Alain Berset plant eine Homeoffice-Pflicht
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Stagnierende Corona-Zahlen:Alain Berset plant eine Homeoffice-Pflicht

Stagnierende Corona-Zahlen vor den Festtagen
Alain Berset plant eine Homeoffice-Pflicht

Der Bundesrat empfiehlt Homeoffice. Gesundheitsminister Alain Berset will noch weiter gehen und bis 20. Januar 2021 eine Homeoffice-Pflicht verordnen. Es ist bereits sein zweiter Anlauf.
Publiziert: 02.12.2020 um 13:22 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2020 um 18:12 Uhr
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Bundesrat Alain Berset nimmt einen neuen Anlauf für eine Homeoffice-Pflicht.
Foto: keystone
Ruedi Studer

Abertausende sitzen jetzt werktags wieder da, wo sie schon im Frühling sassen: am Küchentisch, auf dem Sofa, in einer improvisierten Büroecke auf dem Flur oder im Schlafzimmer. Das Homeoffice ist ein Eckpfeiler im Kampf gegen die Pandemie und wird vom Bundesrat explizit empfohlen.

SP-Gesundheitsminister Alain Berset (48) wollte allerdings schon Ende Oktober weiter gehen und Homeoffice wo immer möglich zur Pflicht machen. Berset wurde von seinen bürgerlichen Regierungskollegen aber ausgebremst.

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Doch jetzt nimmt Berset mit Blick auf die Festtage einen neuen Anlauf. Die Arbeitgeber sollen dafür sorgen, dass ihre Angestellten «ihre Arbeitsverpflichtungen so weit als möglich von zu Hause aus erfüllen», heisst es im neusten Entwurf zur Corona-Verordnung, der BLICK vorliegt. Dafür müssten sie «die geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen» treffen.

Berset bringt damit den exakt gleichen Wortlaut wie im Oktober auf den Tisch. In den damaligen Erläuterungen machte er klar: «Homeoffice ist damit nicht mehr nur eine Empfehlung des BAG, sondern es besteht nunmehr eine Pflicht zum Homeoffice, soweit dies betrieblich möglich ist.»

Cassis weibelte gegen Homeoffice-Pflicht

Genau diese Pflicht-Vorgabe hatte Bersets bürgerliche Kollegen auf die Barrikaden gebracht. An vorderster Front stellte sich das Aussendepartement von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (59) dagegen. Eine Homeoffice-Pflicht «geht zu weit», schrieb Cassis' Generalsekretariat in der Ämterkonsultation. Cassis befürchtete, dass sich aus der Homeoffice-Pflicht «mögliche Forderungen ableiten – entweder gegenüber dem Arbeitgeber oder gegenüber dem Bund».

Eine Homeoffice-Pflicht dürfe nicht mit – allenfalls sogar finanziellen – Ansprüchen verbunden sein. «Den Unternehmen in der momentanen Situation zusätzliche Kosten aufzubürden, wäre fatal», so Cassis' Departement.

Auch das Finanzdepartement von SVP-Bundesrat Ueli Maurer (70) wollte es explizit bei einer Empfehlung belassen – das habe sich «im Frühjahr bewährt».

Bis 20. Januar 2021 befristet

Nun stellt Berset die Homeoffice-Pflicht nochmals zur Debatte. Denn die aktuelle Entwicklung der Corona-Fallzahlen ist alles andere als zufriedenstellend. Mit Blick auf die Weihnachts- und Neujahrsferien müssten die Zahlen stärker sinken, sagte Virginie Masserey vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag vor den Medien.

Wolle man Weihnachten in einem vernünftigen Rahmen feiern, müssten die Kontakte weiter reduziert werden, heisst es in Bundesbern zu Bersets Vorschlag. Homeoffice sei diesbezüglich eine besonders wirksame Massnahme. Gemäss Verordnungsentwurf würde die Homeoffice-Pflicht vorerst bis am 20. Januar 2021 befristet.

Die Kantone hat der SP-Bundesrat tendenziell auf seiner Seite. Diese haben die Idee schon im Oktober «grossmehrheitlich unterstützt», wie die Gesundheitsdirektoren-Konferenz damals in ihrer Stellungnahme festhielt. Widerstand dürfte hingegen von bürgerlicher Seite und Arbeitgebern kommen.

Rechtliche Konsequenzen

Setzt sich Berset diesmal durch, hätte dies bedeutende rechtliche Konsequenzen. Die Position von Arbeitnehmenden wäre in manchen Streitfällen gestärkt worden – etwa beim Knatsch zwischen Büroangestellten und der Chefetage bei Coop. Aber auch umgekehrt gilt: Arbeitnehmer könnten sich ebenfalls weniger gegen Homeoffice sträuben, wenn sie lieber im Geschäft arbeiten würden.

«Wenn sich ein Arbeitnehmer weigert, im Homeoffice zu arbeiten, verlöre er den Anspruch auf seinen Lohn», erklärte der Arbeitsrechtler und emeritierte HSG-Professor Thomas Geiser (68) jüngst im SonntagsBlick. «Umgekehrt könnte ein Arbeitnehmer, bei dem Homeoffice möglich ist, nicht gezwungen werden, weiterhin im Büro zu arbeiten.» Klar sei, dass die Arbeit­geber bei einer Homeoffice-Pflicht ­ihren Mitarbeitenden die Arbeitskosten erstatten müssten, die Druckerpatronen zum Beispiel oder den Schreibtisch.

Geiser: «Einigen sich die Parteien nicht, hätten die Arbeitnehmenden die bessere rechtliche Ausgangslage, diese Ausgaben auch tatsächlich erstattet zu bekommen.»

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