Trotz Corona im üblichen Sommer-Trott
SRF macht Info-Ferien

Gerade in Zeiten von Corona ist das Bedürfnis nach informativen Struktursendungen auf öffentlich-rechtlichen Sendern gross. Doch den Sommer über ist das Programm von SRF ausgedünnt und Konservenkost angesagt. Das ruft Kritiker auf den Plan, nicht nur in der Schweiz.
Publiziert: 05.08.2020 um 23:03 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2020 um 12:01 Uhr
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Die freitägliche «Arena» mit Moderator Sandro Brotz ist ausgesetzt.
Foto: SRF/Oscar Alessio
Peter Padrutt und Jean-Claude Galli

SRF macht seinen halben Laden dicht: Die meisten Redaktionen sind geschlossen, die Stars weilen in den Ferien. Während sich die Meldungen zum Coronavirus täglich überschlagen, pausiert SRF fast all seine wöchentlichen Struktursendungen. Nur Barbara Lüthi (46) hält die Stellung mit dem «Club». Und natürlich laufen die täglichen Formate «Schweiz aktuell», «Tagesschau» und «10 vor 10».

Der Zürcher Medienwissenschaftler Heinz Bonfadelli (71) konstatiert trotzdem: «SRF macht auf seinem Medienportal Werbung mit seinen ‹Highlights im Sommerprogramm›, wobei Unterhaltungsangebote dominieren. Gerade in Zeiten der grossen Aktualität von Corona gäbe es viele aktuelle Themen für seine Struktursendungen, die weitgehend ausfallen.» Insbesondere bei Fragen zur Gesundheit, zur Wirtschaft (Arbeitsplatzsicherheit und -abbau) oder Politik (BAG) sei das Informationsbedürfnis weiterhin sehr gross.

Alte Hüte statt wertvolle Informationen

Der Blick aufs aktuelle TV-Programm zeigt jedoch: Am Montag bringt SRF derzeit anstelle von «Puls» und «Eco» Dokfilme. Dabei böten beide Sendungen Gelegenheit, gesundheitliche und wirtschaftliche Aspekte zu Covid-19 aufzugreifen. Am Dienstag gibt es alte Folgen der deutschen Krimiserie «Kommissar Dupin» zu sehen. Dann folgt das überflüssige «Donnschtig-Jass»-Warm-up, in dem die zwei Tage später antretenden Jass-Familien vorgestellt werden – «Einstein» fällt durch die Live-Sendung vom Freilichtmuseum Ballenberg BE weg. Die Primetime am Mittwoch retten die Rega-Helfer in einer Wiederholung von 2017. Am Donnerstag pausiert das Talkformat «Gredig direkt». Und am Freitag entfällt auch diese Woche wieder die «Arena» – als Ersatz zeigt SRF die Dokumentation «Gateways to New York» über den Schweizer Hängebrücken-Pionier Othmar H. Ammann (1879–1965). Immerhin ist dieser sehenswert.

SRF begründet die Ausdünnungen

SRF behauptet, mit dem Streichkonzert auf verschiedene Gegebenheiten im Sommer Rücksicht zu nehmen. «So ruht der politische Alltag in Bern, deshalb verzichten wir zum Beispiel auf die Ausstrahlung von Politsendungen wie ‹Rundschau› oder ‹Arena›», so ein SRF-Sprecher. Ausserdem sei der TV-Konsum in den Sommermonaten traditionell tiefer, da viele Menschen in den Ferien seien oder an den hellen Sommerabenden den Fernseher später einschalten. «Das ist nicht nur in der Schweiz so, sondern weltweit.»

Debatte auch in Deutschland

Auch bei unseren nördlichen Nachbarn wird das aktuelle Sommerprogramm kritisch debattiert. Dies, weil ARD und ZDF inflationär Krimis wiederholen. Elisabeth Motschmann (67), kultur- und medienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, fordert von den Öffentlich-Rechtlichen, dass freie Sendeplätze nicht mit noch mehr Krimis oder Wiederholungen belegt werden.

Die Frage drängt sich auf: Ist ein TV-Sommerprogramm in einer sich immer schneller drehenden Welt überhaupt noch zeitgemäss? Für einen grossen Teil der SRF-Mitarbeiter gibts jedenfalls lange Ferien. «Selbstverständlich beziehen SRF-Mitarbeitende auch Sommerferien oder bauen Überzeiten ab, die Sendungen nach dem Sommerprogramm wollen aber auch vorbereitet sein», erläutert der Sprecher.


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