Heute siezen sich die Bundesräte wieder. Dabei wären eigentlich alle per Du. Doch sobald die Magistraten das Bundesratszimmer betreten, gilt das nicht mehr. Diese uralte Tradition soll verhindern, dass die Bundesratssitzungen zu persönlich werden.
Die Sitzung beginnt für gewöhnlich um 9 Uhr – mit einem Kaffee. Diesen hat der frühere FDP-Bundesrat Didier Burkhalter (60) als Bundespräsident eingeführt. Die Magistraten kommen aus Diskussionen mit ihren Departementen, mussten noch dies und das regeln, bevor sie in die Sitzung eilen. Da habe es sich bewährt, erst einen Kaffee zu trinken, um herunterzukommen.
Diese Corona-Massnahmen stehen zur Diskussion
Und heute Mittwoch dürften die neuen Corona-Massnahmen, die Gesundheitsminister Alain Berset (48, SP) beantragt, für heftige Diskussionen sorgen. Den beiden SVP-Bundesräten Guy Parmelin (60) und Ueli Maurer (69) gehen viele der Vorschläge des Romands zu weit. Mehrere Regierungsmitglieder haben sich in sogenannten Mitberichten kritisch zu einzelnen Punkten von Bersets Plan geäussert.
Wie BLICK publik machte, will der Gesundheitsminister die Kontakte bei privaten Versammlungen auf zehn Personen beschränken. Und zu öffentlichen Veranstaltungen möchte der SP-Magistrat nur noch 25 Personen zulassen. Dem Vernehmen nach wäre er auch bereit, die Obergrenze auf 20 oder 15 Personen zu senken.
Und er schlägt der Landesregierung vor, die Zuschauerzahlen bei Fussballspielen drastisch zu minimieren – es könnte gar wieder auf Geisterspiele ohne Zuschauer hinauslaufen.
Clubs schliessen
Bundesrat Berset will zudem Clubs schliessen – ohne Wenn und Aber. Es soll um 22 Uhr eine Sperrstunde für Restaurants geben. Und der Gesundheitsminister pocht auf eine dringliche Homeoffice-Empfehlung.
Für die heftigste Diskussion dürfte die Ausweitung der Maskenpflicht im Freien sorgen. Während beim Spazieren im Wald auf eine Maskenpflicht verzichtet werden soll, möchte er für die Innenstadt – wo sich viele Menschen tummeln – die Maske obligatorisch erklären.
Es dürften also wieder strenge Regeln eingeführt werden. Solche kennt eben auch der Bundesrat für seine Sitzungen. Während uns Sitzregeln für Restaurants erst seit diesem Jahr bekannt sind, hält sich die Regierung längst an eine strikte Sitzordnung im Bundesratszimmer – jetzt mit gebührendem Abstand: Die Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60, SP) sitzt am Präsidentenpult mit Blick aus den Fenstern. Vis-à-vis von ihr ist der Platz des Vizepräsidenten Parmelin. Die restlichen Mitglieder sind links und rechts von ihr platziert – je länger im Amt, desto näher.
Frau Bundespräsidentin, statt Simonetta
Wer neu in die Landesregierung kommt, für den dürfte es gewöhnungsbedürftig sein, Simonetta, die er vielleicht aus gemeinsamen Parlamentszeiten kennt, mit Frau Bundespräsidentin anzusprechen und den Ueli mit Herr Finanzminister.
Trotz der Krise hält der Bundesrat daran fest, nach seiner Bundesratssitzung, die für gewöhnlich bis Mittag dauert, gemeinsam essen zu gehen – jetzt einfach coronakonform mit Abstand.
Derweil machen sich die Bundesbeamten daran, die Beschlüsse der Regierung zu verarbeiten. Pressemitteilungen werden umgeschrieben. Verordnungen angepasst. Faktenblätter aktualisiert.
Vieles aber geht für gewöhnlich so durch, wie das in den Departementen vorbereitet wurde. Heute aber könnten die Diskussionen heftiger, die Veränderungen grösser sein.
Pressekonferenz des Bundesrats
Meist findet die Pressekonferenz mit den Bundeshausjournalisten im Untergeschoss des Medienzentrums nach 14 Uhr mit einem bis zwei Bundesräten statt.
Heute könnte die Pressekonferenz erst später anberaumt werden – weil grössere Diskussionen zu erwarten sind und die Bundesverwaltung wohl grössere Veränderungen an verschiedenen Unterlagen vornehmen muss. Die Bundeshausjournalisten haben ihren Arbeitsplatz zum Grossteil in den oberen Stockwerken des Medienzentrums gegenüber dem Bundeshaus. So können sie rasch ins Untergeschoss eilen, wenn der Bundesrat zur Medienkonferenz ruft.
Wie Blick.ch berichtet beispielsweise heute auch das SRF live von der Pressekonferenz. Hunderttausende Bürgerinnen und Bürger hängen seit der Pandemie den Bundesräten via Handy, Computer und vor den Fernsehern an den Lippen.
Früher tranken sie mal ein Bier zusammen
Den Regierungsmitgliedern verlangen die Herausforderungen der Pandemie, aber auch die enorme Aufmerksamkeit durch die Öffentlichkeit viel ab.
Zu Beginn ihrer Zeit im Bundesrat haben Simonetta Sommaruga und Ueli Maurer sich hie und da mal zu einem gemeinsamen Bier getroffen. Bei diesen Treffen, in denen man auch mal vom letzten Wochenendausflug erzählt, können auch politische Lösungen über die Parteigrenzen hinweg gefunden werden. In Krisenzeiten dürften solche Treffen rar sein.
Derzeit gibt es offenbar nicht einmal mehr immer Kaffeepausen, durch die die Bundesratssitzungen für gewöhnlich unterbrochen werden. Auch hier sind Lösungen manchmal eher möglich, als während den eigentlichen, formalistischen Sitzungen.
Klar ist nur: Die heutige Corona-Sitzung des Bundesrats wird nicht einfach. Es werden die Massnahmen beschlossen, die vielleicht über den ganzen Winter hinweg gelten – und verhindern sollen, dass die zweite Pandemiewelle ausser Kontrolle gerät.
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