Moritz Burger (29) freut sich über jeden Flecken grün, den er in der Stadt Bern sieht – und seien es nur ein paar Quadratmeter. Bäume, ein Streifen Gras zwischen Tramschienen und Strasse, eine bewachsene Fassade: An Hitzetagen sind die Pflanzen viel mehr als nur ein Farbtupfer im Stadtgrau. Sie sind eine natürliche Klimaanlage.
Burger ist Doktorand am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Uni Bern. Sein Spezialgebiet: das Stadtklima. 90 Messstationen haben er und seine Kollegen in der ganzen Stadt aufgestellt, die alle zehn Minuten die Temperatur messen. Die Unterschiede sind teilweise riesig. «Während Hitzephasen, wie wir sie momentan erleben, liegen die Temperaturen in der Innenstadt in der Nacht oft gut sechs, im Extremfall sogar bis zu zehn Grad über denjenigen von wenig dicht bebauten Orten auf dem Stadtgebiet», sagt der Forscher. Besonders hohe Temperaturen werden in der Berner Altstadt gemessen.
Besonders in der Nacht spürbar
Die Wissenschaft spricht von Hitzeinseln. An Orten, die dicht bebaut sind und der Boden versiegelt, heizt sich die Luft im Sommer enorm auf. Der Asphalt ist an diesem heissen Sommertag, an dem Blick mit Burger unterwegs ist, 57 Grad heiss. Und je nachdem, wie die Gebäude stehen, gelangt auch kein kühlender Windstoss in die Häuserschluchten. Das ist schon tagsüber spürbar, besonders relevant ist der Effekt aber in der Nacht, erklärt Burger auf einem Spaziergang durch Bern. Die gespeicherte Wärme sorgt dafür, dass sich die Luft nicht richtig abkühlen kann.
In der Zürcher Innenstadt beispielsweise wurden im Sommer 2018 laut Meteo Schweiz über ein Dutzend Tropennächte mit über 20 Grad registriert. Bei der eher ländlich gelegenen Messstation in Zürich-Affoltern hingegen gar keine.
Die Hitzeinseln sind ein Problem, insbesondere für ältere Menschen. Im Hitzesommer 2015 starben über 5 Prozent mehr Leute als in kühleren Sommern. Aber auch jüngere Stadtbewohnerinnen und -bewohner belastet die Hitze. «Der Körper braucht Abkühlung, um sich zu erholen», sagt Burger. Bleiben die Temperaturen auch nachts über 20 Grad, ist das schwierig.
Städten wissen um das Problem
Inzwischen bestehe in der Schweiz ein Bewusstsein für das Problem, findet der Klimaforscher. Viele Städte haben Hitzekarten erstellt, Klimastrategien verabschiedet und Massnahmenpläne erarbeitet, um die Städte abzukühlen. So werden beispielsweise Bäume gepflanzt – denn sie spenden nicht nur Schatten, sondern kühlen die Umgebung auch durch das Verdunsten von Wasser ab. Oder es werden hellere Baumaterialien verwendet, die die Sonnenstrahlen besser reflektieren. In der Berner Rathausgasse, mitten in der Altstadt, hat die Stadt beispielsweise vor einigen Jahren den Asphalt durch hellere Pflastersteine ersetzt – nicht nur, aber auch als Klimagründen.
Heller macht kühler: Die Stadt Luzern testet diesen und nächsten Sommer einen helleren Strassenbelag, um die Umgebung abzukühlen. Der mit Split aufgehellte Asphalt erhitzt sich weniger. Ein Versuch in der Stadt Zürich kam allerdings zu ernüchternden Ergebnissen: Auf den dort verbauten helleren Bodenbelägen war es gerade einmal zwei Grad kühler als auf dem normalen Asphalt. Schatten und Bäume brächten deutlich mehr gegen Hitzeinseln, so das Fazit der Stadt.
Grün an der Wand: Das Gartenhochhaus in Risch ZG zieht die Blicke auf sich. Auf den Balkonen des 70 Meter hohen Turms wachsen Bäume und Sträucher, an der Fassade klettern Pflanzen empor. In der unmittelbaren Umgebung kann eine begrünte Fassade die gefühlte Temperatur um mehrere Grad senken. Zudem dient sie gleichzeitig dem Lärmschutz. Auch begrünte Dächer helfen gegen die Hitze.
Kühlendes Blätterdach: Eines der effektivsten Mittel gegen die Hitze ist das Pflanzen von Bäumen und Schaffen von Grünflächen. Je überwucherter, desto besser, sagt Klimawissenschaftler Moritz Burger. Die Stadt Genf beispielsweise schneidet die Bäume seit diesem Jahr weniger stark, um die Hitze zu bekämpfen. Sion hat vor ein paar Jahren in einer Fussgängerzone in der Innenstadt 700 Ahornbäume gepflanzt.
Eine Wolke bringt Erfrischung: Etwas ganz Neues probiert die Stadt Zürich derzeit aus. Über dem Turbinenplatz in Zürich hängt seit Kurzem ein Ring, der kühlenden Nebel versprüht. Was das bringt, wird sich zeigen. Verdunstendes Wasser hilft gegen die Hitze – allerdings nur sehr kurzfristig. Zudem ist der hohe Wasserverbrauch ein Minus.
Frischer Wind: Zentral für ein angenehmes Klima ist die Luftzirkulation. Häuser sollten so gebaut werden, dass die kühle Luft nicht blockiert wird, sondern einen Weg durch die Stadt findet. Die Stadt Basel hat vergleichsweise früh damit begonnen, auf diesen Aspekt zu achten. 2019 wurde eine Klimaanalyse durchgeführt, für die auch die Luftströme untersucht wurden.
Heller macht kühler: Die Stadt Luzern testet diesen und nächsten Sommer einen helleren Strassenbelag, um die Umgebung abzukühlen. Der mit Split aufgehellte Asphalt erhitzt sich weniger. Ein Versuch in der Stadt Zürich kam allerdings zu ernüchternden Ergebnissen: Auf den dort verbauten helleren Bodenbelägen war es gerade einmal zwei Grad kühler als auf dem normalen Asphalt. Schatten und Bäume brächten deutlich mehr gegen Hitzeinseln, so das Fazit der Stadt.
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Kühlendes Blätterdach: Eines der effektivsten Mittel gegen die Hitze ist das Pflanzen von Bäumen und Schaffen von Grünflächen. Je überwucherter, desto besser, sagt Klimawissenschaftler Moritz Burger. Die Stadt Genf beispielsweise schneidet die Bäume seit diesem Jahr weniger stark, um die Hitze zu bekämpfen. Sion hat vor ein paar Jahren in einer Fussgängerzone in der Innenstadt 700 Ahornbäume gepflanzt.
Eine Wolke bringt Erfrischung: Etwas ganz Neues probiert die Stadt Zürich derzeit aus. Über dem Turbinenplatz in Zürich hängt seit Kurzem ein Ring, der kühlenden Nebel versprüht. Was das bringt, wird sich zeigen. Verdunstendes Wasser hilft gegen die Hitze – allerdings nur sehr kurzfristig. Zudem ist der hohe Wasserverbrauch ein Minus.
Frischer Wind: Zentral für ein angenehmes Klima ist die Luftzirkulation. Häuser sollten so gebaut werden, dass die kühle Luft nicht blockiert wird, sondern einen Weg durch die Stadt findet. Die Stadt Basel hat vergleichsweise früh damit begonnen, auf diesen Aspekt zu achten. 2019 wurde eine Klimaanalyse durchgeführt, für die auch die Luftströme untersucht wurden.
Aufgrund der langen Planungszeiten von Bauprojekten wird es allerdings dauern, bis grosse Veränderungen in den Städten sichtbar sind. Zudem kann der Denkmalschutz gewissen Massnahmen im Weg stehen, gibt Burger zu bedenken. Und oft ist es auch eine Kostenfrage.
Initiativen machen Druck
Doch der politische Druck auf die Städte steigt, das stellt auch Burger fest. In Bern läuft derzeit die Unterschriftensammlung für eine Stadtklima-Initiative der Umweltorganisation Umverkehr, die unter anderem fordert, dass die Stadt «hitzeerträglich» gemacht wird. Gleiche Initiativen hat die Organisation bereits in St. Gallen, Basel, Zürich, Winterthur und Genf eingereicht. Und auch auf Bundesebene tut sich was. Nationalrätin Florence Brenzikofer (47, Grüne) fordert die Schaffung eines «Sofortfonds für Klimaanpassung in den Städten und Agglomerationen» und Grünen-Kollegin Franziska Ryser (30) ein nationales Kompetenzzentrum Stadtklima.
Denn das Problem verschärft sich. Durch den Klimawandel wird es in den Städten immer heisser. In der Stadt Luzern hat die Zahl der Hitzetage pro Jahr seit 1960 im Schnitt alle zehn Jahre um zwei Tage zugenommen. Die Stadt rechnet damit, dass die Zahl bis 2060 von heute sechs auf bis 22 Tage pro Jahr steigen dürfte. Allein mit Bäumepflanzen und hellerem Asphalt wird man dagegen nicht ankommen, warnt Geo-Ökologe Jonas Schwaab (37) von der ETH Zürich. Stattdessen müsse man vor allem bei der Ursache des Problems ansetzen: beim CO2-Ausstoss. Diesen gilt es zu reduzieren.