Wegen Sparhammer
Das SRF-Sommerprogramm so lau wie nie

Rund um den längsten Tag startet das SRF traditionellerweise mit seinem Sommerprogramm. Selten war es inhaltlich so lau. SonntagsBlick hat die Flaute auf dem Leutschenbach unter die Lupe genommen.
Publiziert: 19.06.2022 um 13:14 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2022 um 14:34 Uhr
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Karges Leben wie vor 150 Jahren: Tochter Anina, Vater Sepp, Sohn Niklas, Sohn Quirin und Mutter Mirta (v. l.) im Sommer 2004.
Foto: Keystone
Peter Padrutt und Jean-Claude Galli

«Wo sind meine Unterhosen?», fragte Vater Sepp Zuppiger im Sommer 2004, als er im Sahlenweidli mit Zipfelmütze, Wollsocken und Ärmeligilet eingedeckt wurde. Gebannt verfolgte die Nation damals, wie die Zuppigers drei Wochen lang für «Schweiz aktuell» wie anno 1854 lebten. Mit «Stahl-Franz» und seiner Familie ging die Erfolgsgeschichte des «Gotthelf-TV» 2005 mit noch grösserem Publikumserfolg weiter.

Zeitreisen gucken – danach den Grill anzünden oder in den See springen – machte das SRF jahrelang zum Sommerschmaus. Noch mehrere Male bediente man die Zeitmaschine mit History-Formaten wie «Das Internat – Schule wie vor 50 Jahren» (2005), «Die Pfahlbauer von Pfyn» (2007) oder zuletzt «Im Schatten der Burg» (2017) mit Katharina Locher (36) als «Burgfräulein».

in diesem Jahr produziert SRF im Schatten des Sparhammers. 16 Millionen Franken müssen bis Ende Jahr im Kässeli bleiben. «Schweiz aktuell» macht das gleich zum Thema und schickt Reporter Matthias Rusch (49) ab dem 4. Juli ohne Portemonnaie und nur per Autostopp auf einen Trip von Bargen SH bis Chiasso. Der SRF-Mann wird zum «Hungerkünstler», muss in dieser fünfteiligen Reportage sogar auf der Ladebrücke eines Lastwagens übernachten.

Angestaubte Serie am Samstagabend

«Unsere finanziellen Mittel setzen wir sehr sorgfältig ein, und zwar so, dass wir ein möglichst grosses Publikum damit erreichen», gibt die für die Programmplanung verantwortliche Regula Wirz zu bedenken. «Im Juli und August ist das Zuschauerpotenzial vergleichsweise klein, was wir auch berücksichtigen – keinem Sender ist es finanziell möglich, durchgehend das ganze Jahr ein neues Programm anzubieten.» Das SRF-Sommerprogramm bestehe aus einer Mischung aus neuen Produktionen und Bestehendem, aus Einkäufen und Koproduktionen.

Dennoch ist schon fraglich, ob man mit dem schon etwas angestaubten deutschen Serien-Achtteiler «Der Ranger» über die Irrungen und Wirrungen eines jungen Waldaufsehers die Leute am Samstagabend aus den erfrischenden Gartenbeizen in die stickigen Stuben heimlockt. «Der Ranger» läuft ab dem 25. Juni jeweils in Doppelfolgen zur besten Sendezeit bis fast um Mitternacht.

In der Sonntags-Primetime geht man auf Nummer sicher und setzt an vier Abenden auf Publikumsliebling Mona Vetsch (46) mit «Reporter Spezial».

Das Archiv wird geplündert

Augenfällig ist die Häufung von Archiv-basierten Formaten. So erscheinen als Beispiel die zweite Staffel des günstig produzierten «SRF Retro Quiz» mit Sven Epiney (50) oder eine Wiederauflage von Röbi Kollers (64) früherer Sendung «Quer» 20 Jahre, nachdem er deren Moderation abgegeben hat. Koller trifft sich in vier Episoden mit ehemaligen Studiogästen und Angehörigen, die ihm besonders in Erinnerung geblieben sind.

Dazu sagt Wirz: «Das Archiv von SRF ist der audiovisuelle Schatz der Schweiz, diesen machen wir für die Öffentlichkeit über ganz unterschiedliche Kanäle zugänglich. Auf entsprechende Sendungen bekommen wir regelmässig positive Rückmeldungen aus dem Publikum. Das Interesse unseres Publikums ist denn auch der Hauptgrund für Archivsendungen.»

Und gestern gab es dann auch schon ein Déjà-vu mit Kurt Aeschbacher (73), der im «Samschtig-Jass» den Differenzler gab. «Ich bin ja kein guter Jasser», kommentiert der wiederholte Aeschbi seinen Retro-Auftritt. «Meine Teilnahme diente eher der Volksbelustigung.»

«Donnschtig-Jass» als Aufsteller

Ein Live-Lichtblick im Sommerprogramm und echter Publikumsgarant ist der siebenteilige «Donnschtig-Jass», der am 7. Juli erneut startet. Nach zwei Jahren pandemiebedingtem stationärem Sendekonzept im Freilichtmuseum Ballenberg BE (2020) und auf dem Kundelfingerhof in Diessenhofen TG gehen Rainer Maria Salzgeber (52), Sonia Kälin (37) und Stefan Büsser (37) nun wieder auf grosse Schweizer Reise und gastieren in jeder Folge an einem anderen Ort. Und die Gästeliste ist top besetzt: Bundesrätin Viola Amherd (60) und Nati-Coach Murat Yakin (47), es singen Beatrice Egli (33), Pegasus, Oesch's die Dritten oder Andreas Gabalier (37).

Und sonst? Belehrende Stoffe gibt es zuhauf, die leichte Muse ist knapp bemessen. Bei aller Ernsthaftigkeit kann man zumindest gebannt auf die Reihe «Cold Case – Ungeklärte Todesfälle in der Schweiz mit politischem Hintergrund» warten. Darin werden Verbrechen und Attentate aufgearbeitet, die bis heute zu reden geben.

Mit dem «Retro Quiz» hat das SRF einen Sommer-Überraschungserfolg gelandet

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