Basel-Stadt steht ziemlich allein auf weiter Flur. Während der Grossteil der Kantone die Turbo-Öffnung mit einem Ende aller Corona-Massnahmen per 17. Februar will, tritt der Stadtkanton lieber auf die Bremse.
Und zwar dezidiert: Der Regierungsrat halte das Ende der Massnahmen auf einen Schlag «für zu riskant», schrieb der Halbkanton in seiner Antwort auf die Konsultation des Bundesrates. Denn die Belastung der Spitäler sei immer noch hoch, zudem seien die Auswirkungen des Entscheids, die Quarantäne- und Homeoffice-Pflicht zu beenden, noch nicht klar ersichtlich. Lieber sollen also das Zertifikat oder die Sitzpflicht in Restaurants noch länger gelten.
«Wir sehen keinen Widerspruch»
So weit, so vorsichtig. Diese Vorsicht lässt der Basler Regierungsrat aber nicht überall im gleichen Mass walten – und bewilligte die diesjährige Fasnacht trotz Pandemie. Eine Fasnacht, die nach den Worten des Basler Regierungspräsidenten Beat Jans (57) «diesen Namen auch verdient hat».
«Wir sehen da keinen Widerspruch» verteidigt Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (42) den Entscheid. Schliesslich würden die geltenden Corona-Vorschriften berücksichtigt und keine Lockerungen vorweggenommen. «Der Regierungsrat hat sich für den Fasnachts-Entscheid lange Zeit genommen.»
Kein Volksfest, keine Werbung
Engelberger ist auch Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) und Corona-technisch auf eher vorsichtigem Kurs. Im eigenen Regierungsrat scheint er in Sachen Fasnacht aber auf Granit gebissen zu haben. Gegenüber SRF räumte er ein, dass «auch Sorgen mitschwingen». Das grosse Volksfest solle die Fasnacht nicht werden.
Vielmehr soll es eine Fasnacht für die «Aktiven» werden. «Ein grosser Publikumsaufmarsch ist wegen der anhaltenden Pandemie nicht erwünscht», heisst es beim Kanton. So gibt es zwar den Morgestraich, aber keinen Cortège. Piccolos dürfen vom 7. bis 10. März Tag und Nacht durch die Gassen ziehen und es gibt Schnitzelbänke. Doch die «Cliquenkeller» stehen nur den aktiven Fasnächtlern offen – gemäss aktueller Planung mit Sitzpflicht und 2G.
Ohne Fasnacht droht der Aufstand
In Basel-Stadt ist man sich einig: Wäre die Fasnacht ein drittes Mal in Folge abgesagt worden, hätte es einen Aufstand gegeben. Schon 2020, als mit der Absage der Fasnacht Corona zum ersten Mal Schockwellen durchs Land schickte, liessen sich einzelne Narren das Fest nicht nehmen und zogen trotzdem durch die Gassen.
«Angesichts dessen, dass sich die Corona-Lage verbessert hat, wäre eine Absage nicht nachvollziehbar gewesen», sagt auch SP-Nationalrätin Sarah Wyss (33), die bis 2020 noch im Kantonsparlament sass. Der Entscheid sei «absolut richtig».
Knatsch um Sperrstunde
Einige Entscheide des Regierungsrats sorgen aber unter Fasnächtlern für Unverständnis wie zum Beispiel die Sperrstunde der Beizen zwischen 1 und 5 Uhr. Das sei unsinnig, kritisiert etwa LDP-Grossrat André Auderset (62), schliesslich mache das Virus während den vier Stunden keine Pause. In seiner Online-Zeitung «Fasnacht.ch» fordert er die Beizen gar auf, die Sperrstunde zu ignorieren und stattdessen ein Kässeli für Bussen aufzustellen.
So weit wie Auderset gehen die wenigsten. Vom Wirteverband bis zum Comité ist man vor allem froh, kann das närrische Treiben überhaupt stattfinden. Irritation äussern aber die meisten. Etwa dass diesmal kein Nachtverkehr angeboten wird – Morgestraich um 4 Uhr früh hin oder her. «Das finde ich unnötig», sagt auch Sarah Wyss. «Die Fasnächtler werden trotzdem kommen», ist sie sich sicher.
Zum verbalen Zweihänder griff die «bz Basel», die den Entscheid als «Kopfgeburt der Bürokratie» und «grauenvoll mutlos» kritisierte. Immerhin, räumt die Zeitung ein, erhalte die Fasnachtsfamilie Zuwachs. Nebst Pierrot oder Dummpeter gebe es ab jetzt auch noch den Angsthasen.