Bei Armeefragen hagelt es sexualisierte Drohungen
Sicherheitspolitikerinnen werden zur Zielscheibe

Politikerinnen werden stets schärfer angegriffen als ihre männlichen Kollegen. Besonders krass ist dies bei Militärthemen der Fall. Betroffen davon sind die Sicherheitspolitikerinnen im Parlament. Immer wieder landen sexualisierte Drohungen in deren Mailboxen.
Publiziert: 07.02.2023 um 11:08 Uhr
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Derzeit diskutiert das Parlament im Bundeshaus, ob die Weiterlieferung von Waffen erlaubt werden soll.
Foto: Keystone

Sie werden aufs Übelste beschimpft, beleidigt und bedroht. Äussern sich Sicherheitspolitikerinnen zu Militärfragen, hagelt es Anfeindungen. Als «Panzerweib», «Hure» und «kriegsgeiles Ding» würden die Frauen beschimpft, berichtet die «NZZ».

Als wichtige politische Stimmen machten in den letzten Tagen FDP-Nationalrätin Maja Riniker (44) und die SP-Nationalrätin Franziska Roth (56) in Rüstungsfragen von sich reden. Wenn sich aber Parlamentarierinnen zur Armee äussern, werden sie mit Mails bombardiert.

Sexualisierte Gewalt

Erschreckend ist dabei nicht allein die Anzahl der Mails und Nachrichten. «Krass ist vor allem die Intensität und Brutalität vieler Texte», heisst es im Artikel. Den Frauen schlage regelmässig eine Welle von Hass entgegen, nicht selten unterlegt mit sexualisierten Gewaltfantasien. Man solle sie nackt ausziehen und im Kriegsgebiet aussetzen – und noch viel Schlimmeres. «Manche der Formulierungen sind derart extrem, dass sie hier nicht wiedergegeben werden», sagt der Autor und macht damit deutlich, wie drastisch manche der Zuschriften sind.

Wie Roth und Riniker berichten, sei nie ganz klar, was wirklich dahinterstecke und wie ernst die Drohungen gemeint seien. Doch dass die Furcht berechtigt ist, zeigt ein Fall, den SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf (54) erleben musste. Sie war per Mail gewarnt worden, sie könne sich ihres Lebens nie mehr sicher sein.

Unregistrierte Waffen

Darauf erstattete die Politikerin Anzeige. Im Haus des Drohers, ein pensionierter Arzt, stiess die Polizei gemäss «NZZ» auf mehrere unregistrierte Schusswaffen. Bei einer anderen Politikerin wurde aus einer Nachricht klar, dass der Täter ihr familiäres Umfeld ausgeleuchtet hatte.

Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) stellte während der Corona-Pandemie eine Verdreifachung von Drohungen gegen Magistrats- und Amtspersonen fest. Der Krieg scheint nun erneut zu triggern. Franziska Roth: «Corona und der Ukraine-Krieg sind beides Themen, die stark polarisieren und den Leuten Angst machen.»

Und die grüne Sicherheitspolitikerin Marionna Schlatter (42) berichtet der «NZZ», dass sie bei der auch sehr aufgeladenen Debatte zu Tempo 30 höchstens als Ideologin oder autofeindliche Grüne beschimpft werde. «Dass ich aber derart unter der Gürtellinie angegriffen werde, kommt praktisch nur bei Waffen- und Armeefragen vor.»

Armeekader belehren

Während den Männern in Militärfragen vielleicht die notwendige Kompetenz abgesprochen werde, würden Frauen sexistisch aufgeladen bedroht, arbeitet der Artikel heraus.

Laut Riniker werden Sicherheitspolitikerinnen «reihenweise von Herren belehrt». Sie werden zudem auf die mangelnde Erfahrung im Armeedienst hingewiesen, nicht nur von anonymen Briefschreibern, sondern auch von Armeekadern oder durch Kollegen in Sitzungen. Selbst ihr Parteipräsident Thierry Burkart (47) hatte Riniker öffentlich gemassregelt. Die Schroffheit, mit der er das tat, kam nicht nur bei vielen Frauen im Parlament schlecht an. (pt)

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