Herr Staner, waren Sie überrascht, dass eine neue, hoch ansteckende Variante aufgetaucht ist?
Dan Staner: Nein. Je länger das Virus zirkuliert, desto grösser ist die Gefahr von Mutationen. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis eine neue Variante auftaucht, die von der Weltgesundheitsorganisation als besorgniserregend eingestuft wird. Und die wir sehr ernst nehmen müssen.
Könnte die Mutante einen neuen Pandemieschub auslösen?
Tatsächlich sehen verschiedene Epidemiologen und Gesundheitsbehörden auf der ganzen Welt die neue Variante als potenziell gefährlich. Sie enthält mehr Mutationen als die derzeit dominierende Delta-Variante. Das könnte sie noch ansteckender und gefährlicher machen. Ob dies mehr schwerwiegende Krankheitsverläufe zur Folge hat, ist noch nicht abzusehen. Wir brauchen noch mehr Daten.
Moderna arbeitet bereits an Impfstoffen gegen Omikron. Was ist zu erwarten?
Wir treiben drei verschiedene Ideen gleichzeitig voran. Wir testen, ob der existierende Impfstoff, gegen die neue Variante wirkt. Eine weitere Möglichkeit wäre, die übliche Dosis zu erhöhen. In einer Dosis des mRNA-Impfstoffs wären dann 100 statt 50 Mikrogramm Wirkstoff enthalten.
Und weiter?
Wir haben zwei neue Booster im Köcher, die sich bereits in der klinischen Entwicklung befinden. Dabei handelt es sich um Auffrischungsimpfungen, die theoretisch darauf ausgelegt sind, Mutationen zuvorzukommen, wie sie in der Omikron-Variante aufgetaucht sind. Unsere dritte Verteidigungslinie ist eine Auffrischungsimpfung, die speziell gegen die Omikron-Variante wirkt.
Wann können Sie aussagekräftige Resultate präsentieren?
Schon in ein paar Wochen können wir sagen, ob der bereits existierende Impfstoff wirkt – oder eben eine höhere Dosierung nötig ist. Bei den spezifischen Omikron-Impfungen werden die ersten verlässlichen Daten in drei bis sechs Monaten vorliegen.
Dabei liegt die Hoffnung auf dem bestehenden Impfstoff, wenn ich Sie richtig verstehe.
Auf jeden Fall. Es wäre die einfachste und effizienteste Variante. Schon jetzt sieht man, dass Booster-Impfungen ihre Wirkung nicht verfehlen. Gleichzeitig hoffe ich, dass sich – gerade in Ländern wie der Schweiz mit einer doch recht tiefen Quote – noch mehr Menschen für die Impfung entscheiden werden.
Wie schnell können Omikron-spezifische Impfstoffe in grossen Mengen produziert werden?
Ziemlich schnell. Alle Moderna-Impfstoffe werden auf derselben mRNA-Plattform hergestellt. Wir müssen also das Rad nicht neu erfinden, sondern nutzen unser bestehendes Wissen und ändern die Sequenzen je nach Variante. Genau das macht die mRNA-Impfstoffe zu einer perfekten Waffe gegen Atemwegsviren wie Corona.