Es ist eine Klatsche für Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) und ihre Mitstreiterinnen. Wie es sich abzeichnete, hat der Ständerat den 15-Milliarden-Deal für Armee und Ukraine-Wiederaufbau unter Umgehung der Schuldenbremse am Montag mit 28 gegen 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen versenkt. Das Thema ist damit vom Tisch, weil im Nationalrat kein gleichlautender Vorstoss eingereicht worden ist. Der Geldsegen für Amherd bleibt vorerst aus.
Dabei hatte Amherd wirklich alles versucht. Wochenlang weibelte sie hinter den Kulissen für den Deal, bombardierte Kommissionen und Bundesratskollegen flächendeckend mit einem Argumentarium. Am Freitag legte sie sogar mit einem Gastbeitrag («Wir müssen jetzt in unsere Verteidigung investieren») in den Tamedia-Zeitungen nach und nahm sich zuletzt auch noch ihre eigenen Mitte-Ständeräte einzeln zur Brust, um sie auf Kurs zu bringen – vergeblich.
Für ihre Ziele ritzt Amherd auch das Kollegialitätsprinzip
Das notabene entgegen dem Kollegialitätsprinzip. Schliesslich hat sich auch der Bundesrat gegen die Aushebelung der Schuldenbremse entschieden: Weder das Wachstum der Armeeausgaben noch der Bundesbeitrag an den Ukraine-Wiederaufbau würden die gesetzlich verankerten Anforderungen an ausserordentliche Ausgaben erfüllen. Im Regierungskollegium hat Bundespräsidentin Amherd mit ihrem Alleingang jedenfalls keine Pluspunkte gesammelt.
Auch im Ständerat stand die Verteidigungsministerin auf verlorenem Posten – zumal sie dort die ablehnende Haltung des Bundesrats vertreten musste. Dennoch liess sie es sich nicht nehmen, nochmals auf die verschlechterte Sicherheitslage in Europa hinzuweisen. Es sei essenziell, dass die Armee rasch wieder aufgerüstet werden könne. Diese gehe zwar sparsam mit ihrem Geld um, «aber das reicht bei weitem nicht, um die in den letzten Jahren geschaffenen Versäumnisse annähernd zu kompensieren».
Doch selbst ihre eigenen Mitte-Ständeräte waren nicht bereit, deswegen neue Schulden anzuhäufen. So warnte Daniel Fässler (63) vor «finanzpolitischem Übermut». Kollege Benedikt Würth (56) nannte die Schuldenbremse ein «Instrument der Generationengerechtigkeit». Gleichzeitig mahnte er, dass es nicht nur um 10 Milliarden Franken für die Armee gehe: «Das sind wiederkehrende Kosten». Die Mitte-Ständeräte scheren gegenüber der Parteispitze immer wieder aus – und sie haben nun auch gegenüber Amherd die Muskeln spielen lassen.
FDP-Ständerat zeigt Lösungsweg auf
Doch: Auch wenn der Ständerat den 15-Milliarden-Deal versenkt hat, geht der Streit ums Armeebudget nahtlos weiter. Amherd darf dabei auf Schützenhilfe ausgerechnet jener hoffen, die zuvor ihr Vorhaben zunichtegemacht haben. Immerhin vertritt eine klare bürgerliche Mehrheit im Parlament durchaus die Meinung, dass das Militär mehr Mittel braucht.
Und so hat der Ständerat am Montag beschlossen, den Zahlungsrahmen für die Armee in den Jahren 2025 bis 2028 um vier Milliarden Franken auf 29,8 Milliarden Franken anzuheben. Beim Rüstungsprogramm möchte er 660 Millionen Franken mehr ausgeben als der Bundesrat.
Doch woher sollen die vielen Milliarden kommen in Zeiten leerer Staatskassen? Einen Lösungsweg hat FDP-Ständerat Benjamin Mühlemann (45) aufgezeigt und damit in der kleinen Kammer vorerst tatsächlich eine Mehrheit erreicht. Demnach wäre die Hälfte der Mehrkosten bei der Entwicklungshilfe einzusparen, 15 Prozent müsste Amherd selber zusammenkratzen und weiter 35 Prozent müssten die übrigen Departemente beitragen, was noch zu einigen Diskussionen führen dürfte.
Die Budgeterhöhung ist trotz des Ständeratsentscheids noch längst nicht in trockenen Tüchern. Wenn es dann nämlich um konkrete Einsparungen in den verschiedenen Bereichen geht, ist das Parlament immer wieder davor zurückgeschreckt. Trotz der schmerzhaften Milliarden-Deal-Niederlage darf Amherd also weiter hoffen. Sie ist und bleibt eine Stehauf-Bundesrätin.