Störsender könnten Fäll-Aktion verhindern
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Zu nah an russischer Botschaft:Störsender könnten Fäll-Aktion verhindern

Zoff im Berner Diplomatenquartier
Stören die Russen illegal das Funknetz?

Die russische Vertretung in Bern soll sich mit Störsendern abschirmen und ihre diplomatischen Nachbarn abhören. Doch der Nachweis ist schwierig, die Botschaft dementiert.
Publiziert: 30.04.2022 um 10:47 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2022 um 11:11 Uhr
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«Funkstörungen in der Nachbarschaft»: Die diplomatische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Bern.
Foto: Keystone
Fabienne Kinzelmann

Dienstag, 12. April. Im Garten der deutschen Botschaft im Berner Willadingweg läuft ein Helikopter-Einsatz. Neun kranke Bäume müssen weg. Bedeutet: rund zwei Dutzend Rotationen, 75 Minuten, Kostenpunkt 13'000 bis 14'000 Franken.

Eigentlich ein Routine-Einsatz für die Firma Rotex Helicopter AG aus Kägiswil OW: Ein Seil wird um die jeweilige Baumspitze gelegt, Spannung draufgebracht, gesägt – dann wird der Baum mit dem speziell für Aussenlasten entwickelten K-1200 K-Max weggeflogen.

Doch an diesem Tag klappt fast nichts.

Sieben Personen sind für die Fäll-Aktion vor Ort. Doch die Boden-Crew schafft es einfach nicht, sich mit dem Piloten zu koordinieren. Denn das Funknetz geht nicht. Ein, zwei Bäume schafft die Crew umständlich, dann gibt sie auf.

Einsatzleiter vermutet russischen Störsender

Am nächsten Tag wiederholt Rotex den Einsatz. Auch dann sind nach Aussagen der Crew «Flugstörungen» vorhanden – es rauscht und knackt gewaltig, die Verbindung ist zerrissen. Und zwar offenbar vor allem, wenn sich der Pilot einem Gelände der nahen russischen Botschaft nähert. Neben dem offiziellen Gebäude besitzt die russische Botschaft noch eine weitere Parzelle südöstlich der deutschen Botschaft.

«Ich habe das Gefühl, dort war ein Störsender», sagt Rotex-Einsatzleiter Bernhard Hitz (54) zu Blick. Dokumentiert ist der seltsame Vorfall auch auf der Instagram-Seite der deutschen Botschaft. Die Aktion habe wegen «Funkstörungen in der Nachbarschaft» abgebrochen werden müssen, heisst es dort diplomatisch.

Hitz ist sauer. «Das ist einfach ein No-Go», sagt er. «Die Flugsicherheit ist nicht mehr gewährleistet, wenn keine Kommunikation mit dem Piloten vorhanden ist.»

Das Botschaftsviertel gehört zur Kontrollzone des Flugplatzes Bern Belp. «Unser Pilot konnte am zweiten Tag zwar mit dem Tower kommunizieren. Aber in der Gegend der russischen Botschaft war der Funkverkehr zu unserer Boden-Crew gestört.»

Wer oder was störte das Funknetz?

Die Kantonspolizei und das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) sind über den Vorfall informiert. Denn das Stören des Funknetzes ist illegal. «Das Betreiben einer Fernmeldeanlage oder anderer Vorrichtung, die dazu bestimmt ist, den Fernmeldeverkehr oder den Rundfunk zu stören oder zu verhindern, ist strafbar», teilt das Bakom mit.

Eine Fernmeldeanlage könnte jedoch aus «verschiedenen Gründen» Störungen verursachen. «In diesem Fall kann das Bakom die Betreiberin verpflichten, die Anlage auf eigene Kosten zu ändern oder den Betrieb einzustellen, auch wenn sie den gesetzlichen Vorschriften entspricht.»

Mehrere Blick-Quellen vermuten, dass die russische Vertretung wegen des Kriegs in der Ukraine ihre eigene Kommunikation durch Störsender abschirmt. Der Nachweis ist schwierig, die Putin-Vertretung über den Verdacht empört.

Russische Botschaft: «Wir hatten nichts damit zu tun»

Die russische Botschaft bestreitet die Vorwürfe als «unzutreffend und voreingenommen». «Die Botschaft hatte überhaupt nichts mit eventuellen Funkstörungen des Helikopter-Service in ihrer Nähe zu tun. Wir möchten auch daran erinnern, dass wir eine diplomatische Vertretung und nicht was anderes sind», teilt Pressesprecher Vladimir Khokhlov auf Blick-Anfrage mit.

Der russische Diplomat kritisiert, dass die Funkstörung als mögliche «Umtriebe der bösen Russen» gedeutet würden. In dem Gebiet befänden sich schliesslich eine «beträchtliche Anzahl ausländischer diplomatischer Vertretungen».

Ergänzung: Russland besitzt südöstlich der deutschen Botschaft noch eine weitere Parzelle, die bis zur Aare hinunterreicht.

Doch so einfach ist die Sache eben nicht. Die russischen Botschaften dienen dem Kreml nachweislich auch für Spionage-Zwecke und zur Verbreitung von Propaganda. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben allein europäische Länder mindestens 330 russische Diplomaten ausgewiesen – mehrere Dutzend davon explizit wegen des Verdachts auf Geheimdienst-Aktivitäten.

Trotz Spionage-Verdacht weist Schweiz niemanden aus

Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock (41) erklärte am Montag, die ausgewiesenen Angehörigen der russischen Vertretungen in Deutschland seien nicht einen Tag im Dienste der Diplomatie tätig gewesen: «Vielmehr haben diese Personen jahrelang und systematisch gegen unsere Freiheit und gegen den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gewirkt. Ihre Arbeit bedrohte zudem auch diejenigen, die bei uns Schutz suchten, das konnten wir nicht länger dulden, und so etwas werden wir auch in Zukunft nicht mehr dulden.»

Ein ähnlicher Verdacht besteht auch in der Schweiz. Gegenüber dem SonntagsBlick räumte der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) Anfang April ein, dass rund ein Drittel des hierzulande akkreditierten Personals der russischen Vertretungen als Mitarbeiter des Geheimdienstes identifiziert oder zumindest verdächtigt ist – das wären 70 Spione. Im Berner Botschaftsviertel rechnen diplomatischer Vertreter laut Blick-Quellen etwa grundsätzlich damit, von ihren russischen Nachbarn abgehört zu werden.

Der Bundesrat hat sich dennoch bislang gegen die Ausweisung russischer Diplomaten entschieden. Es komme «immer mal wieder vor», dass Spione als Diplomaten getarnt seien, relativierte Bundespräsident Ignazio Cassis in der SRF-«Samstagsrundschau» vom 16. April den systematischen Missbrauch des Diplomatenstatus durch Russland.

Aktuell habe der NDB niemanden benannt, der aus «inneren Sicherheitsgründen» ausgewiesen werden müsse, so Cassis. Zudem wolle die Schweiz die Gesprächskanäle mit Russland aufrechterhalten.

Ohne Störsender wohl kein Problem.

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