Armasuisse-Chef will das Land mithilfe der Europäer aufrüsten – Armee kaum mehr abschreckend
«Schweiz lebt in einer Illusionsblase»

Armasuisse-Chef Urs Loher sieht eine Situation wie im Kalten Krieg und will die heimische Rüstung stärken. Die Schweiz solle sich zudem bei der Rüstungsbeschaffung mit den anderen europäischen Ländern abstimmen und bei deren Bestellungen mitmachen.
Publiziert: 07.03.2024 um 07:37 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2024 um 17:17 Uhr
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Armasuisse-Chef Urs Loher sieht eine Situation wie im Kalten Krieg und will die heimische Rüstung stärken. Die Schweiz solle gemeinsam anderen europäischen Ländern Rüstungsprojekte beschaffen.
Foto: ANTHONY ANEX

In der Ukraine tobt der Krieg – und die Welt rüstet aus. Armasuisse-Chef Urs Loher vergleicht die Situation mit jener im Kalten Krieg und will die heimische Rüstung stärken. Dabei solle sich die Schweiz bei der Rüstungsbeschaffung mit den anderen europäischen Ländern abstimmen und bei deren Bestellungen mitmachen, erklärt der oberste Waffeneinkäufer des Landes.

«Wir benötigen ja meist viel kleinere Stückzahlen als andere Länder. So hat es dann für uns auch Platz», sagt Loher in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit Tamedia. Die Schweiz müsse aber auch vorsorgen: «Bei den Rüstungsvorhaben, die wir jetzt aufgleisen, schauen wir, dass wir möglichst Schlüsselkomponenten in der Schweiz selbst bauen können.»

«Dass die Schweiz vermehrt umgangen wird, macht mir Sorgen»

Das gebe der Schweiz einen Unterpfand in die Hand, sagt Loher. Als Beispiel für einen Unterpfand nennt er ein in der Schweiz produziertes, sicherheitsrelevantes Bauteil für den US-amerikanischen F/A-18-Kampfjet: «Der Hersteller McDonnell Douglas, respektive Boeing, hat dieses Bauteil für alle Jets dieses Typs in der Schweiz bezogen. Das hat eine gegenseitige Abhängigkeit geschaffen. Ein solches Pfandsystem streben wir auch für künftige Rüstungsvorhaben an.»

Wegen des kleinen Heimmarkts sei die Schweizer Rüstungsindustrie allerdings auf Exporte angewiesen, so der Chef von Armasuisse, dem Kompetenzzentrum des Verteidigungsdepartements für Beschaffung, Technologie und Immobilien. «Das Problem dabei ist: Unser Land wird zunehmend als unzuverlässig wahrgenommen, wenn es um Waffenexporte geht.» Er spüre die zunehmende Zurückhaltung des Auslands, dazu habe die deutsche Rheinmetall teils Kapazitäten aus der Schweiz verlegt. «Dass die Schweiz generell vermehrt umgangen wird, macht mir Sorgen», sagt Loher.

«Ich zweifle, ob unsere Armee im Moment so abschreckend ist»

«Ich habe den Eindruck, die Schweiz lebt in einer Illusionsblase», so der Armasuisse-Chef weiter. «Die Notwendigkeit, dass wir mehr in die Verteidigung investieren müssen, ist nicht überall angekommen.» Er sorge sich, dass man erst zu spät merke, dass man früher hätte handeln müssen. Er sehe eine Situation wie damals im Kalten Krieg. «Und da ist natürlich die Abschreckung möglicher Angreifer durch eine starke, gut ausgerüstete Armee essenziell», sagte Loher. «Aber ich zweifle, ob unsere Armee im Moment so abschreckend ist. Der Nachholbedarf ist riesig.»

Während der Produktionsstandort Schweiz für klassisches Rüstungsmaterial Einschränkungen aufweist, sieht Loher Potenzial in neuen Bereichen: «Nicht nur bei den Drohnen ist die Schweiz gut aufgestellt, auch bei der Robotik und bei unbemannten Systemen sowie künstlicher Intelligenz oder Quantentechnologie», sagt er. «Das sind militärisch wichtige Forschungsbereiche, die wir unbedingt in unseren Händen behalten müssen.»

So habe etwa China einem Forschungsinstitut im Drohnenbereich der Universität Zürich hohe Mittel in Aussicht gestellt, so Loher weiter. «Wir müssen aufpassen, dass wir unser Know-how nicht an China ausverkaufen.» (SDA)

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