Die Omikron-Variante des Coronavirus hält die Welt in Atem. Von der neuen Variante sind in zahlreichen Ländern bereits Fälle aufgetaucht, so auch in Europa – etwa in Belgien, Dänemark oder in den Niederlanden. Die Schweiz hat diverse Länder auf die Quarantäneliste gesetzt.
Am Sonntag vermeldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) für die Schweiz den «ersten wahrscheinlichen Fall». Nachgewiesen bei einer Person, die vor einer Woche aus Südafrika zurückkehrte. Die Sequenzierung soll voraussichtlich am Dienstag Gewissheit bringen, wie BAG-Direktorin Anne Lévy am Montag an der Medienkonferenz der Corona-Experten des Bundes ausführte.
Gemäss Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation geht von der Omikron-Variante ein weltweit insgesamt «sehr hohes» Risiko aus. Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren globalen Ausbreitung sei gross.
Bezüglich Omikron noch vieles unklar
Allerdings ist vieles noch unklar, auch für die Schweiz. Die Datenlage zu Omikron sei immer noch «sehr dünn», erklärte BAG-Mann Patrick Mathys. Verlässliche Aussagen liessen sich erst in den nächsten Tagen und Wochen machen, wenn weitere Daten vorliegen würden.
Im Moment stützen sich die Behörden vor allem auf Vermutungen. Demnach könnte die neue Variante leicht übertragbar sein und möglicherweise auch die durch Impfung oder Infektion ausgelöste Immunantwort umgehen. Das heisst: Weder eine Impfung noch eine durchgemachte Infektion würden wirklich vor einer Ansteckung schützen.
Mit der Omikron-Variante sei ein neuer Akteur aufgetaucht, so Mathys. Sollte sich dieser wie Delta verhalten, so werde Omikron in zwei bis drei Monaten auch in der Schweiz die Pandemie prägen. Dann könnten im Februar vor allem Omikron-Patienten auf der Intensivstation liegen.
Entscheidend seien die ersten Zahlen. Mit jedem Fall, den man in der Schweiz vermeide, erhalte man mehr Zeit, so Mathys. Deshalb seien auch die Reiserestriktionen richtig. Es müssten «Importe» vermieden werden. «Es macht Sinn, jetzt gezielt und restriktiv zu reagieren.»
Behörden wollen Zeit gewinnen
Zeit gewinnen wollen die Behörden unbedingt. Das Schlechteste, was passieren könnte, wären zwei parallel laufende Corona-Wellen mit der Delta- und der Omikron-Variante. «Es ist wirklich wichtig, dass wir jetzt Delta bekämpfen», betonte BAG-Direktorin Lévy. Je schneller man die aktuelle Welle breche, desto besser sei man auf eine allfällige Omikron-Welle vorbereitet.
Derzeit sieht die Entwicklung allerdings düster aus. Die Fallzahlen steigen an, die Spitaleinweisungen ebenso. Mittlerweile liegen über 200 Covid-Patienten auf der Intensivstation.
Bis Weihnachten bleibe die Delta-Variante bestimmend, betonte Taskforce-Chefin Tanja Stadler. Auch wenn nun Omikron die Schlagzeilen dominiere, bleibe Delta das aktuelle Problem in der Schweiz. Umso wichtiger sei es, möglichst viele Kontakte zu vermeiden und sich ein drittes Mal impfen zu lassen. Der Booster werde auch dann hilfreich sein, wenn sich zeigen sollte, dass Omikron den Immunschutz bei Geimpften und Genesenen wenigstens teilweise umgehe.
Einmal mehr appellierten die Experten an die Bevölkerung, sich impfen und boostern zu lassen. «Das ist essenziell», so BAG-Direktorin Lévy.
Weitere Massnahmen angekündigt
Bloss, um weitere Massnahmen kommen die Behörden trotzdem nicht herum. Der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri kündigte an, dass in den kommenden Tagen in den Kantonen «weitere Massnahmen beschlossen» würden. Es gehe etwa um die Ausweitung der Maskenpflicht in Innenräumen oder Schulen.
Auch der Bundesrat könnte neue Massnahmen aufgleisen. Steht etwa ein Verbot von Grossveranstaltungen zur Debatte? BAG-Direktorin Lévy liess sich diesbezüglich nicht auf die Äste hinaus: Das müsse der Bundesrat entscheiden. Klar sei aber: «Je weniger Leute sich treffen, desto besser. Und wenn man sich trifft, dann mit Maske.» Viele Kantone hätten ja bereits vorgeschlagen, dass gerade in Stadien wieder Masken getragen werden müssten. «Ich halte das persönlich für einen sehr guten Entscheid.»
Hauri fügte an, dass Ansteckungen offenbar eher bei kleineren Veranstaltungen und im Amateurbereich stattfänden. Dies zeigten die Erfahrungen aus dem Contact Tracing. Gleichzeitig seien nur sehr wenige Fälle von Ansteckungen bei grösseren Sportveranstaltungen bekannt. Offenbar funktionierten dort die Schutzkonzepte, und die Disziplin sei vorhanden.
Taskforce-Chefin Stadler betonte, es sei wichtig, die Kontakte möglichst zu reduzieren, auch wenn nun die Vorweihnachtszeit komme. Weihnachtsessen beispielsweise, an denen keine Masken getragen würden, sieht sie als Problem. Da werde es zu Übertragungen kommen, ist sie überzeugt. Momentan sei «sicher nicht der beste Zeitpunkt, privat Riesenpartys zu feiern».