Auf einen Blick
- SVP-Vorstoss für Benzinpreissenkung stösst auf Widerstand beim TCS
- 50'000 Staustunden jährlich auf Schweizer Strassen
- Es brauche Massnahmen wie den Pannenstreifen als dritte Spur
Wie weiter? Das ist die grosse Frage nach dem Nein zum Autobahnausbau Ende November. Die Politik ist seither etwas ratlos. Je nach Parteifarbe kommen unterschiedliche Vorschläge: Mal sollte Strassenbau-Geld für Klimamassnahmen genutzt werden, dann forderten die Grünen ein Halbtax für alle. Und die SVP preschte zuletzt mit einer befristeten Senkung des Benzinpreises vor. So steht es in einem Vorstoss von Nationalrat Thomas Knutti (51, BE).
77 Rappen Steuern zahlt der Autofahrer heute pro Liter Benzin. Mit dem Geld wird über den Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds auch der Ausbau der Autobahnen bezahlt. Knuttis Haltung: Solange keine neuen Ausbauprojekte vorliegen, soll «kein Autofahrer über Gebühr für zukünftige Investitionen belastet werden».
«Es wäre falsch, die Kasse zu plündern»
Gegen diese Pläne kommt jetzt Widerstand aus dem eigenen Lager. Der SVP-Vorstoss sei «auf den ersten Blick zwar eine verlockende Idee, wäre aber dennoch ein Schnellschuss», sagt kein Geringerer als Peter Goetschi, der Zentralpräsident des Touring Clubs Schweiz (TCS). Der Verband gehörte zur Allianz, die im Abstimmungskampf an vorderster Front für den Autobahnausbau kämpfte. Goetschi sagt zu Blick: «Es wäre falsch, die Kasse zu plündern. Wir brauchen diese Gelder im Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds für ein leistungsfähiges und verlässliches Strassennetz.»
Ohne die Mittel wäre der Unterhalt der Autobahnen gefährdet, aber auch bereits beschlossene oder laufende Grossprojekte wie der Bau der zweiten Gotthardröhre und der Sechsspur-Ausbau zwischen Luterbach SO und Härkingen SO. Seit der Abstimmung ist die Frage «Wie weiter?» offen. Im zuständigen Departement von Verkehrsminister Albert Rösti ist man nun an einer Auslegeordnung. Im ersten Halbjahr 2025 sollen dann Vorschläge für den weiteren Fahrplan auf den Tisch kommen.
Für TCS-Mann Goetschi ist klar: Es braucht trotz des Neins rasch Massnahmen gegen die Überlastung der Strassen, gegen die 50’000 Staustunden jährlich und gegen den Ausweichverkehr durch Dörfer. Er denkt dabei auch an Massnahmen, die nicht bei allen Autofahrern populär sind, wie die dynamische Geschwindigkeitsanpassung (zeitweise Tempo 80) auf den Autobahnen oder an eine Umnutzung des Pannenstreifens, wo es nützlich und machbar ist.
Verkehrswende hat nicht stattgefunden
Ein nächster Ausbauschritt wird so oder so kommen, ist Goetschi überzeugt. «Die Gegner haben keine ernsthaften Alternativen vorgelegt, und Verkehrsmanagement-Massnahmen allein reichen nicht.» Doch bremst das Nein nicht weitere Ausbaupläne? «Es war weder ein Nein zum Ausbau von Autobahnen noch ein Nein zum Auto», sagt Goetschi. Und schon gar nicht sei dies die vielzitierte Verkehrswende gewesen. Schliesslich findet der Individualverkehr nach wie vor zu 80 Prozent auf der Strasse statt.
Es sei vor allem ein Nein zum vorgelegten Paket mit den sechs Projekten gewesen. Bei künftigen Ausbauschritten brauche es Projekte, für die sich die betroffenen Kantone auch stark einsetzen würden. «Und wir müssen Ausbauten der Autobahnen besser mit Agglomerationsprogrammen verknüpfen. Die Städte müssen sehen, was ihnen die Nationalstrassen bringen», sagt Goetschi. Denn bereits heute seien Autobahnen «lange Umfahrungsstrassen» für die Städte.