch nicht alle sind begeistert. Kritiker befürchten, dass der Verkehr mit Superblocks nicht abnimmt, sondern sich nur verlagert. Der Automobilclub beider Basel spricht von «Quartier-Blockaden» und «grassierender Autofeindlichkeit». Es stehe «ausser Frage, dass infolge Strassensperrungen und Parkplatzabbau Umweg- respektive Suchverkehr entstehen wird». Selbst kurze Umwege seien mit unnötigen zusätzlichen Emissionen verbunden.
Gleich argumentiert SVP-Grossrat Joël Thüring (41). «Absurde Ideen wie Superblocks, die Autos aus ganzen Strassenzügen vertreiben sollen, werden dem Klima nicht etwa nutzen, sondern schaden», schrieb er in einer Kolumne in der «Basler Zeitung».
Bern und Zürich lancieren Tests
Auch die Stadt Bern will Superblocks testen. Im Murifeldquartier soll der Durchgangsverkehr reduziert und der Strassenraum nach den Wünschen der Anwohner und des Gewerbes gestaltet werden. Im Frühjahr beginne «der partizipative Prozess mit dem Quartier», wie es ein Sprecher der Stadtberner Verkehrsdirektion formuliert. «Ab Sommer dürften dann erste Verkehrsmassnahmen und temporäre Gestaltungen umgesetzt werden.»
In Zürich spricht man lieber von Quartierblöcken, das Konzept ist jedoch das gleiche. Vier Gebiete wurden für ein Pilotprojekt ausgewählt, derzeit werden mögliche Varianten ausgearbeitet. Man wolle «den Strassenraum in relativ kurzer Zeit aufwerten», heisst es bei der Stadt. In der Pilotphase werden flexible Elemente wie Bänkli oder Pflanzkübel eingesetzt.
Gegner des Zürcher Projekts kritisieren: Das Konzept aus Barcelona – die Innenstadt ist schachbrettartig mit quadratischen Gebäudeblocks angelegt – lasse sich nicht einfach kopieren. Mit diesem Argument hat Luzern die Idee vorerst verworfen. Die Stadt sei schlicht zu klein für Superblocks.