Anti-Corona-Offensive des Bundes stösst auf Widerstand
Kantone fürchten die Wut der Impfgegner

Die nationale Impfoffensive soll nochmals möglichst viele zum Piks bewegen. Doch mehrere Kantone haben Bedenken. Sie befürchten, auf erbitterten Widerstand von Impfgegnern zu stossen.
Publiziert: 23.10.2021 um 00:59 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2021 um 06:53 Uhr
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Die Impfung bleibt für Bund und Kantone der Königsweg, um aus der Pandemie herauszukommen.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Den Kantonsbehörden ist nicht wohl. Der Grund fürs Unbehagen ist die grosse Impfoffensive des Bundes. Mit ihr sollen nochmals möglichst viele Menschen zum Piks bewegt werden. Gerade in manchen Kantonen mit tiefer Impfrate machen sich Sorgen breit. Sie befürchten erbitterten Widerstand von Impfgegnern, Protestaktionen und Angriffe auf Impfbusse oder Berater. «Die schlagen uns die Scheiben ein», sagt ein Kantonsvertreter.

Ihre Bedenken haben die Kantone am Mittwoch bei einem Workshop mit dem Bund vorgebracht. Das bestätigen mehrere Veranstaltungsteilnehmer. Öffentlich aber will sich niemand äussern. «Wir sind gehalten, über die Veranstaltung vom Mittwoch sehr zurückhaltend zu informieren», erklärt ein Teilnehmer.

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Die Stimmung ist aufgeheizt

Die Sorgen sind nicht aus der Luft gegriffen. In Diessenhofen TG etwa haben radikale Impfgegner einen Mitarbeiter des Thurgauer Impfbusses tätlich angegriffen. In Amriswil TG versuchten sie, Impfwillige vom Piks abzuhalten. Und das sind keine Einzelfälle. Immer wieder sehen sich Mitarbeitende und Impfwillige bedrängt und bedroht.

Chur wollte ein Impfteam an verschiedene Schulen schicken. Die Aktion musste aber abgeblasen werden. Die Bündner Hauptstadt hatte viel zu viele Drohungen erhalten. Ähnliches erlebten Baselbieter Behörden. Auch hier kam es zu Drohungen wegen Schulimpfungen.

Inzwischen finden Impfaktionen deshalb nun oft in Gebäuden statt. So können Demonstranten und allfällige Störenfriede auf Abstand gehalten werden. Vereinzelt kommt auch Sicherheitspersonal zum Einsatz.

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Besonderer Effort, wo der Widerstand am grössten ist

Die Stimmung im Land ist aufgeheizt. Dennoch wollen Bund und Kantone mit der bis zu 100 Millionen Franken teuren Impfoffensive Gas geben, um die Impfrate schweizweit zu erhöhen. Im Auge hat Gesundheitsminister Alain Berset (49) dabei vor allem jene Kantone mit besonders niedriger Impfquote wie Obwalden, die beiden Appenzell und Schwyz.

Denn die wieder ansteigenden Fallzahlen belegen: Gerade dort, wo wenige Menschen gepikst sind, schlägt das Coronavirus besonders stark zu. Deshalb sollte vor allem in jenen Kantonen der Impf-Effort kräftig ausfallen. Doch ausgerechnet dort ist auch der Widerstand besonders stark.

«Wir befürchten, dass wir viele Menschen eher hässig machen, als sie zur Impfung zu animieren», plaudert ein Kantonsvertreter aus dem Nähkästchen. Offiziell will niemand reden. Es soll nicht unnötig Öl ins Feuer gegossen werden. Sicherheitsmassnahmen aber scheinen für die Impfoffensive bisher kaum geplant zu werden. Eher werden Konzepte angepasst, um möglichst niemanden vor den Kopf zu stossen.

Konzepte mit angezogener Handbremse

Aber nicht alle Kantone befürchten Ärger. «Man kennt sich und weiss, wie man miteinander umgehen muss», heisst es aus einem ländlich geprägten, kleineren Kanton. Gleichzeitig erlegen sich die Behörden aber Zurückhaltung auf: «Man muss ja nicht gleich mit einer riesigen Staatspropaganda auffahren.» So würden sicher keine öffentlichen Vorträge mit Corona-Experten organisiert. Denn durch solche fühlten sich Impfskeptiker nur unnötig provoziert. Impfberatung sei auch im kleineren Rahmen möglich – und wohl zielführender.

Andernorts scheinen die Behörden jedoch zu resignieren. «Übung halt! Wir haben alles gemacht, was ging», wurde der Innerrhoder Kantonsarzt Markus Schmidli kürzlich im SonntagsBlick zitiert. Wer sich impfen lassen wollte, habe dies längst getan. «Die anderen wollen nicht.»

Der Wille zur Impfoffensive sei durchaus vorhanden, versichern die Kantone dennoch – der Glaube an den Erfolg allerdings weniger. Schmidli: «Der Bundesrat kann träumen, es nützt nichts. Die Leute sind informiert, sie wollen einfach nicht mehr.»

Die Impfoffensive droht ins Stocken zu geraten, noch bevor sie begonnen hat.

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