Auf einen Blick
- Alain Berset beginnt als Generalsekretär des Europarats
- Berset sieht Ukraine-Krieg als seine erste Priorität
- Für seine Arbeit wird er viel Zeit in Strassburg verbringen
Es war ein Wahlkrimi, als Alain Berset (52) im Juni als Generalsekretär des Europarats gewählt wurde. Am Mittwoch ist sein erster Arbeitstag. Auf Berset warten viele Herausforderungen. Der Europarat will Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Europa fördern. Doch mit dem Ruf des Rates steht es nicht zum Besten. So hat der Europarat an Bedeutung verloren. Im Januar wurde Aserbaidschan aufgrund der Verschlechterung der Menschenrechte aus der parlamentarischen Versammlung ausgeschlossen. Auch Russland musste nach dem Start des Angriffskriegs auf die Ukraine im Jahr 2022 den Rat verlassen.
Als Generalsekretär ist Berset für die strategische Leitung verantwortlich, hat rund 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter sich und wird eine stark repräsentative Funktion einnehmen. So steht er mit anderen Staats- und Regierungschefs auf einer Stufe und muss sich somit auf dem diplomatischen Parkett beweisen.
Ukraine «erste Priorität»
Die «erste Priorität» wird für Berset der Krieg in der Ukraine haben, sagte er kurz nach seiner Wahl. Der Europarat will ein Schadensregister für die Ukraine einrichten, das längerfristig als Grundlage für Entschädigungszahlungen dient.
Auch mit China, Indien und dem globalen Süden werde er Kontakte pflegen und in den Dialog treten. Der Europarat sei nicht überall so sichtbar, wie es nötig wäre, so Berset nach der Wahl.
Viel Arbeit wartet also auf den Freiburger. Der freut sich auf die neue Aufgabe, wie er im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. «In der Politik kenne ich nur eine Methode: alles geben.» Seine Zeit als Bundesrat scheine schon lange zurückzuliegen. «Die Herausforderung wird grösser sein, als ich es gewohnt war, als ich mit 26 Kantonen und vier Sprachen als Bundesrat arbeitete», sagte Berset. «Jetzt werde ich es mit 46 Mitgliedsländern, vielen verschiedenen Sprachen und einer grossen Vielfalt zu tun haben.»
Es sei keine einfache Zeit, um den neuen Job zu starten, dessen ist sich Berset bewusst. «Es gibt Länder, in denen es schwere Menschenrechtsverletzungen, Verstösse gegen demokratische Prinzipien oder den Rechtsstaat gibt. Sie bleiben jedoch Mitglieder des Europarats und sind daher verpflichtet, die Europäische Menschenrechtskonvention einzuhalten», erklärte Berset. «Eine Verbesserung ist natürlich notwendig.»
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Für den alt Bundesrat ist klar: «Wir befinden uns derzeit in einer Phase, in der die Kräfte eher auseinanderdriften, nachdem sie lange Zeit konvergierten», sagte Berset im Interview mit Keystone-SDA. «Eine neue Annäherung zu erreichen, wird eine der grossen Herausforderungen der kommenden Jahre sein. Es ist eine titanische, aber notwendige Aufgabe.»
Lohn wie ein Bundesrat
Immerhin, als Generalsekretär erwarten Berset auch einige Annehmlichkeiten. So zum Beispiel der Lohn: Der Generalsekretär verdient etwas mehr als 215'000 Euro, dazu kommen verschiedene Zulagen. Aktuell bezieht Berset dazu ein Ruhegehalt als alt Bundesrat von rund 230’000 Franken. Falls sein Lohn den Bundesratslohn von rund 470'000 Franken übersteigt, wird sein Ruhegehalt aber gekürzt.
Dazu kommt ein Wohnsitz in der noblen Villa Massol im Zentrum Strassburgs. Bei Empfängen servieren hier die Bediensteten das Dinner im Frack. Auch über einen Privatchauffeur wird Berset verfügen. «Ich wusste das vor der Wahl gar nicht und habe es aus der Presse erfahren», erklärte Berset im Blick-Interview nach der Wahl. Der Wohnort in Strassburg sei eine gute Möglichkeit, um seine Arbeit zu erledigen. Er werde darum viel in Strassburg sein. «Mein Glück ist, dass es nicht weit von der Schweiz entfernt ist.»