Auf einen Blick
- Alain Berset beginnt nächste Woche seinen Job als Generalsekretär des Europarats
- Berset will dort auf Demokratieentwicklung und Ukraine-Unterstützung fokussieren
- Über 1800 Personen werden unter Bersets Verantwortung stehen
In einer Woche beginnt alt Bundesrat Alain Berset (52) seinen neuen Job als Generalsekretär des Europarats. «Wir werden uns sehr schnell auf die aktuellen Überlegungen zur Entwicklung der Demokratie in Europa konzentrieren müssen. Die Unterstützung der Ukraine ist ein weiterer wichtiger Punkt meiner zukünftigen Aufgaben», erklärte der Freiburger im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Der Europarat habe aber nicht auf ihn gewartet, um zu funktionieren, räumte Berset ein. «Ich möchte Kontinuität wahren und sicherstellen, dass wir die heutigen Herausforderungen bewältigen können, die sich stark von denen vor 10 oder 15 Jahren unterscheiden.»
Zwischen 46 Ländern vermitteln
Angehen will Berset die neue Aufgabe mit viel Einsatz: «In der Politik kenne ich nur eine Methode: alles geben», sagte er. Die Aufgabe des Generalsekretärs des Europarats sei keine Einfache, aber genau deshalb lohne sie sich.
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«Die Herausforderung wird grösser sein, als ich es gewohnt war, als ich mit 26 Kantonen und vier Sprachen als Bundesrat arbeitete», sagte Berset. «Jetzt werde ich es mit 46 Mitgliedsländern, vielen verschiedenen Sprachen und einer grossen Vielfalt zu tun haben.»
Seine neue Position komme jedoch ohne die direkte Verantwortung, ein Land zu führen. «Als Bundesrat hatten die getroffenen Entscheidungen direkte Auswirkungen auf 8,5 Millionen Menschen. Das war sehr schwer zu tragen», sagte der Freiburger. Trotzdem sei der Handlungsspielraum des Generalsekretärs nicht zu unterschätzen. «Der Handlungsspielraum ist sehr gross, insofern ich Initiativen entwickeln und Ziele mit den Teams und den Mitgliedsstaaten festlegen kann. Zudem werde ich für mehr als 1800 Personen verantwortlich sein.»
«Titanische, aber notwendige Aufgabe»
Sein Amtsantritt falle indes in keine einfache Zeit. «Es gibt Länder, in denen es schwere Menschenrechtsverletzungen, Verstösse gegen demokratische Prinzipien oder den Rechtsstaat gibt. Sie bleiben jedoch Mitglieder des Europarats und sind daher verpflichtet, die Europäische Menschenrechtskonvention einzuhalten», erklärte Berset. «Eine Verbesserung ist natürlich notwendig.»
«Wir befinden uns derzeit in einer Phase, in der die Kräfte eher auseinanderdriften, nachdem sie lange Zeit konvergierten», sagte Berset. «Eine neue Annäherung zu erreichen, wird eine der grossen Herausforderungen der kommenden Jahre sein. Es ist eine titanische, aber notwendige Aufgabe.»
Dass sich das Schweizer Parlament und der Bundesrat zuletzt kritisch über eine Verurteilung der Schweiz durch den EGMR wegen Untätigkeit im Klimaschutz geäussert hatte, kann Berset dennoch verstehen. «Ich verstehe, dass man mit einer gewissen Emotion reagieren kann. Das ist ja das Mindeste. Was mich jedoch freut, ist zu sehen, dass das Thema ernst genommen wird und man sich mit der Entscheidung des EGMR auseinandersetzt. Das ist die politische Realität einer direkten Demokratie. Die Debatte beginnt und wird meiner Meinung nach sehr interessant sein.»
Obwohl Berset als Generalsekretär nicht mehr die Schweiz direkt vertritt, sieht er dennoch Potenziale für gegenseitige Vorteile: «Ein bisschen mehr Schweiz in Europa kann für alle nur von Vorteil sein. Und umgekehrt ein bisschen mehr Europa in der Schweiz auch.»