«Sicherer Hafen»
So nett ist die Schweiz mit russischen Spionen

Die Schweiz ist für Russland als Spionage-Drehscheibe ein «sicherer Hafen». Denn: Die Behörden üben sich gegenüber russischen Agenten in Zurückhaltung.
Publiziert: 04.07.2023 um 10:09 Uhr
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Aktualisiert: 04.07.2023 um 13:22 Uhr
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Die russische Botschaft in Bern.
Foto: Keystone

Es ist das bisher einzige Urteil gegen einen russischen Spion in der Schweiz, wie die «NZZ» schreibt: Im Sommer 2019 erwischte die Genfer Polizei einen Mann mit russischem Pass, der mit gefälschten Nummernschildern unterwegs war und in seinem Gepäck mehrere Handys, eine Kamera, eine Drohne und mehrere Dokumente mit verschiedenen Namen mitführte. Sein Auftrag: Landsleute beschatten und allenfalls einschüchtern. Der Mann wurde wegen politischen Nachrichtendienstes per Strafbefehl zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

Dass es zu einem solchen Urteil kommt, ist selten. Zurückhaltend ist die Schweiz auch, wenn es um die Ausweisung von russischen Agenten geht. Recherchen der «NZZ» zufolge werden Mitarbeiter ausländischer Geheimdienste nur selten – «und wenn, dann ohne viel Lärm» – ausgewiesen oder verurteilt.

Solange die Spionagetätigkeit nicht die innere Sicherheit der Schweiz bedroht, halte sich der Bundesrat zurück. Wenn doch, dann wende sich das Aussendepartement (EDA) jeweils direkt an die Botschaft und fordere sie diskret auf, die Person abzuziehen – was auch meist passiere, wie gut unterrichtete Quellen gegenüber Blick erklären.

70 bis 80 russische Spione

Die Zahl der Agenten in russischen Vertretungen ist nach Angaben des Bundes konstant geblieben. 221 Personen sind gemäss EDA bei den russischen Vertretungen diplomatisch akkreditiert. Der Nachrichtendienst des Bundes NDB geht davon aus, dass gut ein Drittel davon – also 70 bis 80 Personen – für russische Geheimdienste tätig ist. In dieser Funktion offiziell akkreditiert ist aber nur ein kleiner Teil davon.

In seinem neusten Lagebericht von Ende Juni berichtet der NDB zudem, dass die Bedrohung durch ausländische, vor allem russische und chinesische, Spionage hoch bleibt.

Schweiz als «sicherer Hafen»

«Die Bedeutung der Schweiz als vergleichsweise sicherer Hafen für russische Geheimdienstarbeit nimmt zu, weil die Strukturen hier noch intakt sind», sagt Historiker und Geheimdienstexperte Adrian Hänni im Gespräch mit der «NZZ».

Er erachtet es daher als plausibel bis wahrscheinlich, dass verdeckte Aktivitäten russischer Geheimdienste in europäischen Ländern vermehrt aus der Schweiz heraus gesteuert werden. Die Schweiz sei aber auch schon früher als Spionagedrehscheibe aufgefallen.

Die zurückhaltende Praxis der offiziellen Schweiz ruft zunehmend die Politik auf den Plan. So fordern verschiedene Sicherheitspolitiker eine härtere Gangart gegenüber russischen Spionen. (SDA/rus)

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