Herr Brotz, die Stadtpolizei Zürich schickt am Freitag die Sondereinheit Skorpion an den Leutschenbach, um Bundesrat Alain Berset vor Angriffen zu schützen. Haben Sie das schon einmal erlebt?
Sandro Brotz: Für die Begleitung und den Schutz von Bundesrat Alain Berset ist der Bundessicherheitsdienst in Zusammenarbeit mit den lokalen Polizeibehörden zuständig. Diese beurteilen, wie stark Bundesräte gefährdet sind und ordnen entsprechende Sicherheitsmassnahmen an. Ich habe solche Einsätze, die sehr professionell und unaufgeregt von sich gehen, immer mal wieder erlebt – zuletzt bei Bundespräsident Guy Parmelin in einer Abstimmungs-«Arena».
Seit wann werden Bundesräte bei «Arena»-Auftritten derart stark beschützt?
Bei Auftritten von Bundesrätinnen und Bundesräten hat es schon immer ein eigenes Dispositiv gegeben. Es trifft jedoch zu, dass die Bedrohungslage in der Pandemie zugenommen hat. Dies wird auch von der Bundespolizei Fedpol bestätigt.
Macht Ihnen das Sorgen?
Ich bedaure diese Entwicklung. Corona hat eine eigentliche Wutwelle mit sich gebracht, in der die Politik und auch die Medien für manche Menschen zur Projektionsfläche ihrer eigenen Situation geworden sind.
Während der Pandemie haben Drohungen gegenüber Politikerinnen und Politikern stark zugenommen. Wie ist es bei Ihnen, werden Sie auch öfter angefeindet und bedroht?
Wer eine kontroverse Sendung moderiert, steht im Schaufenster. Dazu gehören leider auch Angriffe unter der Gürtellinie oder Anfeindungen. Ich persönlich kann damit umgehen, aber es hört dann auf, wenn mein Umfeld davon betroffen ist.
Haben Sie schon Fälle angezeigt?
Ich stehe mit unserem Rechtsdienst und den Behörden in Kontakt, möchte aber dazu nicht weiter Stellung nehmen. Nur so viel: Wer die Grenzen überschreitet, muss damit rechnen, auch zur Rechenschaft gezogen zu werden. Hass ist keine Meinung. Nie.
Gibt es Situationen, in denen Sie ebenfalls Personenschutz benötigen?
Ich hoffe, dass es nie soweit kommen wird. Es zeichnet die Schweiz aus, einander zuzuhören und mit Argumenten zu fechten – und nicht mit Drohungen oder gar Gewalt.
Sie haben sich nach einem umstrittenen Corona-Tweet eine Zeit lang von den sozialen Medien zurückgezogen. Nun sind Sie zurück. Weshalb?
Ich habe mich insbesondere von Twitter zurückgezogen, weil der Tonfall dort zunehmend gehässig geworden ist und oftmals keine eigentliche Debatte mehr entsteht. Auf anderen Kanälen wie Instagram geht es weitaus gesitteter zu und her. Nahbarkeit ist mir wichtig. Da gehört auch Kritik dazu. Man darf nicht vergessen, dass viele Rückmeldungen auch zu konkreten Inputs für die Sendung führen.
Sie und ihr Team haben für die Corona-«Arena» mit zahlreichen Menschen gesprochen. Wie nehmen Sie die Stimmung im Land wahr?
Wir sind regelrecht überrannt worden mit Zuschriften von Zuschauerinnen und Zuschauern, die Bundesrat Alain Berset eine Frage stellen wollen. Das zeigt mir, wie das Virus nach wie vor alle unsere Lebensbereiche durchdringt. Persönlich spüre ich, dass nach wie vor ein Graben da ist – insbesondere bei der Frage des Impfens.
Am Wochenende sorgte der Angriff eines Corona-Skeptikers auf die Zürcher Regierungsrätin Natalie Rickli für Schlagzeilen. Wie garantieren Sie, dass sich kein gewalttätiger Corona-Skeptiker unter Ihren Studiogästen befindet?
Wir haben mit allen Publikumsgästen ausführlich gesprochen. Mit den meisten habe ich auch selbst geredet und bin überzeugt, dass es ihnen um die Sache geht. Schliesslich hat man nicht jeden Tag, die Möglichkeit, einem Bundesrat eine kritische Frage zu stellen. Diese Chance werden die Zuschauerinnen und Zuschauer nutzen. Ich freue mich auf diesen Dialog zwischen Bundesrat Berset und der Bevölkerung.
Das Interview mit Sandro Brotz wurde schriftlich geführt.