Auf einen Blick
- Armee und VBS genervt: Budget-Schlacht im Parlament beginnt nächste Woche
- Kritik: Armee hat keinen Plan für zusätzliche Gelder
- VBS plant Investitionen von 13 Milliarden Franken bis 2031
Langsam, aber sicher zeigen sich Armee und Verteidigungsdepartement genervt. Ab kommender Woche kommt's im Parlament zur Budget-Schlacht.
Aufgerüttelt vom Ukraine-Krieg wollen die Bürgerlichen das Armeebudget stärker erhöhen als vom Bundesrat vorgesehen. Noch ist aber umstritten, wie viele Milliarden zusätzlich fliessen sollen. Und: Wo das Geld im Gegenzug eingespart werden soll. Ins Visier geraten sind der Asyl-Bereich, die Kantone bei der Verteilung der OECD-Mindeststeuer, die Entwicklungshilfe oder das Bundespersonal.
Doch auch die Armeekritiker feuern aus allen Rohren. Links-Grün wehrt sich dagegen, dass das Militär «auf Kosten der Ärmsten der Welt» nochmals deutlich mehr Geld erhalten soll. Ihr Argument: Die Armee wisse gar nicht, was sie damit anstellen soll.
Dieser Vorwurf ist sogar aus bürgerlichen Kreisen zu hören. So warfen FDP-Präsident Thierry Burkart (49) und SVP-Chef Marcel Dettling (43) Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) unlängst in der «NZZ» vor, bisher keinen Plan vorgelegt zu haben: «Wir wissen heute nicht, wofür das Geld am Ende ausgegeben werden soll.» Selbst aus Amherds Mitte-Partei sind solche Bedenken zu hören.
«Natürlich haben wir Einkaufspläne»
Hinter den Kulissen ärgern sich Armee und Verteidigungsdepartement (VBS) grün und blau. «Natürlich haben wir Einkaufspläne. Natürlich können wir das Geld sinnvoll einsetzen, um bestehende und drohende Fähigkeitslücken zu stopfen», heisst es aus Armeekreisen.
Und: Darüber seien die zuständigen Kommissionen mehrfach orientiert worden. Auch im sogenannten «Schwarzbuch» der Armee sind dazu Informationen zu finden. Gefruchtet hat das alles offenbar wenig. Damit das Parlament weiss, worüber es in der Budget-Schlacht in der nächste Woche startenden Wintersession debattiert – hier ist Amherds Einkaufsliste:
- Führung und Vernetzung: Rechenzentren und IT-Infrastruktur sollen neu- oder ausgebaut werden sowie eine satellitengestützte Kommunikation aufgebaut werden, um die Informationen zwischen Kommandostellen und Armeeangehörigen rasch und sicher hin und herschicken zu können. Kosten: ca. 2,4 Mrd.
- Nachrichtenverbund und Sensoren: Um Luftlagebilder erstellen zu können, sollen Radare und Sensoren beschafft werden. Dazu will das VBS auch Minidrohnen einkaufen. Kosten: ca. 1,5 Mrd.
- Wirkung gegen Ziele in der Luft: Um Raketen, Drohnen oder Kampfjets abwehren zu können, plant die Armee den Kauf einer bodengestützten Luftverteidigung kleinerer und mittlerer Reichweite. Kosten: ca. 1,4 Mrd.
- Wirkung gegen Ziele am Boden: Bis zu 196 Leopard-2-Panzer sollen wieder in Schuss gebracht werden. Daneben will die Armee die über 50 Jahre alten Panzerhaubitzen M109 durch deutsche Piranha-IV-Panzer ersetzen. Geplant ist weiter der Kauf neuer Boden-Boden-Lenkwaffen für die Panzerabwehr oder von Material zur ABC-Abwehr. Kosten: ca. 2,2 Mrd.
- Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum: Um die eigene Infrastruktur vor Cyberangriffen zu schützen, sowie Signalübertragungen aufklären und stören zu können, sind entsprechende Investitionen geplant. Kosten ca. 500 Mio.
- Logistik: Um die Versorgung der Truppen mit Munition, Treibstoffen oder Ersatzteilen sicherzustellen, sind Investitionen in dezentrale Infrastrukturen vorgesehen. Kosten: ca. 200 Mio.
- Sanität: Sanitätshilfestellen sowie ein Teil der Sanitätsfahrzeuge sollen erneuert werden. Kosten: ca. 100 Mio.
- Ungeschützte Mobilität am Boden: Die Flotte ungeschützter Fahrzeuge für Personen- und Materialtransporte soll bei Bedarf erneuert werden. Kosten: ca. 650 Mio.
- Geschützte Mobilität am Boden: Um Truppen sicher transportieren zu können, sollen etwa Führungsfahrzeuge des Typs Eagle sowie weitere geschützte Fahrzeuge besorgt werden. Gleichzeitig will die Armee geschützte Mannschaftsfahrzeuge und Bergepanzer sanieren. Kosten: ca. 2,3 Mrd.
- Luftmobilität: Für Personen- und Materialtransporte sollen die heutigen Helikopter der Typen Super Puma und Cougar ersetzt werden. Gleichzeitig soll der Transport- und Schulungshelikopter EC-635 wieder in Schuss gebracht werden. Kosten: ca. 1,6 Mrd.
Wunschliste von 13 Milliarden bis 2031
Unter dem Strich sind das satte 13 Milliarden Franken, die Amherd und ihr VBS in einer ersten Phase bis 2031 investieren wollen, damit die Schweizer Armee wieder verteidigungsfähig wird. Hinzu komme die laufende Beschaffung grösserer Mengen an Munition. Und das seien nur die nötigsten Ausgaben, betont die Armeespitze. Für diese Investitionen geht sie aber davon aus, dass das Armeebudget bis 2030 schrittweise auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht wird, was alles andere als sicher ist. Zudem handle es sich um eine rollende Planung.
Mit der Wunschliste der Armee liegt dem Parlament durchaus eine Diskussionsgrundlage vor. Dabei geht es vorab um Projekte, die zeitlich vorgezogen werden sollen. Allerdings: In Stein gemeisselt ist die Planung nicht. Je nach Entwicklung können sich die Bedürfnisse ändern. Und das Parlament entscheidet jedes Jahr neu über das Rüstungsbudget. Hinzu kommt noch eine weitere Hürde: Weil wegen des Ukraine-Kriegs die ganze Welt aufrüstet, ist offen, ob die Schweiz auf dem Markt erhält, was sie will.