Widerstand gegen Turbo-Lockerung
Risikopersonen wollen an Maskenpflicht festhalten

Am Arbeitsplatz, im Kino oder beim Einkaufen soll die Maske schon bald der Vergangenheit angehören. Das fordern die Kantone. Doch Risikopersonen und deren Interessenverbände warnen.
Publiziert: 10.02.2022 um 00:44 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2022 um 06:33 Uhr
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Die meisten Kantone wollen die Maskenpflicht auch in den Geschäften aufheben.
Foto: Keystone
Sermîn Faki und Lea Hartmann

Wenn in zwei Wochen in Sarnen die Fasnacht beginnt, sollen Masken nur noch am Umzug zu sehen sein. Die Obwaldner Regierung möchte, dass der Bundesrat auf den 17. Februar hin sämtliche Massnahmen aufhebt – auch im öffentlichen Verkehr, in Geschäften, ja auch in Spitälern und Heimen. Gesundheitseinrichtungen sollen, so fordert der Kanton, künftig selbst entscheiden können, ob sie eine Maskenpflicht für nötig halten oder nicht.

So weit wie Obwalden geht kein anderer Kanton. Eine Mehrheit der Kantonsregierungen plädiert dafür, dass beim Besuch im Spital und in Bus und Zug die Maske noch eine Weile getragen werden muss. Anders aber im Büro, im Kino und auch beim Einkaufen oder beim Gang zur Behörde: Dort soll die Maskenpflicht, so der Wille der meisten Kantone, schon nächste Woche fallen.

Risikopersonen seien «Verlierer der Pandemie»

Viele Menschen freuen sich über diese Aussicht. Personen, die wegen ihres Alters oder Vorerkrankungen besonders gefährdet sind, bereitet das Tempo, das die Kantone nun anschlagen, aber auch Sorgen. Besonders bei der Aufhebung der Maskenpflicht.

Die Interessengruppe Risikopersonen, die sich in den vergangenen Wochen formiert hat, kritisiert, dass der Freedom Day für Risikopatienten und ihre Angehörigen bedeute, dass man sich noch strenger schützen müsse als zuvor – «Endpunkt ungewiss». Sie seien die «Verlierer der Pandemie».

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Krebskranke betroffen

Zu den Risikopersonen gehören beispielsweise krebskranke Menschen. Man müsse bedenken, dass ein Teil der über 40'000 Personen, die jedes Jahr an Krebs erkranken, aufgrund der Immunsuppression weniger gut auf die Corona-Impfung anspricht und deshalb keinen genügenden Schutz aufbauen kann, sagt Stefanie de Borba, Sprecherin der Krebsliga.

Diese Menschen seien deshalb «darauf angewiesen, dass ihr Umfeld geimpft ist und dass gewisse Schutzmassnahmen wie Maskentragen noch eingehalten werden, solange die Fallzahlen so hoch sind», sagt sie. «Ansonsten dürfte es für sie trotz aller Vorsichtsmassnahmen sehr schwierig werden, sich wirkungsvoll vor einer Ansteckung zu schützen.»

«Ein Gebot der Menschlichkeit»

Zur Vorsicht mahnt auch der Seniorenverband Pro Senectute. Die Maskenpflicht solle in beschränktem Ausmass im öffentlichen Raum beibehalten werden, um das Ansteckungsrisiko «auf eine zumutbare Art zu verringern», sagt Sprecher Peter Burri Follath. Auch Daniel Höchli, Geschäftsführer der Föderation Artiset, die sich für die Interessen unterstützungsbedürftiger Menschen wie zum Beispiel Altersheimbewohner einsetzt, macht sich dafür stark, dass die Maskenpflicht in Gesundheitseinrichtungen, ÖV und Detailhandel vorerst bestehen bleibt.

Unterstützung bekommen sie vonseiten der Wissenschaft. Virologin Isabella Eckerle vom Unispital Genf hält es angesichts des Long-Covid-Risikos für unbedingt nötig, die Maskenpflicht nicht zu schnell zu lockern. Denn Risikopersonen können zwar weiterhin freiwillig eine Maske tragen. Doch der Schutz sei 20- bis 200-mal effektiver, wenn auch die Personen um sie herum eine tragen, sagt Urs Karrer, Vizepräsident der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes, in einem Interview mit CH Media. Er findet: «Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, diese Leute weiterhin möglichst gut zu schützen.»

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