In zwei Wochen schlägt der Prämienhammer wieder zu. Dann verkündet Gesundheitsminister Alain Berset (51), wie stark die Krankenkassenprämien für 2024 steigen. Experten rechnen mit einer Zunahme von sechs bis neun Prozent. Kommt es so weit, muss eine Person im Jahr durchschnittlich 4800 Franken an die Krankenkasse überweisen.
Den Anstieg wird vor allem die Mittelschicht zu spüren bekommen, da sie meist keine Prämienverbilligungen erhält. Aber auch wer darauf Anspruch hat, kommt zunehmend in wirtschaftliche Bedrängnis. Denn die Prämien steigen seit Jahrzehnten – und die Prämienverbilligungen halten damit nicht Schritt.
Was will die Politik gegen die steigenden Prämien unternehmen?
Initiative vs. Gegenvorschlag
Das Rezept der Sozialdemokraten gegen die Misere nennt sich Prämienentlastungs-Initiative. Das Volksbegehren sieht vor, dass niemand mehr als 10 Prozent des Einkommens für die Prämien ausgeben muss. Der Rest würde durch Prämienverbilligungen subventioniert. Voraussichtlich 2024 kommt die Initiative zur Abstimmung.
Wird sie angenommen, muss der Bund knapp 3,7 Milliarden zusätzlich für die Prämienverbilligung ausgeben. Und auch die Kantone wären stärker gefordert. Sie müssten weitere 800 Millionen beisteuern.
Doch in Bundesbern stösst das Vorhaben auf Widerstand. Sowohl der Bundesrat als auch das Parlament lehnen die Initiative ab und verweisen auf die hohen Kosten. Man konnte sich aber auf einen Gegenvorschlag einigen. Er sieht vor, dass die Kantone ihr Budget um insgesamt rund 356 Millionen Franken aufstocken müssen. Die Beiträge des Bundes bleiben gleich.
Kantone haben 234 Millionen zurückgehalten
Im vergangenen Jahr haben 21 Kantone ihr Budget, das für Prämienverbilligungen vorgesehen war, nicht ausgeschöpft. So sind 234 Millionen in den Kantonskassen liegengeblieben.
Wie ist die Lage in den einzelnen Kantonen? Blick zeigt, wo die Prämienverbilligungen bei einem Ja zu Initiative oder Gegenvorschlag wie stark steigen könnten – und wie viel Geld jeder Kanton im Jahr 2022 zurückbehalten hat.
Aargau
- Im Jahr 2020 zahlte der Kanton Aargau insgesamt Prämienverbilligungen im Umfang von 116,4 Millionen Franken aus.
- Wäre die SP-Initiative schon in Kraft, wären es 61 Millionen Franken mehr gewesen.
- Wäre der Gegenvorschlag in Kraft, hätte der Aargau nur 26,8 Millionen Franken mehr zahlen müssen.
- 2022 schöpfte der Aargau 94 Prozent seines Budgets für Prämienverbilligungen aus. Vorgesehen waren 142,2 Millionen, effektiv ausbezahlt wurden 134 Millionen Franken.
Appenzell Ausserrhoden
- Prämienverbilligungen 2020: 11,5 Millionen Franken
- SP-Initiative: +4,2 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +0,8 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 15 von 15,5 Millionen Franken (96 Prozent ausgeschöpft)
Appenzell Innerrhoden
- Prämienverbilligungen 2020: 0,7 Millionen Franken
- SP-Initiative: +1,8 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +0,8 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 0,9 von 1,4 Millionen Franken (65 Prozent ausgeschöpft)
Basel-Landschaft
- Prämienverbilligungen 2020: 49,4 Millionen Franken
- SP-Initiative: +74,1 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +56,4 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 54,7 von 61,7 Millionen Franken (89 Prozent ausgeschöpft)
Basel-Stadt
- Prämienverbilligungen 2020: 134,9 Millionen Franken
- SP-Initiative: +0
- Gegenvorschlag: +0
- 2022 effektiv ausbezahlt: 110,5 von 123,3 Millionen Franken (90 Prozent ausgeschöpft)
Bern
- Prämienverbilligungen 2020: 278,2 Millionen Franken
- SP-Initiative: +159,4 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +65 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 290 von 312,9 Millionen Franken (93 Prozent ausgeschöpft)
Freiburg
- Prämienverbilligungen 2020: 77,9 Millionen Franken
- SP-Initiative: +32,8 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +4,9 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: Statt der budgetierten 75,8 Millionen hat der Kanton 78,3 Millionen Franken ausbezahlt (103 Prozent ausgeschöpft)
Genf
- Prämienverbilligungen 2020: 348 Millionen Franken
- SP-Initiative: +0
- Gegenvorschlag: +0
- 2022 effektiv ausbezahlt: 366,7 von 385,6 Millionen Franken (95 Prozent ausgeschöpft)
Glarus
- Prämienverbilligungen 2020: 6 Millionen Franken
- SP-Initiative: +5,5 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +4,4 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 6,7 von 8,1 Millionen Franken (83 Prozent ausgeschöpft)
Graubünden
- Prämienverbilligungen 2020: 52,3 Millionen Franken
- SP-Initiative: +17,2 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +6,5 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 40,6 von 62,3 Millionen Franken (65 Prozent ausgeschöpft)
Jura
- Prämienverbilligungen 2020: 25,8 Millionen Franken
- SP-Initiative: +14 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +0
- 2022 effektiv ausbezahlt: 32,4 von 32,7 Millionen Franken (99 Prozent ausgeschöpft)
Luzern
- Prämienverbilligungen 2020: 56,1 Millionen Franken
- SP-Initiative: +44,4 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +27,6 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: Statt der budgetierten 67,3 Millionen hat der Kanton 71,5 Millionen Franken ausbezahlt (106 Prozent ausgeschöpft)
Neuenburg
- Prämienverbilligungen 2020: 66,1 Millionen Franken
- SP-Initiative: +37,6 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +0
- 2022 effektiv ausbezahlt: 61,9 von 66,3 Millionen Franken (93 Prozent ausgeschöpft)
Nidwalden
- Prämienverbilligungen 2020: 2,2 Millionen Franken
- SP-Initiative: +4,7 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +4,4 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 1,8 von 3,8 Millionen Franken (50 Prozent ausgeschöpft)
Obwalden
- Prämienverbilligungen 2020: 5,1 Millionen Franken
- SP-Initiative: +3,2 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +1,9 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 6,1 von 9,2 Millionen Franken (67 Prozent ausgeschöpft)
Schaffhausen
- Prämienverbilligungen 2020: 27,8 Millionen Franken
- SP-Initiative: +0
- Gegenvorschlag: +0
- 2022 effektiv ausbezahlt: 28,9 3,0 von Millionen Franken (97 Prozent ausgeschöpft)
Schwyz
- Prämienverbilligungen 2020: 18,4 Millionen Franken
- SP-Initiative: +17,8 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +17 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 17,2 von 21,3 Millionen Franken (81 Prozent ausgeschöpft)
Solothurn
- Prämienverbilligungen 2020: 68,6 Millionen Franken
- SP-Initiative: +31,6 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +15,5 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 70,5 von 74,6 Millionen Franken (95 Prozent ausgeschöpft)
St. Gallen
- Prämienverbilligungen 2020: 58,5 Millionen Franken
- SP-Initiative: +91,8 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +72,5 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 72,7 von 80,7 Millionen Franken (90 Prozent ausgeschöpft)
Tessin
- Prämienverbilligungen 2020: 192,1 Millionen Franken
- SP-Initiative: +11,6 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +0
- 2022 effektiv ausbezahlt: 219,5 von 226 Millionen Franken (97 Prozent ausgeschöpft)
Thurgau
- Prämienverbilligungen 2020: 50,7 Millionen Franken
- SP-Initiative: +27,6 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +8,9 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 53,8 von 62,7 Millionen Franken (86 Prozent ausgeschöpft)
Uri
- Prämienverbilligungen 2020: 3,6 Millionen Franken
- SP-Initiative: +3,7 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +2,7 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 4,5 von 4,5 Millionen Franken (100 Prozent ausgeschöpft)
Waadt
- Prämienverbilligungen 2020: 498,5 Millionen Franken
- SP-Initiative: +0
- Gegenvorschlag: +0
- 2022 effektiv ausbezahlt: 478,9 von 482,9 Millionen Franken (99 Prozent ausgeschöpft)
Wallis
- Prämienverbilligungen 2020: 76,1 Millionen Franken
- SP-Initiative: +61,7 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +32,8 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 118,6 von 119 Millionen Franken (99 Prozent ausgeschöpft)
Zug
- Prämienverbilligungen 2020: 18,8 Millionen Franken
- SP-Initiative: +2 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +0
- 2022 effektiv ausbezahlt: Statt den budgetierten 16,6 Millionen hat der Kanton 17,6 Millionen Franken ausbezahlt (106 Prozent ausgeschöpft)
Zürich
- Prämienverbilligungen 2020: 371,1 Millionen Franken
- SP-Initiative: +97,6 Millionen Franken
- Gegenvorschlag: +6,9 Millionen Franken
- 2022 effektiv ausbezahlt: 388,7 von 489,9 Millionen Franken (79 Prozent ausgeschöpft)