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1,5 Milliarden für den Bund, um Finanzloch zu stopfen
Grünen-Ryser will Steuer für Flugzeug-Kerosin

Die Grünen um Nationalrätin Franziska Ryser fordern eine Mineralölsteuer auf Flugzeug-Treibstoffe, um das Finanzloch des Bundes zu stopfen. Dies könnte dem Bund bis zu 1,5 Milliarden Franken jährlich einbringen. Doch das ist nicht leicht.
Publiziert: 18.09.2024 um 16:59 Uhr
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Aktualisiert: 18.09.2024 um 17:02 Uhr
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Bislang ist das Kerosin von der Mineralölsteuer befreit – die Grünen um Nationalrätin Franziska Ryser wollen das ändern.
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Auf einen Blick

  • Grüne wollen Mineralölsteuer auf Flugzeug-Treibstoffe einführen
  • FDP und Bundesrat sind skeptisch wegen internationaler Verträge
  • Bis zu 1,5 Milliarden Franken Einnahmen jährlich erwartet
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Tobias BruggmannRedaktor Politik

Der Sparbericht der Expertengruppe von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60) schlägt weiter Wellen. Jetzt machen die Grünen um Nationalrätin Franziska Ryser (32) einen weiteren Vorschlag, wie der Bund sein künftiges Finanzloch stopfen könnte. Sie nehmen dafür den Luftverkehr ins Visier. «Das Kerosin für internationale Flüge ist von der Mineralölsteuer befreit. Dadurch gehen dem Bund bis zu 1,5 Milliarden Franken pro Jahr durch die Lappen», schätzt Ryser. Sie will nun mittels eines Vorstosses erreichen, dass auch auf Flugzeug-Treibstoffe die Mineralölsteuer bezahlt werden muss.

1944 unterzeichnete die Schweiz das Chicagoer Abkommen, um die Luftfahrt zu fördern. Seither hat die Schweiz das Abkommen in bilateralen Verträgen mit verschiedenen Ländern vertieft. «Diese Steuererleichterungen wurden als Nachkriegsmassnahme eingeführt. Heute sind sie völlig aus der Zeit gefallen. Der Flugverkehr funktioniert auch ohne Förderung», sagt Ryser.

Höhere Flugkosten?

Die Expertengruppe um Serge Gaillard (69) hatte den Auftrag, Massnahmen vorzuschlagen, die ab 2030 vier Milliarden Franken einsparen. Kommt Rysers Vorschlag durch, wäre über ein Viertel des Lochs gedeckt. Doch bezahlen dürften das wohl die Passagiere. Zu erwarten ist, dass die Airlines zumindest einen Teil der höheren Treibstoff-Kosten ihren Kunden weiterverrechnen. Dessen ist sich auch Ryser bewusst. «Die Flugtickets sind heute wegen dieser Subvention künstlich tief. Zudem gibt es Alternativen: Viele Ziele, gerade in Europa, können mit dem öffentlichen Verkehr erreicht werden.» So könne man die Folgen abfedern.

Bei FDP-Energiepolitiker Christian Wasserfallen (43) kommt die Idee nicht gut an. «Das ist eine Nebelpetarde, die der Schweiz schadet und gegen internationale Verträge verstösst.» Er befürchtet «Tanktourismus». «Die Swiss müsste in der Schweiz teures Kerosin kaufen und deshalb möglichst im Ausland tanken.» Wasserfallen stellt zudem infrage, ob die Steuer tatsächlich durchgesetzt werden könnte. «Wir wären das einzige Land, das das Chicagoer Abkommen nicht einhalten würde. Wie kann man ausländische Airlines dazu zwingen, diese Schweizer Steuer zu bezahlen?»

Schon andere Länder habens probiert

Doch es gibt noch weitere Hindernisse. Die Schweiz müsste über 150 bilaterale Verträge neu verhandeln. Andere Staaten haben das bereits probiert – und waren erfolglos: So hatte Norwegen schon 1999 eine Steuer eingeführt, nur um sie nach vier Monaten wieder zu streichen. Die Airlines hatten sich geweigert zu bezahlen, schrieb der «Beobachter». Frankreich und Deutschland wollten 2005 eine internationale Kerosinsteuer durchsetzen, scheiterten aber am Widerstand von Japan und den USA. Grossbritannien versuchte 2003 bilaterale Verträge anzupassen – aber ohne Erfolg. Ryser gibt sich unbeeindruckt. «Das ist über 20 Jahre her. Zudem zeigt es, dass auch andere Länder hier Handlungsbedarf sehen.» Sie sei sich aber bewusst, dass das dauern könnte. «Die Schweiz muss jetzt international vorangehen und versuchen, eine gemeinsame Lösung der Staaten zu erreichen.»

Auch der Bundesrat gibt sich in einer früheren Antwort skeptisch. Bei Neuverhandlungen bestünde das Risiko von unterschiedlichen Steuersätzen in den angeflogenen Staaten, «was Umwegverkehr und steueroptimiertes Tankverhalten nach sich ziehen könnte». Der Bundesrat wolle zudem Wettbewerbsnachteile für Schweizer Airlines vermeiden.

Auch die Expertengruppe um Gaillard hat sich die Steuerbefreiung von Kerosin angeschaut – und war sich dabei nicht einig. «Die Steuerbefreiung von Kerosin ist aus Sicht der volkswirtschaftlichen Effizienz und vor dem Hintergrund der klimapolitischen Ziele eigentlich nicht zu rechtfertigen», heisst es im Bericht. Doch die Mehrheit der Expertengruppe glaubt nicht, dass eine nationale Steuer etwas bringt. «Anders wäre es, falls ein internationaler Konsens zustande käme, diese Praxis abzuschaffen.»

Ryser wird dazu einen Vorstoss einreichen. Ob dieser Chancen hat, dürfte sich aber schon in der kommenden Woche zeigen. Der Kanton Zürich hat eine ähnliche Initiative eingereicht. Im Ständerat blieb sie chancenlos.

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