Auch Ukrainer im Visier
Geheimdienst überprüfte über 600 Asyldossiers

Letztes Jahr nahm der Geheimdienst 610 Asyldossiers und 81 Status-S-Gesuche genau unter die Lupe. Er empfahl kein einziges Asylgesuch zur Ablehnung, dafür stufte er zwei Ukraine-Dossiers als potenzielles Sicherheitsrisiko ein.
Publiziert: 04.01.2024 um 17:27 Uhr
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Der Nachrichtendienst des Bundes in Bern hat 2023 610 Asyldossiers und 81 Status-S-Gesuche überprüft.
Foto: Keystone
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Noch liegen die definitiven Zahlen nicht vor, doch letztes Jahr verzeichnete die Schweiz rund 30'000 neue Asylgesuche. Hunderte davon nahm der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) auf Wunsch des Staatssekretariats für Migration (SEM) genauer unter die Lupe. 

610 Asyldossiers hat der Geheimdienst im Jahr 2023 auf ein mögliches Gefährdungspotenzial abgecheckt. Diesmal hat der NDB kein einziges Asylgesuch zur Ablehnung empfohlen, wie Sprecherin Sonja Margelist auf Anfrage erklärt. Im Rekordjahr 2017 waren es noch 38.

Zwei Ukrainer als potenzielles Sicherheitsrisiko

Weiter wurden 81 Status-S-Gesuche ukrainischer Flüchtlinge durch den Geheimdienst überprüft. Das Resultat: «In einem Fall wurde die Ablehnung und in einem Fall der Entzug empfohlen», so Margelist. Im Jahr zuvor wurden 82 Ukrainer überprüft, ohne jegliche Ablehnungsempfehlung. 

Das Kontrollvolumen bei den ukrainischen Geflüchteten ist relativ tief, sind doch aktuell rund 66'000 Status-S-Flüchtlinge registriert. Dass das SEM verhältnismässig wenig ukrainische Dossiers an den Geheimdienst leitet, hat auch damit zu tun, dass hauptsächlich Frauen und Kinder geflüchtet sind. Das heisst aber nicht, dass die ukrainischen Flüchtlinge gar nicht kontrolliert werden. 

Gemäss SEM werden fast alle Personen, die den S-Status beantragen, einer Identitäts- und Sicherheitskontrolle unterzogen. Dazu gehören eine Personen- und Gepäckkontrolle, die Abnahme und Überprüfung der Zwei-Fingerabdrücke, die Kontrolle der Identitätsdokumente sowie der Abgleich in den relevanten Datenbanken.

139 potenzielle Gefährder seit 2010

Im regulären Asylbereich ist die NDB-Kontrolltätigkeit leicht zurückgegangen, obwohl die Asylzahlen nochmals gestiegen sind. Zur konkreten Entwicklung will sich der NDB nicht äussern. Generell gilt: Die Migrationsbehörde übermittelt dem Nachrichtendienst jeweils die Dossiers jener Asylsuchenden, bei welchen sich Hinweise ergeben, dass sie ein Risiko für die innere und äussere Sicherheit der Schweiz darstellen könnten. Die Verdächtigen werden dabei durch eine Abfrage in den NDB-Datenbanken sowie allenfalls in anderen externen Datenbanken überprüft.

Aus gewissen Ländern, in denen terroristische Zellen agieren, werden dem NDB alle Dossiers unterbreitet. Welche Länder aktuell auf dieser vom Bundesrat abgesegneten Liste figurieren, ist geheim. Bei den zur Ablehnung empfohlenen Asylsuchenden kann es sich etwa um islamistische Extremisten, Angehörige einer Terrororganisation oder aber um andere Gewalttäter handeln. Infrage kommen auch potenzielle Kriegsverbrecher.

Seit 2010 hat der Geheimdienst insgesamt 139 Asylsuchende als potenzielles Sicherheitsrisiko ausgemacht und nun also auch zwei ukrainische Geflüchtete.

Acht Einbürgerungen verweigert

Doch nicht nur Asyl- und Status-S-Dossiers hat der NDB im letzten Jahr überprüft, sondern auch 41'546 Einbürgerungsgesuche, wobei er acht davon zur Ablehnung empfahl – was im Vorjahr bei keinem einzigen Gesuch der Fall war. 

Im Weiteren überprüfte der Geheimdienst 6186 Gesuche im Bereich Ausländerdienst, wobei er aus Sicherheitsbedenken in 23 Fällen eine Ablehnung empfahl, 15 mehr als im Vorjahr! 13 davon betrafen Akkreditierungen (etwa bei Botschaften). Abgelehnt wurden auch sechs Aufenthaltsbewilligungen und drei Visumsgesuche. Schliesslich gab es auch noch eine Einreiseverweigerung.

Ob die negativen Empfehlungen im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stehen, mochte der NDB nicht konkret beantworten. Auch wenn die Behörden schweigen, so ist es gut möglich, dass Russen von Absagen betroffen sind. Denn laut NDB sind ein Drittel der hierzulande akkreditierten russischen Diplomaten Spione.

Fast 3 Millionen Flugpassagiere überprüft

Schliesslich kontrollierte der NDB auch 1,46 Millionen Datensätze im Rahmen des Visa-Konsultationsverfahrens, woraus zwei Ablehnungsempfehlungen resultierten. Damit wurden über 300'000 mehr Datensätze als im Vorjahr kontrolliert.

Daneben wurden die API-Datensätze (Advance Passenger Information) von 2,86 Millionen Personen auf 16'721 Flügen überprüft. Auch in diesem Bereich sind die Zahlen markant um über eine halbe Million angestiegen. Das hängt damit zusammen, dass nach dem Ende der Corona-Pandemie wieder mehr gereist und geflogen wird. 

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