Im Nachhinein ist für SVP-Nationalrat Mike Egger (29) klar: Er hätte Anzeige machen müssen. Der St. Galler Politiker ist beim Wochenendeinkauf in Widnau SG von einem unbekannten Täter angegriffen worden. Zum gewaltsamen Vorfall sei es vor einigen Monaten gekommen – am Tag nach einem Auftritt in der SRF-Politsendung «Arena» zum CO2-Gesetz, sagt Egger.
«Im Laden sprachen mich zwei junge Männer an und fragten, ob ich Mike Egger sei», erinnert er sich. Zu diesem Zeitpunkt seien sie noch ganz freundlich gewesen, er habe sich nichts dabei gedacht. «Doch als ich an der Kasse stand, fing der eine plötzlich an herumzuschreien.» Der Mann habe ihm durch den halben Laden Beschimpfungen zugerufen.
Filialleiter nahm Verfolgung auf
Egger blieb cool und reagierte nicht. Das habe den Mann wohl aber nur noch hässiger gemacht. «Er schob die Person vor mir zur Seite und kickte mich mit dem Fuss in die Seite.» Egger – dessen Schwester Stephanie (33) Profi-Kampfsportlerin ist – sagt, er sei im ersten Moment ganz verdattert gewesen. Zurückschlagen sei für ihn natürlich nicht infrage gekommen. «Ein anderer Kunde griff dann ein und sagte ihm, er solle abfahren.»
Der Angreifer sei daraufhin rausgerannt, der Filialleiter hinterher. Doch dieser habe ihn nicht fassen können. Laut Egger soll es bei dem Angriff auch zu einem kleineren Sachschaden gekommen sein.
«Der Vorfall hat mir zu denken gegeben», sagt der Politiker. In welchem Zusammenhang der Supermarkt-Angriff stand, weiss er nicht. Der Angreifer hatte nicht gesagt, was sein Motiv ist.
«Ich bekomme mehr Drohungen»
Verbale Angriffe via Mail, Social Media oder Briefe gehören für Politiker und gerade Politikerinnen zum Alltag. «In den vergangenen Monaten hat sich die Situation aber zugespitzt. Ich bekomme mehr Drohungen, mehr Beleidigungen», sagt Egger. Einmal habe ihm jemand eine Maske geschickt, die aussah, als wäre sie mit Blut beschmiert.
Die Polizei eingeschaltet hat Egger bislang noch nicht. Auch nach dem Angriff beim Einkaufen nicht. «Das war ein Fehler.» Er habe lange überlegt und als er schliesslich doch zum Schluss kam, dass er eine Anzeige machen sollte, hatte das Geschäft bereits die Aufnahmen der Überwachungskameras gelöscht.
Egger verteidigt Ueli Maurer
Der SVP-Nationalrat sagt, er finde den Austausch mit Menschen, die eine andere Meinung vertreten, wichtig. «Gewalt ist aber ein No-Go.» Man müsse aufeinander zugehen und einander zuhören.
Den Vorwurf, dass mit SVP-Bundesrat Ueli Maurer (70) eines der prominentesten Parteimitglieder mit seinem Verhalten aber mehr zur Spaltung als dem Zusammenhalt beiträgt, weist er von sich. Der Finanzminister hatte vergangenes Wochenende an einem Anlass, an dem auch Egger geladen war, in einem Hemd der massnahmenkritischen Freiheitstrychler posiert. Die Provokation hat hohe Wellen geschlagen. An der Demo vergangene Woche in Bern hatten Massnahmengegner laut Maurers Vornamen gerufen.
Egger hingegen bezeichnet das Posieren mit den Freiheitstrychlern als «völlig harmlose Aktion». «Bundesrat Ueli Maurer geht auf die Menschen zu und sucht mit allen Anspruchsgruppen den Dialog, was mir gerade in der aktuellen Krise als wichtig erscheint.»