Anruf-Welle nach Prämienschub – jetzt reicht es auch den Politikern
Der Telefonterror der Krankenkassen-Makler hat begonnen

Nächste Woche werden die neuen Prämien bekannt gegeben. Der nervige Telefonterror von Krankenkassen-Maklern hat bereits begonnen. Genervt zeigen sich auch Politiker – und rufen nach neuen Massnahmen.
Publiziert: 21.09.2023 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2023 um 09:31 Uhr
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Gesundheitsminister Alain Berset muss erneut einen happigen Prämienschock bekannt geben.
Foto: AFP
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Lisa B.* aus Bern hat sich über die Anrufe zuerst gewundert. Dann grün geärgert. «Ich wurde in den letzten Tagen mehrfach angerufen von einer französisch sprechenden Frau», erzählt sie Blick. «Sie wollte unbedingt abends zu mir nach Hause kommen, um über meine Krankenkasse zu sprechen – schliesslich stehe wieder eine Prämienerhöhung bevor.» Irritiert war Lisa B. vor allem, dass die Frau nicht nur wusste, wo sie wohnt, sondern auch, bei welcher Krankenkasse sie versichert ist. «Sie war sehr penetrant, wurde sogar aggressiv, als ich mehrfach ablehnte.»

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Lisa B. ist mit ihrem Frust nicht alleine. Unerwünschte Anrufe sind immer wieder ein Ärgernis – gerade zur Zeit der Krankenkassenwechsel im Herbst. Versicherungsmakler haben dann Hochkonjunktur. Vor allem, wenn Gesundheitsminister Alain Berset (51) am kommenden Dienstag einmal mehr einen kräftigen Prämienschub bekannt gibt.

Thema beschäftigt Parlament seit Jahren

Davon bleiben auch Politikerinnen und Politiker nicht verschont. Im Bundeshaus klagen mehrere Parlamentsmitglieder ebenfalls über den Telefonterror. SP-Nationalrätin Sarah Wyss (35) hat sich kürzlich auf dem Kurznachrichtendienst X über die Dauerbelästigung beklagt.

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Das Thema beschäftigt das Parlament seit Jahren. Denn die den Vermittlern ausbezahlten Provisionen gehören zu den administrativen Kosten der Versicherer und treiben die Krankenkassenprämien in die Höhe. Dabei wäre die sogenannte Kaltakquise eigentlich verboten – also Werbeanrufe, ohne dass der Angerufene Interesse daran bekundet hätte.

Parlamentarier fordern weitere Massnahmen

Zwar hat das Parlament vor einem Jahr ein Gesetz verabschiedet, das die Vermittlertätigkeit schärfer regeln soll. Dieses aber ist noch nicht in Kraft. Ausserdem hat sich trotz der erklärten Absicht der Branche, diese Belästigung abzustellen, wenig geändert. Es haben nicht einmal alle Kassen die entsprechende Vereinbarung unterschrieben. Angefeuert durch den Prämienschub wird in Bundesbern nun eine neue Welle des Telefonterrors befürchtet.

SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner (41) hat bereits eine Motion angekündigt, um dem Makler-Prinzip einen Riegel vorzuschieben. Vermittlungen bei Krankenkassen-Kunden in der Grund- und Zusatzversicherung sollen verboten werden. Freiwillige Branchenvereinbarungen würden offensichtlich nichts nützen, findet auch SP-Nationalrätin Barbara Gysi (59).

Der Bundesrat zeigt sich jedoch sehr zurückhaltend und verweist darauf, dass das Parlament keine verpflichtende Vereinbarung für die Versicherer gewollt habe. Daher will die Regierung auch nicht aktiv werden: «Allfällige Anstösse zu einer weiteren Verschärfung der Regelung müssten aus dem Parlament kommen.»

Santésuisse verweist auf kommendes Gesetz

Zwar haben die Krankenkassen erst auf Anfang Monat ihre Branchenvereinbarung für Versicherungsmakler aufgeweicht. Beim Branchenverband Santésuisse gibt man sich dennoch gelassen: «Wir sind zuversichtlich, dass die neuen gesetzlichen Bestimmungen so griffig sind, dass ungebetene Telefonanrufe auch in Zukunft zurückgedrängt werden», erklärt Santésuisse-Sprecher Matthias Müller.

Von Experten wird die Branchenvereinbarung allerdings in Zweifel gezogen. Sie sei löchrig und nicht rechtsverbindlich, urteilt Felix Schneuwly (63), Krankenkassenexperte beim Vergleichsdienst Comparis.

Auch im Parlament bleibt Unmut. «Die Aufweichung der Branchenvereinbarung ist kaum zufällig, da diesen Herbst mit grossen Krankenkassenprämien-Aufschlägen zu rechnen ist», sagt SP-Nationalrätin und Konsumentenschutz-Präsidentin Nadine Masshardt (38). Da der Bundesrat nichts tun wolle, steht für sie fest: «Das Parlament muss nun selber handeln.»

* Name der Redaktion bekannt

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